Blutnacht
Projekte?«
»Augenblickslaunen. Tropische Fische, Eidechsen, Kaninchen, mit Karten handeln, Gott weiß was alles. Diese kleinen japanischen Roboter – natürlich musste er jeden Einzelnen haben. Er hat immer irgendwelchen Scheiß gesammelt – Spielzeugautos, Computerspiele, billige Uhren, was Sie wollen. Frank und seine Mutter haben ihn verwöhnt. Frank und ich sind ohne Geld aufgewachsen. Sport war unser Ding, wir haben beide Footballauszeichnungen in der Highschool und im College bekommen. Franks andere Söhne – Greg und Brian – sind Supersportler. Greg hat ein Stipendium an der Arizona State bekommen, und Brian spielt an der Universität in Florida.«
»Kevin ist unsportlich.«
Drummond grinste. »Sagen wir, Kevin ist kein Frischluftfanatiker.«
Im Gespräch über seinen Neffen war seine Grausamkeit zum Vorschein gekommen. Petra dachte: Betrunken wäre dieser Typ unangenehm. »Haben Sie selbst Kinder, Mr. Drummond?«
»Nein. Ich hatte mal eine Frau.« Drummonds Augen schlossen sich. »Sie saß neben mir im Auto, als ich gegen den Pfeiler fuhr. Mein Anwalt hat meine Trauer zu meiner Verteidigung benutzt, um mir ein milderes Urteil zu verschaffen.«
Er öffnete die Augen. Sie waren feucht.
Stahl beobachtete ihn. Streng. Unbeeindruckt.
Petra fragte: »Wann haben Sie Kevin also das letzte Mal gesehen?«
»Wie gesagt, vor Jahren, eine präzise Angabe wäre unmöglich. Nach meiner Kritik an seiner so genannten Publikation hat er mich nicht mehr besucht. Es war nicht wirklich ein Magazin. Einfach etwas, das Kevin in seinem Schlafzimmer fabriziert hat. Hat Frank vermutlich einen Haufen Geld gekostet.« »Erinnern Sie sich an irgendwas Inhaltliches?«
»Ich hab’s nicht gelesen«, sagte Drummond. »Ich hab reingeguckt, gesehen, dass es Mist war, und es weggeworfen.«
»Mist worüber?«
»Kevins Auffassung der Kunstszene. Leute, die er für Genies hielt. Warum?«
»Hat Kevin das ganze Ding allein geschrieben?«
»Das hab ich angenommen – was, Sie glauben, er hatte Mitarbeiter? Das war Dilettantenkram, Detective. Und was zum Teufel hat das mit Mord zu tun?«
Petra lächelte. »Also haben Sie Kevin nie gesehen. Trotz der Tatsache, dass er ganz in Ihrer Nähe wohnt.«
»Tatsächlich?« Drummond schien ehrlich überrascht zu sein.
»Direkt hier in Hollywood.«
»Hoch lebe Hollywood«, sagte Drummond. »Klingt plausibel.«
»Warum?«
»Der Junge war schon immer ein Starficker.«
Sie blieben noch eine Zeit lang in dem Apartment, gingen noch einmal dieselben Punkte durch, formulierten ihre Fragen neu, wie es Detectives tun, die auf der Suche nach Ungereimtheiten sind. Wiesen Randolph Drummonds Angebote alkoholfreier Getränke zurück, holten dem Mann aber eine Cola Light, als er begann, sich die Lippen zu lecken. Petra übernahm weitgehend das Reden. Die wenigen Male, wenn Stahl sprach, wurde Drummond unbehaglich zumute. Er machte keine Ausflüchte, soweit Petra das feststellen konnte. Stahls monotone Stimme schien dem Mann unheimlich zu sein, und Petra konnte es ihm nachfühlen.
Sie bekamen die Privat- und die Geschäftsadresse sowie die Telefonnummern von Franklin Drummond, Rechtsanwalt, beide in Encino, und erfuhren, dass Kevin Drummond vor zwei Jahren sein Examen am Charter College gemacht hatte, einer kleinen, teuren privaten Universität in der Nähe von Eagle Rock.
»Sie haben mir eine Einladung geschickt«, sagte Drummond. »Ich bin nicht hingegangen. Die Einladung war nicht ernst gemeint.«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Petra.
»Sie haben nicht angeboten, mich abzuholen. Ich wollte nicht den verdammten Bus nehmen.«
Es war fast 16 Uhr, als sie zu Kevin Drummonds Gebäude zurückkehrten. Immer noch war niemand zu Hause.
Zeit für Encino. Als sie über den Laurel Canyon nach Norden fuhren, fragte Petra: »Macht Ihnen Randolph D. zu schaffen?«
»Er kann seinen Neffen nicht ausstehen«, sagte Stahl.
»Er ist voller Zorn. Seiner ganzen Familie entfremdet. Aber ich kann keine Beziehung zu unserem Fall erkennen. Ich sehe nicht, wie er sich auf diesen Krücken durch die Stadt bewegt und Künstler aller Richtungen um die Ecke bringt.«
»Er hat seine Frau umgebracht.«
»Sehen Sie das als relevant an?«, fragte Petra.
Stahls blasse Finger verflochten sich ineinander. Ein schmerzerfüllter Ausdruck erschien auf seinem Gesicht und war so schnell wieder verschwunden, dass Petra sich fragte, ob sie ihn wirklich gesehen hatte.
»Eric?«, sagte sie.
Stahl schüttelte den Kopf. »Nein, er
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