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Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Titel: Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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meine Gedanken erahnt, flüsterte mir Kyoko ins Ohr: »In etwa einer Viertelstunde gibt es eine Pause.«
    »Cognac aus dem Gestüt Meyerink, geritten von Martina Werthoff«, kündigte der Ansager das nächste Duo an.
    Eine nicht mehr ganz junge Reiterin lenkte einen bläulich schimmernden Rappen auf den Platz. Neben mir begann sein Besitzer, nervös die Finger zu kneten. Ab und zu zuckten seine Beine, wobei er anscheinend Dinge bemerkte, die mir auf ewig verborgen bleiben würden. Für mich sah die Darbietung exakt wie die vorherige aus.
    Trotzdem lag die Punktzahl am Ende höher und über Meyerinks Gesicht huschte ein stolzes Lächeln.
    »Sind Sie zufrieden?«, fragte ich.
    »Wir liegen gut«, war seine ganze Antwort.
    Und nach drei weiteren Pferden, die ebenfalls Cognacs Punktzahl nicht erreichten, war es endlich vorbei.
    Alfons Meyerink stand auf. »Gehen wir ins Zelt. Ich könnte ein Wasser vertragen.«
    Bei jedem anderen sportlichen Event hätte das Zelt VIP-Zelt geheißen, doch der Westfälische Reiterverein von 1835, der das Turnier der Sieger veranstaltete, hielt nichts von neumodischen Anglizismen. Ehrengastzelt stand auf dem Schild vor dem Eingang und kaum hatten wir das Innere betreten, wurden wir sofort von dienstbaren Geistern umschwirrt. Das warme Buffet, das an einer Seite aufgebaut war, sah verlockend aus, doch da der Firmenpatriarch nur ein stilles Wasser bestellte, nachdem wir uns auf die bei solchen Anlässen obligatorischen weißen Plastiksessel gesetzt hatten, wollte ich nicht aus der Rolle fallen.
    Meyerink zog ein silbernes Zigarettenetui aus der Tasche. »Sie wollen also ein Porträt über mich schreiben?«
    »Genauer gesagt, interessiert mich besonders, wie Sie den Absprung aus der aktiven Arbeit planen und Ihre Nachfolge regeln. Welche weiteren Ziele Sie haben. Ihre Lebensdaten und die Erfolgsstory Ihres Unternehmens kenne ich selbstverständlich.«
    »Aus dem Tagesgeschäft habe ich mich längst zurückgezogen.« Er hielt mir das Zigarettenetui hin.
    »Nein, danke«, lehnte ich ab. »Aber Sie haben weiterhin ein Büro in Ihrem Unternehmen und verfolgen aufmerksam die wirtschaftliche Entwicklung, nehme ich an. Und Sie treten als Sponsor und Förderer von Sport und Kultur auf.«
    »Ja. Ich beabsichtige, einen großen Teil meines Privatvermögens der Meyerink-Stiftung zu übertragen.« Er zündete sich eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug.
    »Ist Ihre Tochter damit einverstanden? Und was ist mit Ihrem Schwiegersohn? Er leitet das Unternehmen doch zurzeit mit großem Geschick.«
    »Meine Tochter ist gut versorgt. Und was meinen Schwiegersohn angeht ...« Er schaute mich durch die Rauchschwaden an. »Wann wird Ihr Artikel erscheinen?«
    »In etwa zwei Wochen.«
    »Dann wird er vermutlich nicht mehr Leitender Geschäftsführer sein.«
    »Wieso nicht?«, fragte ich überrascht.
    »Es gibt Differenzen. Über die Unternehmenspolitik.«
    Die Marketingleiterin räusperte sich. »Sollten wir nicht ...«
    »Lassen Sie nur, Kyoko«, würgte Meyerink sie ab. »Was wir hier besprechen, bleibt vertraulich, nicht wahr, Herr Wilsberg? Falls Sie vor der offiziellen Bekanntgabe etwas über den Abgang meines Schwiegersohnes verbreiten, dürfen Sie sich weder auf mich berufen noch mich zitieren. Darauf kann ich mich doch verlassen?«
    »Selbstverständlich«, sagte ich. Und begriff, warum er mich überhaupt empfangen hatte. Er wollte, dass ich die Nachricht vom bevorstehenden Rauswurf Jochen Averbecks gerüchteweise durchsickern ließ. »Gibt es denn schon einen Nachfolger?«
    »Nein.« Er schaute kurz zu Kyoko. »Aber in meinem Unternehmen sind genug fähige Leute beschäftigt.«
    »Verstehe. Haben Sie noch Kontakt zu Volker Wegener?«
    »Was?« Er blinzelte. »Wer soll das sein?«
    »Er hat viele Jahre für Sie gearbeitet. Zuletzt als Abteilungsleiter in Buenos Aires.«
    »Ach so, der Volker Wegener. Er ist vor fünf Jahren ausgeschieden. Warum fragen Sie?«
    »In Wegeners Wohnung in Münster wurde gestern die Leiche einer Frau gefunden.«
    Der alte Mann war verblüfft. »Na und? Wollen Sie mir unterstellen, dass ich etwas damit zu tun habe?«
    »Wegener ist ein Jugendfreund Ihres Schwiegersohns. Ich dachte, dass die Differenzen, die Sie erwähnten, mit Wegener zusammenhängen könnten.«
    »Das ist doch Unsinn«, stieß er wütend hervor. »Es stimmt, dass Jochen diesen Wegener aus sentimentaler Verbundenheit protegiert hat. Ich selbst habe den Mann nie für besonders talentiert gehalten. Aber ob die

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