Blutnächte - 2
wenden. Erst ein gleißender Lichtschein machte sie blind dafür. Ihre Haut prickelte, und die Härchen auf ihren Armen stellten sich auf. Sie hielt eine Hand über die Augen, versuchte blinzelnd die Quelle des Scheins ausfindig zu machen. Einen Moment später erkannte sie schließlich die helle Gestalt inmitten des dunklen Vampirkreises. Ihre Strahlen verbanden sich mit dem Dolch in Pierres Händen. Es schien, als würde die Macht von der Gestalt am Boden hinauffließen, sich mit dem Dolch verbinden und in verstärkter Form zu seinem Ausgangspunkt zurückkehren.
Mit angehaltenem Atem sah Isabella, wie das Licht sich weiter und weiter ausbreitete, bis es den gesamten Kreis der Vampire erfasst hatte. Nun erkannte sie auch, wer da im Mittelpunkt stand. Es war der Düstere, dessen Anblick sie erschaudern ließ. Doch auf eine unbestimmte Weise wusste sie, dass sie von ihm nichts zu befürchten hatte. Ganz im Gegenteil. Seine beiden Begleiter standen rechts und links von ihm. Sie flüsterten ununterbrochen, als würden sie damit eine Art Zauber unterstützen.
Der Schein wurde heller, bis er in ein durchdringendes Weiß überging. Kleine Flammen entstanden, die zunächst eher unscheinbar auf den Köpfen der dunklen Vampire tanzten. Rasch gewannen sie jedoch an Höhe. Die Körper loderten bereits im nächsten Augenblick hell auf. Isabella konnte noch die Schreie der Vampire hören, bevor sie sich abwenden musste. Sie fiel zurück auf den Boden, die Arme über den Kopf geworfen. Das Feuer verpuffte in einer einzigen Stichflamme, die den Kerker kurz aufheizte. Dann wurde alles wieder ruhig und kühl.
Pierre landete laut und wütend auf den Füßen. Jeder Schritt von ihm brachte die Ritualstätte zum Erzittern. Seine Mitstreiter – die Vampire in den dunklen Kutten – lagen zu Staub zerfallen auf dem Steinboden. Er trat einen der Haufen fort, so dass die feinen Partikel im Kerzenschein funkelten.
Knurrend verstärkte Pierre seinen Griff um den Schaft des Dolches. Er konzentrierte sich auf das intensive Pulsieren, bis er den Blutdurst des Rubins spürte, als wäre es sein eigener. Dadurch erregt stürzte er auf die drei Eindringlinge vor. Cedric machte einen Ausfallschritt in seine Richtung. Er streckte den rechten Arm aus und wollte die Finger um Pierres Kehle schließen, sobald er ihm nahe genug war. Doch zu seiner Überraschung verfügte dieser Vampir über eine ausgesprochene Wendigkeit. Pierre duckte sich unter dem Arm Cedrics hindurch, warf sich auf die Seite und versetzte seinem Gegner einen tiefen Schnitt oberhalb der Hüfte.
Andrew schob sich an dem Düsteren vorbei. Er selbst versuchte nun, Pierre zu ergreifen und den Dolch in seinen Besitz zu bringen. Aber auch er scheiterte. Pierre war viel zu schnell. Er sprang in die Luft – und über seine Kontrahenten hinweg. Verächtlich lachend landete er an der nächsten Wand. Wie eine Spinne hielt er sich an den Steinen fest und blickte auf seine Angreifer hinab. In sein Gesicht schlich sich der Ausdruck eines Wahnsinnigen. Seine Bewegungen wurden immer abgehackter, als hätte er sich nicht mehr vollends unter Kontrolle. Schon begann er in der Höhe an der Wand entlangzuschleichen, bis er den Kerkerraum halb umrundet hatte. Erneut näherte er sich Isabella, die verängstigt zu ihm hinaufsah.
Was würde er nun tun?
Ungeachtet ihrer Wunde zog sie die Schulterblätter zusammen und erntete dafür einen scharfen Stich, der durch ihren Körper jagte. Wimmernd ging sie in die Knie. Pierre nutzte den Moment und ließ von der Wand ab. Einem Racheengel gleich senkte sich seine düstere Gestalt auf Isabella nieder. Seine Schattenschwingen breiteten sich einmal zu den Seiten aus, um den Frauenkörper anschließend zu umschließen.
Isabella konnte förmlich spüren, wie die Dunkelheit nach ihrem Herzen griff. Sie glaubte, ihr Leben aushauchen zu müssen. Pierres Hände legten sich auf ihre Taille, ihren Rücken, Oberkörper und umfassten schließlich ihre vollen Brüste. Er knetete sie. Seine fordernden Küsse brannten in ihrem Nacken. Taub vor Schmerz und Kummer ließ sie alles geschehen. Sie bemerkte nicht einmal, wie ihr die Tränen die Wangen hinabrollten.
„Er darf dich nicht besitzen“, flüsterte plötzlich eine Stimme in ihrem Kopf. Ein vertrauerter Klang lag darin. Er lullte sie in seine Wärme ein. Zum ersten Mal, seit sie sich an diesem hässlichen Platz des Club Noir befand, fühlte sie einen Hauch von Geborgenheit.
„Du musst dich gegen ihn wehren“,
Weitere Kostenlose Bücher