Blutnächte - 2
wegschicken. In deinem Haus war ich nie willkommen.“ Pierre sah den Düsteren schief an, die spitzen Zähne gefährlich weit vorgeschoben. In seinem Mundwinkel glitzerte noch ein Tropfen von Isabellas Blut.
„Mein Blut“, flüsterte Cedric ihm in Gedanken zu.
Aber Pierre verstand nicht, was sein Kontrahent damit ausdrücken wollte. Und es war ihm auch egal. In seinem Inneren herrschte nur noch Dunkelheit und Kälte.
Nun endlich war der Zeitpunkt gekommen, an dem er sich rächen konnte. Für das Misstrauen und die dummen Regeln, die ihn stets daran gehindert hatten, seine wahre Natur auszuleben.
„Von euch werde ich mich nicht länger unterdrücken lassen.“ Sein Blick wanderte von Cedric auf Andrew. Der mächtige Clubbesitzer wirkte klein neben seinem Mentor.
Hinter Andrew versteckte sich Jesse. Dieses Frauenzimmer konnte Pierre ebenso wenig ausstehen. Sie allein trug die Schuld an dem Tod von Louis. Einem Vampir, zu dem Pierre stets ein enges Vertrauensverhältnis gepflegt hatte. Aus Liebe zu Jesse hatte Andrew ihn zum Kampf gefordert und am Ende vernichtet. Ein Grund mehr, sie alle zu verachten. Er würde nicht länger warten, sondern auf der Stelle angreifen.
Pierre ging nicht in die Knie und stieß sich auch nicht vom Boden ab. Seine Gestalt erhob sich einfach und schoss wie ein Blitz auf die Eindringlinge zu. Die unsichtbare Schutzmauer der drei Neuankömmlinge durchbrach er, als wäre sie gar nicht existent. Überrascht machte Cedric einen Schritt rückwärts. Er hielt den goldenen Blut-Dolch fest mit einer Hand umklammert. Unter keinen Umständen würde er sich die Waffe wieder stehlen lassen.
„Das wollen wir doch mal sehen“, zischte Pierre.
Plötzlich war er über Cedric. Die anderen beiden hatte er mit einem flüchtigen Wink zur Seite gefegt. Ohne zu wissen, wie ihnen geschah, lagen sie auf dem Rücken. Jesse stöhnte ängstlich auf, denn schon im nächsten Augenblick traten auch die Vampire in den dunklen Kutten enger an sie heran. Jesses Finger verkrallten sich in Andrews Hemdärmel.
Cedric hatte alle Mühe, sich Pierre vom Leib zu halten. Die Kräfte, die er mithilfe seiner Gedanken steuerte, genügten nicht. Schließlich verkeilten sich die Arme der beiden Vampire. Sie gingen ebenfalls zu Boden, rollten übereinander hinweg und versuchten sich gegenseitig zu verletzen.
Isabella beobachtete die skurrile Situation aus sicherer Entfernung. Sie saß noch immer am gleichen Fleck und hielt sich die verletzte Schulter. Pierre hatte heftig zugebissen und die Wunde im Anschluss nicht wieder geschlossen. Sie blutete. Der schwarze Stoff ihres T-Shirts glänzte an der Stelle bereits feucht.
Der Düstere wälzte sich mit Pierre über den dreckigen Steinboden. Der andere Vampir und die blonde Frau taten für eine Weile gar nichts. Sie brauchten viel zu lange, um wieder auf die Füße zu finden. Der Kreis der dunklen Vampire hatte sich längst um sie geschlossen. Da konnte Isabella auch schon ein eigenartiges Gemurmel und das Fletschen von Zähnen hören. Auch der Düstere wurde dadurch abgelenkt. Er verlor zwar nur kurz die Kontrolle, dennoch genügte es, so dass Pierre den Dolch zurück in seinen Besitz bringen konnte.
Ein triumphierendes Lachen erfüllte den Kerkerraum. Isabella musste sich schütteln. Es war abscheulich! Niemand schien Pierre aufhalten zu können. Wie ein böser Geist stieg er in die Höhe und kreiste über den Köpfen der Anwesenden. Die erstarrte Chantal kehrte ins Geschehen zurück, indem sie kummervoll aufseufzte. Verträumt blickte sie zu Pierre hinauf. Er musste eine Art Held für sie sein, dem sie jeglichen Fehltritt verzieh – anders konnte sich Isabella das Verhalten der Vampirin nicht erklären.
Chantal bemerkte offensichtlich, dass sie beobachtet wurde. Ein Grinsen schlich sich in ihre Züge, und zu allem Überfluss streckte sie nun auch noch ihre Finger nach dem bewusstlosen Pascal aus. Er lag direkt neben der Vampirin. Vollkommen wehrlos.
In Isabellas Kopf begann es erbarmungslos zu hämmern. Sie wollte Pierre aufhalten und Pascal retten.
Aber wie?
Schniefend hievte sie sich auf die Beine. Sie sah, dass die drei Fremden mittlerweile vollkommen von den dunklen Vampiren umzingelt waren. Pierre, über ihren Köpfen, senkte sich langsam zurück in Richtung Boden. Den goldenen Dolch hielt er wie eine Trophäe in die Höhe. Es sah so aus, als wollte er im nächsten Moment zustechen. Gleichgültig, wen er damit verletzte.
Isabella konnte den Blick nicht von ihm
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