Blutmord (Ein Paula Franz und Max Dörner Krimi)
dir nicht so viele Gedanken. Es war toll. Das ist das Einzige, was zählt. Alles andere ergibt sich. Und nun mach schon, dass du los kommst.“ Mit diesen Worten schob sie Paula aus dem Bett.
Eine Stunde später saßen Max und Paula im Auto und fuhren noch einmal zur Familie Dreyer. Max hatte zwischenzeitlich von Herrn Dreyer erfahren, dass Kates Bruder Ben mittlerweile wieder zu Hause war. Max hatte schnell Paulas und seinen Besuch angekündigt und direkt beim Betreten des Büros hatte Max Paula abgefangen und mit sich gezogen.
Während der ganzen Fahrt war Max sehr schweigsam. Er erklärte Paula kurz, dass Ben wieder bei seinen Eltern war und sie dann das Gespräch mit den Eltern und dem Bruder gut verbinden konnten. Danach schwieg er beharrlich. Paula fragte sich, was los war. Ja, sie war zu spät und es war eigentlich gar nicht ihre Art, aber normalerweise machte Max darüber eine lustige Bemerkung und dann war die Sache erledigt. Ihre Gedanken schweiften ab. Sie hatte zu viele andere Dinge im Kopf. Sie schloss die Augen und dachte an die vergangene Nacht. An Johanna. Was hatte sie getan? Sie hatte keine Ahnung, wie sich die ganze Situation weiterentwickeln würde. Und dann auch noch eine Arbeitskollegin. Und Anne. Sie versuchte den Gedanken zu verdrängen, wenigstens noch ein paar Stunden. Sie schaute aus dem Fenster und dann hinüber zu Max, der aber stumm geradeaus auf die Straße starrte. Paula wusste, dass sie nicht länger warten durfte, sie musste die SMS von Anne lesen. Sie nahm ihr Handy aus der Tasche. Es gab keinen Ausweg mehr. Sie konnte die SMS von Anne nicht mehr ignorieren. Sie öffnete die Nachricht und las „Du fehlst mir auch.“
Paula und Max saßen mit Kates Eltern und Bruder im Wohnzimmer. Frau Dreyer war, wie schon bei den beiden bisherigen Besuchen, sehr schweigsam und wirkte abwesend. Sie starrte auf den Boden und war seltsam teilnahmslos. Dieses Mal weinte sie nicht, doch Max sah ihr sofort an, dass sie erneut unter starken Beruhigungsmitteln stand. Frau Dreyer hatte sich etwas abseits auf einen einzelnen Stuhl gesetzt und wirkte somit schon räumlich distanziert und unbeteiligt. Herr Dreyer saß mit seinem Sohn auf der Couch, Paula und Max gegenüber.
„Ich möchte mich zunächst noch einmal bedanken, dass wir erneut mit Ihnen sprechen dürfen, insbesondere auch mit Ben“, eröffnete Max das Gespräch und schaute Ben dabei freundlich an. Der Junge starrte Max an, ohne zu reagieren. Er wirkte aggressiv oder verärgert. Vielleicht war dies auch seine Art mit Trauer oder Stress umzugehen. Bisher hatte er kein einziges Wort gesagt. Der Junge war elf Jahre alt und, so nahm Max an, durchaus in der Lage ein normales Gespräch zu führen. Er musterte Ben. So, wie er Kate auf den Fotografien gesehen hatte, sah er seiner Schwester sehr ähnlich. Er war bestimmt sehr beliebt in seiner Klasse, er wirkte selbstbewusst, sah gut aus und trug die richtigen Markenklamotten.
„Nun, Herr Dreyer, Ihre Frau hat Ihnen sicherlich schon mitgeteilt, dass Kate schwanger war“, Max zögerte und suchte nach einer Reaktion in Herrn Dreyers Gesicht. Dieser schaute nach unten auf den Boden und nickte langsam. Auch Ben wirkte nicht überrascht, wie Max feststellte. Er fragte sich, wie lange der Junge wohl schon von Kates Geheimnis wusste. „Für uns ist es sehr wichtig, herauszubekommen, wer der Vater des Kindes sein könnte, haben Sie eine Idee?“, fuhr Max fort.
Der Vater schüttelte nur stumm seinen Kopf.
„Und du, Ben? Hat deine Schwester dir vielleicht etwas von einem Freund erzählt, vielleicht von einem Jungen, von dem deine Eltern nichts wissen sollten?“, ergriff Paula nun das Wort und schaute Ben aufmerksam an. Der Junge hielt ihrem Blick stand, schüttelte aber ebenfalls nur den Kopf, ohne ein Wort zu sagen.
Max sah Paula kurz von der Seite aus an. „Vielleicht können wir es so machen, Herr Dreyer. Ich unterhalte mich noch kurz mit Ihnen und Ihrer Frau hier unten, und meine Kollegin schaut sich noch einmal final in Kates Zimmer um. Vielleicht kann Ben ihr helfen, sich dort zu orientieren. Er weiß bestimmt am besten, wo Kate ihre persönlichen Dinge aufbewahrt hat.“ Max zog seine Augenbrauen etwas hoch, während Paula sich langsam erhob. Herr Dreyer sah seine Frau an, die jedoch nicht reagierte, während Bens Gesichtsausdruck ziemlich deutlich verriet, dass er das für keine gute Idee hielt.
„Würdest du mir helfen?“, wandte sich Paula daher direkt an Ben. „Das wäre wirklich
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