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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Griff, mit dem er sie zwischen die Bäume zog. Als könnte sie sich, indem sie sich losriss, auch vom Griff der Vergangenheit befreien, der sie nach wie vor fest umklammerte.
    Zweige und Buschwerk kratzten an ihrer nackten Haut, als sie hinter der riesigen Kiefer in Deckung ging. Die umstehenden Bäume schlossen sie ein, und die Dunkelheit umfing sie wie ein tintenschwarzes Tier, das sie zu ersticken drohte. Aus Angst, dass das Geräusch ihr Versteck preisgeben würde, wagte sie nicht zu atmen.
    Er war nah genug, dass er sie mit ausgestreckter Hand hätte berühren können. Und der Gedanke, was sie erwartete, wenn sie es nicht schaffte, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren und ihre Haut eiskalt werden.
    »Ich weiß, dass du hier irgendwo bist. Ich kann deine Muschi riechen. Warum kommst du nicht einfach raus, dann können wir zwei uns ein bisschen amüsieren, ehe die anderen Drecksäcke uns finden. Diesmal lass ich mich nicht mit einem Platz in der zweiten Reihe abspeisen. Komm schon, du Schlampe, du willst es doch auch. Spar dir die Zeitverschwendung.«
    Sie kam heraus und schlug ihm mit aller Kraft den Ast über den Schädel.
    »Schon gut, ich hab dich ja losgelassen, okay? Reichlich hirnverbrannt, zu dieser späten Stunde in den Wald zu rennen. Jetzt komm schon, Ramsey. Wir gehen einfach wieder zum Auto zurück, einverstanden?«
    Es dauerte einen Moment, bis Devs leise, beruhigende Stimme zu ihr durchdrang. Und noch einen, ehe sie seine Worte aufgenommen hatte. Erst dann reagierten ihre erstarrten Muskeln, und sie schwenkte die Taschenlampe in seine Richtung. Sein Gesichtsausdruck löste massive Verlegenheit in ihr aus.
    Mitleid. Vermischt mit Argwohn. Warum sollte er auch nicht argwöhnisch sein? Sie hatte sich wie eine Irre aufgeführt, die reif für die Anstalt ist.
    Guter Gott. Sie holte tief und abgehackt Luft, während sie wünschte, sie könnte ihren Puls zur Ruhe bringen. Nach ihrer Reaktion zu urteilen, war sie sich gar nicht so sicher, dass sie nicht tatsächlich in eine Anstalt gehörte. Dennoch lief es ihr immer noch derart eiskalt den Rücken hinunter, dass ihr ganzer Körper zitterte.
    »Alles in Ordnung.« Und das stimmte. Schließlich wallte Wut in ihr auf und rang mit den Resten der Angst.
    »Ja, sicher.« Dev begann sie langsam mit sich in die Richtung zu ziehen, aus der sie gekommen waren. »Aber ich bin auf einmal überhaupt nicht mehr scharf darauf, durch den Wald zu traben. Ich kann heute Nacht sowieso nichts machen, was ich nicht auch bei Tag erledigen könnte. Wollen wir nicht lieber in die Stadt zurückfahren?«
    Einen Moment lang schrie alles in ihr nach der Gelegenheit, den Ausweg zu ergreifen, den er ihr anbot. Ihm zu gestatten, so zu tun, als sei er es gewesen, der es sich anders überlegt hatte. Er, der die Vorstellung nicht ertragen konnte, nach Einbruch der Nacht noch tiefer in den finsteren Wald vorzudringen.
    Die Wucht dieses Verlangens erhärtete ihre Entschlusskraft. Selbst wenn sich dadurch das Zittern nicht unterdrücken ließ, das nach wie vor ihren ganzen Körper erschütterte.
    Sie schüttelte heftig den Kopf. »Schon in Ordnung. Mir geht’s gut.«
    »Aber mir nicht.« Dev legte ihr locker einen Arm um die Taille, um sie sanft zur Lichtung zurückzuführen. Mit fest zusammengebissenen Zähnen wich sie seiner Berührung aus und trat einen Schritt tiefer in den Wald.
    »Die Lichter sind noch da.« Waren sie mittlerweile matter geworden? Waren sie jetzt weiter weg? Ramseys Körper bebte bei der Vorstellung, ihnen zu folgen.
    »Ramsey.« Devs Stimme an ihrer Seite war so sanft wie nie. Ihr Klang ließ etwas in ihr vor Scham fast verdorren. »Du brauchst das nicht zu tun. Weder du noch ich.«
    »Kommst du mit?« Ihr Fuß fühlte sich an wie in Blei gegossen, als sie ihn zum Schritt nach vorn anhob. Ihr Atem ging flach, während sie sich zum nächsten Schritt zwang.
    Sie musste all ihre Kraft aufwenden, um nicht zusammenzuzucken, als sie das leise Geräusch hörte, das er machte, als er ihr folgte. Um sich nicht wegzuwinden, als er seinen Arm durch ihre Armbeuge schob. Das hier war Tennessee, nicht Mississippi. Und es war Dev, nicht … die.
    Und sie war keine fünfzehn mehr.
    »Die Lichter entfernen sich«, murmelte er und beschleunigte seinen Schritt.
    »Fast, als würde derjenige, der sie hat, davonlaufen.«
    Dev fasste nach oben, um einen tief hängenden Ast aus dem Weg zu biegen. »Das passt doch nicht zusammen. Wenn die Lichter von einem Menschen stammen, dann

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