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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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hören.
    Nicht zum erstenmal in seinem Leben bedauerte er, einem Freund
Hilfe geleistet zu haben. Es war nicht der geringste seiner Fehler.
Einer der wichtigsten Industriellen im Nachkriegsdeutschland, und
immer noch ein weichherziger Gefühlsmensch, der nicht nein sagen
konnte.
    Er zog einen transparenten Regenmantel über seinen
gutsitzenden grauen Wollanzug und drückte eine Baskenmütze
auf sein lockiges weißes Haar. Dann wartete er beim Eingang auf
den regenbeperlten Citroen.
    »Morgen, Uwe«, begrüßte er den Chauffeur, der
ihm den Schlag öffnete. »Für Richard, wie
versprochen.« Er beugte sich über den Sitz und gab Uwe drei
Taschenbücher. Richard war der zwölfjährige Sohn des
Chauffeurs und wie Paulsen-Fuchs ein Liebhaber von Kriminalromanen.
»Fahren Sie noch schneller als sonst!«
     
    »Sie werden mir vergeben, daß ich Sie nicht am Flugfeld
abgeholt habe«, sagte Paulsen-Fuchs. »Ich war hier und
bereitete mich auf Ihre Ankunft vor, und dann wurde ich abgerufen. Es
liegen bereits Nachfragen von Regierungsbehörden vor.
Offensichtlich ist eine sehr ernste Entwicklung eingetreten. Sie sind
darüber im Bilde?«
    Bernard trat an die dicke Panzerglasscheibe des Fensters, das
seinen isolierten Laboratoriumsbereich vom benachbarten Besuchszimmer
trennte. Er hob die Hand, die von weißlichen Schwielen
überzogen war und sagte: »Ich bin infiziert.«
    Paulsen-Fuchs betrachtete Bernards Hand mit zusammengekniffenen
Augen, dann sagte er: »Sie sind allem Anschein nach nicht der
einzige, Michael. Was geschieht in Amerika?«
    »Ich habe seit meinem Abflug nichts gehört.«
    »Ihre Behörde für Seuchenkontrolle in Atlanta hat
Seuchenalarm gegeben und verbreitet Verhaltensmaßnahmen
für den Katastrophenfall. Alle nationalen und internationalen
Flüge sind storniert. Gerüchte besagen, daß einige
Städte von der Kommunikation mit der Außenwelt
abgeschnitten seien. Es scheint ein rasch um sich greifendes Chaos zu
herrschen. Nun, Sie kommen zu uns, verbrennen Ihre Maschine auf
unserer Landepiste und vergewissern sich sehr gründlich,
daß Sie das einzige von Ihrem Land sind, das in unserem
überlebt – alles andere ist sterilisiert. Was für
einen Reim sollen wir uns auf dies alles machen, Michael?«
    »Heinz, es gibt mehrere Maßnahmen, die alle Länder
augenblicklich ergreifen müssen. Sie müssen alle Reisenden,
die in letzter Zeit aus den Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko
eingereist sind, unter Quarantäne stellen. Ich habe keine
Ahnung, wie weit die Ansteckung sich ausbreiten wird, aber sie
scheint sehr schnell voranzukommen.«
    »Ja, unsere Regierung ist dabei, diese Maßnahmen zu
ergreifen. Aber Sie kennen die Bürokratie…«
    »Umgehen Sie die Bürokratie. Brechen Sie alle
physikalischen Kontakte mit Nordamerika ab!«
    »Ich kann das nicht einfach bewirken, indem ich Behauptungen
aufstelle.«
    »Heinz«, sagte Bernard, und wieder hob er die Hand vor
die Scheibe, »ich habe vielleicht noch eine Woche, weniger, wenn
das, was Sie sagen, zutrifft. Erklären Sie Ihrer Regierung, das
dies mehr ist als bloß eine Panne in einem Labor. Ich habe alle
wichtigen Aufzeichnungen in meinem Aktenkoffer. Sobald ich ein paar
Stunden geschlafen habe, muß ich mit Ihren führenden
Biologen sprechen. Bevor sie mit mir sprechen, möchte ich,
daß Sie die Unterlagen sehen, die ich mitgebracht habe. Ich
werde die Disketten hier in den Datenanschluß stecken. Viel
mehr kann ich jetzt nicht sagen; wenn ich nicht bald schlafen kann,
falle ich um.«
    »In Ordnung, Michael.« Paulsen-Fuchs schaute ihn traurig
an, das Gesicht von tiefen Sorgenfalten gefurcht. »Ist es etwas,
womit wir als Möglichkeit rechnen konnten?«
    Bernard überlegte einen Augenblick lang. »Nein, das
glaube ich nicht.«
    »Um so schlimmer«, sagte Paulsen-Fuchs. »Ich werde
die notwendigen Vorbereitungen treffen. Geben Sie Ihr Datenmaterial
durch! Und schlafen Sie!« Paulsen-Fuchs ging, und das Licht im
Besucherraum wurde ausgeschaltet.
    Bernard schritt die drei mal drei Meter seines neuen Heimes ab.
Das Labor war Anfang der achtziger Jahre für genetische
Experimente eingerichtet worden, die damals als potentiell
gefährlich angesehen wurden. Die gesamte innere Kammer war
aufgehängt in einem Hochdrucktank; Brüche, Leckagen und
Risse in der inneren Kammer führten dazu, daß Luft
eindrang, nicht entwich. Der Drucktank konnte mit mehreren
Desinfektionsmitteln besprüht werden und steckte in einer
weiteren Stahlumhüllung, in der ein annäherndes

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