Blutnächte - 2
Falten in ihre Haut gegraben zu haben. Insgesamt vermittelte sie einen abstoßenden Anblick.
Doch das Blut pulsierte stark in ihren Adern. Pascal beugte sich vor und hauchte ein „Danke“ an ihrem Hals. Die Frau erschauderte, als er seine Zähne in ihrem Fleisch versenkte, blieb jedoch ganz ruhig.
Später erinnerte sie sich lediglich an einen Kuss, den ein Fremder ihr aus Dankbarkeit gegeben hatte.
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Mit ihren Fingernägeln zeichnete Chantal ein rotes Muster auf Pierres nackten Oberkörper. Dabei ritzte sie seine Haut ein wenig an und vermischte sein Blut mit dem des fremden Mädchens.
Sie lagen auf dem Steinboden ihrer Ritualstätte neben dem Altar. Die Spiele, die sie kurz zuvor getrieben hatten, hielten Chantal noch immer im Rauschzustand gefangen. Pierre dagegen fühlte sich gelangweilt. Seine Kräfte blieben unverändert, obwohl er nach seinem heutigen Erwachen die alten Schriften aus der Gruft noch einmal ganz genau studiert hatte. Laut diesen Worten sollte die pure Dunkelheit in die Glieder des Dolchbesitzers fahren. Er würde sich als schrecklicher Herrscher aufschwingen und ein jedes Wesen – ob Vampir oder Mensch – würde sich ihm unterwerfen. Nicht einmal das Tageslicht könnte ihm dann noch etwas anhaben.
Aber Pierre spürte nichts von diesen Schwingen, die ihn tragen sollten. Lediglich das Kratzen von Chantals Fingernägeln auf seiner Brust nahm er wahr. Er schob sie fort. Sogleich schlossen sich die winzigen Wunden. Chantal protestierte mit einem leisen Knurren.
Pierre richtete sich auf und sah missbilligend auf ihren Leib, der sich auf dem feuchten und dreckigen Steinboden rekelte. Sie widerte ihn an. Warum hatte er sich ihrer nicht längst entledigt?
„Hast du nichts anderes zu tun?“
Ein Grinsen, das beinahe von Wahnsinn zeugte, umspielte ihre Mundwinkel. In ihre Augen trat ein eigenartiges Glitzern.
„Ich wusste gar nicht, dass du ein Spaßvogel bist.“ Nun lachte sie auf. „Was soll ich denn zu tun haben? Bestimmt nichts, was ich nicht auch in einer anderen Nacht erledigen könnte.“
„Willst du etwa die ganze Ewigkeit so verbringen?“
„Mit dir?“ Sie schlang ihre Arme um seine Taille und kuschelte sich an ihn. „Ja, das könnte mir gefallen.“
Pierre rappelte sich ohne Rücksicht auf. Es war ihm egal, dass Chantals Kopf dabei nur knapp an der Kante des Steinaltars entlangschrammte. Anstatt sich von ihm mitschleifen zu lassen, löste sie sich jedoch wieder von ihm. Beleidigt blieb sie sitzen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und warf ihm einen bitterbösen Blick zu.
„Schaff sie weg, wenn du nichts Besseres zu tun hast!“, herrschte er sie an. Er deutete auf den leblosen Körper des fremden Mädchens.
Der goldene Dolch steckte wieder an seinem Platz – in Pierres Hosenbund. Die Klinge fühlte sich kühl auf seiner Haut an. Dabei hieß es in den alten Schriften, sie würde sich erhitzen und glühen – durch die Macht, die sie durchströmte.
Er musste etwas übersehen haben.
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Bereits vom anderen Ende der Straße aus konnte Pascal erkennen, dass der Eingang zum Club Noir unter Bewachung stand.
Nicolas. Ein Vampir, der noch nicht einmal ein Jahr zur Familie der Dunkelheit gehörte. Er flegelte sich auf einem Stuhl knapp hinter der Tür, die Beine weit von sich gestreckt. Jeder ahnungslose Störenfried würde über seine Beine stolpern, sobald er den Club betrat.
Während Pascal langsam auf das Gebäude zuging, streckte er seine Fühler noch weiter aus. Der Missmut des jungen Vampirs überwältigte ihn. Nicolas fühlte sich zu Unrecht zu dieser Aufgabe verdammt. Im Kreise seiner erfahrenen Brüder und Schwestern genoss er kein großes Mitspracherecht. Rachegelüste keimten in ihm. Er bewunderte die Skrupellosigkeit von Pierre. Die Fantasien, die Pascal daraufhin entdeckte, schockierten ihn. So sehr, dass er ins Straucheln geriet.
Er brach sein Eindringen in diese finsteren Gedanken ab. Niemals hätte er den Club verlassen dürfen! War ihm denn nicht immer bewusst gewesen, dass der überwiegende Teil der Vampire eine zügellose Bestie in sich barg? Diese wartete nur auf eine Gelegenheit, sich frei zu entfalten. Trotzdem war Pascal das Risiko eingegangen. Stundenlang hatte er sich in der Nähe Isabellas gesuhlt. Sich gehen lassen. Nun würde es nicht leicht sein, die Vampire in ihre Schranken zu weisen. Allen voran Pierre. Schon jetzt spürte Pascal, wie die neuen Kräfte des anderen ihn innerlich zu verbrennen drohten. Er kämpfte gegen dieses
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