Blutnacht
Bewegung hinter ihren Lidern. Träume. Nach der Anspannung ihres Körpers zu urteilen, vielleicht keine angenehmen.
Ich schloss die Augen. Sie hörte auf zu schnarchen. Fing wieder an. Als sie die Augen öffnete und mich sah, wirkte sie einen Moment lang verwirrt.
Ich lächelte.
Sie sagte: »Oh«, richtete sich auf und starrte mich an wie einen Fremden. Dann: »Guten Morgen, Baby.« Sie rieb sich die Augen. »Hab ich geschnarcht?«
»Kein bisschen.«
Sie hatte am Vormittag einige Patienten und verließ das Haus um acht. Ich räumte auf, dachte an Robin in San Francisco, an Baby Boy Lees verschwundene Gitarren und was das möglicherweise zu bedeuten hatte.
Drei Häuserblocks weiter im Süden waren die Banden aktiv …
Aber Baby Boys Gibson war das einzige akustische Instrument gewesen, das man mitgenommen hatte.
Das Telefon klingelte. Milo sagte: »Die Ligaturmale an Julie und Levitch passen perfekt zu einer tiefen E-Gitarrensaite von geringer Stärke. Was soll das jetzt bedeuten?«
»Das bedeutet, nichts an diesen Morden bleibt dem Zufall überlassen«, antwortete ich. »Und das beunruhigt mich. Schon mit den anderen Detectives von Pacific über den Einbruch bei Robin gesprochen?«
»Nach ihrer Ansicht ist es ein Routine-Einbruchdieb- stahl.«
»Sind sie gut?«
»Durchschnitt«, sagte er. »Aber es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass sie Unrecht haben. In Robins Viertel kommt so was häufig vor.«
Ich dachte daran, wie Robin mit mir zusammen oben im Glen gewohnt hatte. Teureres Viertel. Sicherer. Außer wenn es das nicht war. Vor ein paar Jahren hatte ein mörderischer Psychopath das Haus niedergebrannt.
Unser Haus …
Milo sagte: »Ich habe sie gebeten, in den nächsten Wochen einen Streifenwagen vorbeizuschicken.«
»Die normalen zwei Fahrten pro Tag?«
»Ja, ich weiß, aber es ist besser als nichts. Ich habe ihnen außerdem Kevin Drummonds Fahrzeug und Nummernschilder genannt und gesagt, danach sollten sie speziell Ausschau halten. Währenddessen ist Robin in San Francisco, also mach dir keine Sorgen. Stahl und die Hausverwalterin sind gestern Abend in Drummonds Apartment gewesen. Er sammelt Spielzeug und Zeitschriften, hat einen Haufen Computer und Druckerausrüstung. Keine Gitarren, keine Saiten, keine widerwärtigen Trophäen. Und kein einziges Heft von GrooveRat. Das finde ich interessant.«
»Er verwischt seine Spuren«, sagte ich. »Oder er hat irgendwo noch ein Lager.«
»Stahl ruft bei Firmen an, die Lagerräume vermieten.«
»Ich frage mich, ob es Stahls zweiter Besuch in Drummonds Apartment war.«
»Was meinst du damit?«
»Normalerweise hat er die Haltung einer Statue. Als du gestern davon sprachst, in das Apartment zu gehen, wurden seine Augen unruhig, und er schaute zu Boden.«
»Tatsächlich … er ist ein merkwürdiger Bursche, so viel steht fest … Unter den Zeitschriften waren auch schwule Pornomagazine. Hartes Zeug. Stahl sagte, Kevin habe spartanisch gelebt, nur ein paar Kleidungsstücke, keine persönlichen Gegenstände von Bedeutung. Das könnte daran liegen, dass er endgültig das Weite gesucht hat, oder es gibt noch ein anderes Versteck.«
»Es könnte auch für eine Verschlechterung seines psychologischen Zustands sprechen«, erklärte ich. »Rückzug nach innen. Er spuckt auf die Werte seiner Eltern.«
»Petra hat beschlossen, es noch einmal mit den Eltern zu versuchen – besonders mit dem Vater. Ich fahre rüber zu Ev Kippers Bürogebäude und schau mal, ob ich mehr über seine Freundin rauskriegen kann. Weil einer seiner Nachbarn mich angerufen hat. Er behauptet, der alte Ev würde einen besonders wütenden Eindruck machen. Hämmert spät am Abend, was das Zeug hält. Sie haben Angst, die Cops zu rufen. Außerdem sah die Freundin in den letzten Tagen ziemlich niedergeschlagen aus, und sie hat allein gegessen. Ich kann zwar keine nahe liegende Verbindung zu unseren Fällen erkennen, aber ich habe keine Spur in einer anderen Richtung. Je mehr ich über Erna Murphy nachdenke, desto mehr will ich über sie wissen, aber Petra hat bislang nur ein paar Geschäftsinhaber gefunden, die sich vage an Erna erinnern. Keine Kumpels oder Freunde, sie war immer allein unterwegs.«
»Was ist mit der Ärztin, die von den Leuten im Dove House gerufen wurde? Könnte Erna nicht mit ihr geredet haben?«
»Die Leute vom Dove House haben gesagt, die Ärztin hätte Erna nur einmal gesehen.«
»Die Leute vom Dove House gaben zu, dass sie nicht mit den Frauen in Verbindung bleiben,
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