Blutnebel
noch Rätsel aufgaben.
Doch er hatte noch nie mit eigenen Augen Geisterlichter gesehen. Und er war noch lange nicht bereit zuzugeben, dass er diesmal welche gesehen hatte.
Aber irgendetwas hatte er verdammt noch mal gesehen.
»So nah am Wald ist es ja eiskalt. Da es ohnehin nichts zu sehen gibt, können wir auch wieder gehen.«
»Geh etwa drei Meter zurück, da ist es gleich viel wärmer«, wies er sie geistesabwesend an. Erneut kniete er sich hin, zückte sein Notizbuch und machte sich mithilfe seiner Stirnlampe ein paar Notizen.
Sieben Grad. Fünfzehn Zentimeter nach rechts. Neun Grad.
Langsam schritt er das Gelände ab und nahm regelmäßige Messungen vor. Der Kontrast war enorm. Zwischen den Stellen, wo die Lichter aufgetaucht waren, und dem Bereich ein paar Meter daneben herrschten Temperaturunterschiede von mindestens zehn Grad Celsius.
Als Nächstes stellte er das Gerät zum Messen elektromagnetischer Felder auf den Boden, schaltete es ein und sah zu, wie die Nadel wild ausschlug, ehe sie im höheren Bereich zum Stillstand kam.
»Stryker.«
Er blickte gedankenverloren von den Notizen auf, die er sich gerade machte, und blinzelte halb blind in den Lichtstrahl von Ramseys Taschenlampe. »Was?«
»Was machst du da?«
»Ich suche nach erhöhten Werten in den elektromagnetischen Feldern. Ich muss morgen noch mal herkommen und eine Kontrollmessung machen«, murmelte er, während er sich erneut etwas notierte. Er musste auch überprüfen, ob irgendwelche elektrischen Leitungen in der Nähe waren, da diese die Messwerte des Geräts völlig verrücktspielen lassen konnten. Doch sie waren ein gutes Stück von Rose Thorntons Haus entfernt, und er sah keine Strommasten in der Umgebung.
»Du weißt, dass es ein Dutzend mögliche Erklärungen für diese Lichter gibt, oder?«
»Mindestens«, stimmte er zu und nahm sich vor zu überprüfen, wie weit es bis zum nächsten Flughafen oder Funkturm war. Obwohl die Lichter eher zu hüpfen als zu schweben schienen, musste er gründlich vorgehen. »Was würdest du sagen, was für eine Farbe sie hatten?«
»Die Lichter?«
»Ja.«
»Weiß.«
Da blickte er auf und musterte sie. »Kamen sie dir rein weiß vor?«
Sie zögerte. »Aus der Distanz schienen sie einen violetten Schleier außen herum zu haben. Aber was spielt das schon für eine Rolle? Es sind Spiegelungen von irgendetwas oder jemandem im Wald.«
»Dann sehen sie also genauso aus wie das, was du gestern Abend beobachtet hast?«
Diesmal zögerte sie länger mit ihrer Antwort. »Ich könnte es nicht beschwören, aber ja. Sah ganz ähnlich aus.«
»Zumindest können wir uns ziemlich sicher sein, dass sie nichts mit Rose zu tun haben. Es ist ausgeschlossen, dass sie es in ihrem Alter in der gleichen Zeit in den Wald geschafft hätte, wie wir zum Auto gebraucht haben. Und sie hatte auch keine Taschenlampe dabei.« Er richtete sich auf. »Ich gehe jetzt noch mal zum Auto und hole das Magnetometer. Und ich will unbedingt noch die Ionenaktivität in der Umgebung messen.«
»Stryker.«
Er ging auf sie zu. »Komm lieber mit. Ich will nicht, dass du allein hier in der Finsternis wartest.«
»Stryker.«
Er versuchte es mit Humor. »Mir ist schon klar, dass das wahrscheinlich nicht das romantischste Date ist, das du je erlebt hast, aber du musst mir immerhin Punkte für Originalität geben, oder?«
»Stryker!«
Nun nahe genug, um ihre ausgestreckte Hand zu erkennen, wandte er sich in die Richtung um, in die sie zeigte. Voller Freude stellte er fest, dass die Lichter wieder da waren – diesmal leuchteten sie von einer Stelle weiter drinnen im Wald.
»Komm. Das müssen wir uns genauer ansehen.« Er packte sie am Arm und wollte in Richtung Bäume loslaufen, jedoch merkte er sofort, dass sie bockte wie ein Lamm, das man zur Schlachtbank führt.
»Kommt nicht infrage.«
»Also, ich lasse dich garantiert nicht allein am Waldrand stehen«, entgegnete er. Dev hatte keine Ahnung, was hier los war, aber keines der möglichen Szenarien hätte ihn bedenkenlos in den Wald spurten lassen, während Ramsey allein hier wartete.
Doch die Neugier gewann die Oberhand über seine Ritterlichkeit. Er packte sie fester am Arm und zerrte sie regelrecht mit in den Wald, während er den Blick nicht von den Lichtern abwandte, die vor ihm umhertanzten.
15. Kapitel
Einen Moment lang kollidierten Vergangenheit und Gegenwart mit solcher Wucht, dass beides untrennbar miteinander verschmolz. Ramsey kämpfte heftig gegen Devs unsanften
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