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Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Titel: Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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Dracu verschwindet hinter dem Kreuz. Und bevor ich merke, was da gerade passiert, werden die Ketten angezogen. So schnell und unerwartet, dass ich jäh nach hinten gerissen werde, zurückstolpere und plötzlich wie ein aufgespießter Maikäfer festhänge. Die Arme rechts und links an den überkreuzten Balken gefesselt, kann ich gerade noch auf den Zehenspitzen stehen.
    Mir bricht der Schweiß aus. Verdammt, das ist nicht komisch und war so nicht ausgemacht.
    »Dracu, was soll das?«
    »Jetzt lass mir halt meinen Spaß. Wie willst du SM begreifen, wenn du dich nicht ein kleines bisschen darauf einlässt.«
    »Ich will das nicht«, schimpfe ich, während Dracu mir ein Seil um die Taille schlingt und es professionell verknotet.
    Panik überrollt mich. Ich habe Angst. Und Dracu weiß das. Wahrscheinlich kann er es sogar riechen. Angst ist sein Metier, sein Aphrodisiakum, sein Lebenselixier. Umso mehr ich mich bemühe, einen coolen Eindruck zu machen, meine Stimme nicht völlig hysterisch klingen zu lassen, desto klarer wird mir die Sinnlosigkeit dieses Versuchs.
    »Apfelbäckchen«, rufe ich laut. »Gnade, Bruttosozialprodukt.«
    »Falsch«, antwortet Dracu. »Probier ruhig noch ein paar andere Wörter aus, bevor du den Knebel kriegst.«
    KNEBEL!!!! »Dracu, hör sofort auf!«
    Er legt mir von hinten eine Augenbinde um. »Wir machen jetzt eine kleine Session. Eine für Anfängerinnen. Nichts Schlimmes«, flüstert er mir ins Ohr. »Sonst kapierst du nie, worum es eigentlich geht. Und ich verspreche dir, es wird dir gefallen.«
    Das kann ich mir nicht vorstellen. Mein Herz pumpt wie verrückt und ich verfluche meine unglaubliche Blödheit. Wie hatte ich nur auf so einen primitiven Trick reinfallen können!
    Dracu bewegt sich von mir weg, dann raschelt Stoff. Was macht er?
    »Dracu«, rufe ich, »keine Peitsche, bitte, und keine Rasierklingen, kein heißes Wachs, keine Klammern und nichts Ekliges ...«
    »Da bleibt ja nicht mehr viel übrig«, antwortet er trocken. Noch immer raschelt Stoff und ich versuche mir vorzustellen, was zum Teufel er da treibt. Seine Schritte kommen auf mich zu und mein Körper spannt sich wie eine Spiralfeder. Mit zusammengebissenen Zähnen warte ich. Auf das Schlimmste gefasst. Aber es passiert nichts. Zumindest nichts, was ich erwartet hätte. Dafür fliegt plötzlich die Tür auf und schlägt krachend gegen die Wand.
    Jemand brüllt: »WIRF SOFORT DAS MESSER WEG!«
    Dieser Jemand ist nicht schwer zu identifizieren. Es ist Wilsberg.
    Noch nie war ich so glücklich, seine Stimme zu hören. Auch wenn mir die Peinlichkeit meiner Situation durchaus bewusst ist. Ich höre weitere Stimmen, die ich nicht kenne, Geräusche, die ich nicht zuordnen kann, und fühle mich so hilflos wie noch nie in meinem Leben.
    »Kann mir endlich mal jemand helfen und mich hier losmachen«, schreie ich völlig entnervt. Und tatsächlich: Für den Bruchteil einer Sekunde herrscht Stille, so als habe man erst jetzt meine Anwesenheit bemerkt, als sei ich vorher unsichtbar gewesen. Mir wird die Augenbinde abgenommen. Und ich brauche ein paar Sekunden, bis ich begreife, was ich sehe.
    Es ist schlimmer, als ich erwartet habe. Das Zimmer ist voller Leute. Da sind die Heuskens, die junge Asiatin, die von Dracu an der Oberlippe verletzt worden ist, Wilsberg, der die Fesseln an meinen Händen löst, Götz, der muskelbepackte Türsteher, und viele andere, die ich nicht kenne und denen die Neugier deutlich ins Gesicht geschrieben steht. Dracu hockt zusammengekrümmt am Boden, hält sich mit beiden Händen den Kopf und stöhnt. Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, was passiert ist. Offensichtlich hat Wilsberg ihn niedergeschlagen. Aber woher wusste er, dass wir hier sind? Und was gerade vor sich ging? Während ich darüber nachdenke, hilft Götz Dracu auf die Beine. Immer noch stöhnend, hält Dracu sich den Kopf und sieht sich suchend um. In seinen Augen funkelt die kalte Wut.
    Kaum hat er Wilsberg entdeckt, schreit er: »Du Vollidiot!«, und macht mit erhobenen Fäusten einen Schritt auf ihn zu.
    Der Clubbesitzer geht dazwischen und fällt Dracu in den Arm. Was den nicht daran hindert, weiterhin Wilsberg anzubrüllen: »Hast du sie noch alle? Du durchgeknallter Idiot. Was soll diese Scheiße ...«
    Mit einem herrischen: »Reg dich ab und halt mal einen Moment den Mund!«, unterbricht Heusken Dracus Schimpftirade. Dann wendet er sich an die umstehenden Leute. »Die Vorstellung ist zu Ende. Ihr könnt jetzt wieder

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