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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Gepäckabteil einen Aluminiumkanister mit
Desinfektionsmittel. Mit einem tiefen Atemzug zog er sich eine
Filtermaske aus Gummi über den Kopf und las die Instruktionen an
der Seite des Kanisters. Der schwarze, zulaufende Stutzen war mit
einem flexiblen Plastikschlauch und einer Messingarmatur versehen.
Diese paßte genau auf das Ventil im Kanister und ließ
sich festziehen. Den Schlauch in einer Hand und den Kanister in der
anderen, kehrte er ins Cockpit zurück und besprühte
Instrumente, Sitz, Boden und Decke, bis alles von der milchig
grünen, giftigen Flüssigkeit troff. Dann ging er wieder in
die Passagierkabine und besprühte alles, was er angefaßt
hatte, und noch mehr. Als der Kanister leer war, schraubte er das
Druckventil auf und legte den Kanister auf einen der
ledergepolsterten Sitze. Auf einen Hebeldruck öffnete sich
zischend die Luke und fuhr die Ausstiegstreppe aus.
    Er befühlte die Hosentasche, um sich zu vergewissern,
daß er die Leuchtpistole bei sich hatte, fühlte nach den
sechs zusätzlichen Leuchtpatronen und stieg die Treppe hinunter
auf den Beton der Piste. Ungefähr zehn Meter vor der hellrot
lackierten Nase der Maschine stellte er den Aktenkoffer ab.
    Schritt für Schritt machte er sodann die Maschine
unbrauchbar. Zuerst öffnete und entleerte er die hydraulischen
Systeme, dann schnitt er die Reifen auf und ließ die Luft
heraus. Mit einer Axt schlug er das Fenster auf der Steuerbordseite
ein, dann die drei Fenster der Passagierkabine backbords. Um sie zu
erreichen, mußte er auf die Tragfläche klettern.
    Dann ging er wieder an Bord und ins Cockpit, beugte sich über
den vom Desinfektionsmittel durchnäßten Pilotensitz und
zog die Schutzkappe vom Treibstoff-Notabwurfschalter. Mit einem
scharfen Knacken gab der Schalter unter seinem Finger nach, und die
Ventile öffneten sich. Eilig verließ er die Maschine, nahm
den Aktenkoffer auf und rannte zu der Stelle, wo der graue und
orangefarbene Schutzanzug auf dem Beton lag.
    Die Techniker hatten keinen Versuch gemacht, sich einzumischen.
Bernard zog die Leuchtpistole und ihre Patronen aus der Tasche, legte
seine Kleider ab und zog den Schutzanzug über. Er knüllte
die Kleidung zusammen, trug sie zu der sich ausbreitenden
Kerosinpfütze unter der Maschine und warf sie hinein. Er kehrte
zurück und öffnete den Aktenkoffer, nahm seinen Paß
heraus und steckte ihn in einen Plastikbeutel. Dann hob er die
Leuchtpistole.
    Er zielte sorgfältig, hoffte, daß die Flugbahn nicht
allzu stark gekrümmt sein würde, und feuerte eine
Leuchtkugel auf den Gegenstand seiner Freude und seines Stolzes.
    Das Kerosin geriet in Brand, und innerhalb von Sekunden war die
Maschine in ein Inferno orangegelber Flammen und brodelnden schwarzen
Qualms gehüllt. Bernard nahm seinen Aktenkoffer und ging auf den
Lastwagen zu.
    Ein Zollbeamter befand sich wahrscheinlich nicht unter den
Anwesenden, aber um sich keiner Verletzung geltenden Rechts schuldig
zu machen, hielt er den in Plastik gehüllten Paß in die
Höhe und zeigte darauf. Ein Mann in einem ähnlichen
Schutzanzug nahm ihn aus seiner Hand.
    »Nichts zu verzollen«, sagte Bernard. Der Mann hob zum
Zeichen, daß er verstanden hatte, die Hand an den Helm und trat
zurück. »Sprühen Sie mich bitte ein!«
    Er drehte sich im Schauer des Desinfektionsmittels, hob die Arme
und abwechselnd die Beine. Als er die Stufen in den Isoliertank des
Lastwagens erstieg, hörte er das leise Summen der
Luftzirkulation und sah den violetten Schein ultravioletter Lampen.
Die Tür schloß sich hinter ihm, hielt inne und sank dann
mit einem leisen Seufzer in ihre luftdichte Versiegelung.
    Während der Lastwagen auf einer schmalen Straße durch
Wiesenland fuhr, spähte Bernard durch das dicke Glas eines
seitlichen Fensters zurück zur Landepiste. Der Rumpf der
Düsenmaschine war zu einem geschwärzten, verbogenen Skelett
zusammengesunken. Noch immer loderten Flammen hoch in den
Sommermorgen. Der Brand schien alles zu verzehren.

 
19
     
    Heinz Paulsen-Fuchs beobachtete die auf dem Bildschirm seines
Speichergerätes verzeichneten Anrufe. Es ging schon los.
Nachfragen mehrerer Behörden lagen vor, darunter vom
Bundesumweltamt, dem Bundesgesundheitsministerium und dem Hessischen
Umweltministerium.
    Alle Flüge nach und von den Vereinigten Staaten waren
storniert. Er mußte damit rechnen, daß innerhalb der
nächsten Stunden Beamte der zuständigen Behörden bei
ihm erscheinen würden. Ehe sie eintrafen, mußte er
Bernards Erklärung

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