Blutnebel
einem Fluch auf den Lippen ging sie hinaus, schloss ab und machte die Alarmanlage an. Was kümmerte es sie schon, was Devlin Stryker über sie dachte? Sie hatten Sex miteinander gehabt. Aufregenden, berauschenden Sex. Aber sie hatten ja nicht vor, zusammen in den Sonnenuntergang zu reiten.
Bei dem Gedanken wurde ihr leichter zumute. Da keiner von ihnen die Absicht hatte, den anderen an sich zu binden, war doch nichts dabei, die gegenseitige Anziehung auszuleben, oder? Schließlich hatte Dev nicht direkt etwas mit dem Fall zu tun.
Und Jesus, der Mann war wirklich gut im Bett.
Sie kam gerade noch rechtzeitig auf den Parkplatz, um Jonesy mit aufspritzendem Kies davonrasen zu sehen. Da begriff sie plötzlich, was es bedeutete, ohne Auto zu sein.
Sie zückte ihr Mobiltelefon und wählte die Nummer des Sheriffs. Wenn er noch im Dienst war, konnte er ja vorbeikommen und hier mit ihr sprechen. Falls sie aber letztlich zu Fuß in den Ort marschieren musste, um mit ihm zu reden, war das einzig und allein ihre eigene Schuld.
Nun ja, nett zu sein war eben eine zweischneidige Sache …
»Du glaubst also, dass Cassie Frost von einem Auftragskiller ermordet worden ist? Dass ihr Exfreund jemanden angeheuert hat, der sie wegen der Versicherungssumme um die Ecke bringen sollte?« Auf Mark Rollins’ beruhigend biederem Gesicht zeichnete sich reges Interesse ab.
Ramsey wählte ihre Worte sorgfältig. »Powell und Matthews gehen der Möglichkeit nach. Sie werden ein paar Tage weg sein und Sanders’ finanzielle Verhältnisse durchforsten und was der richterliche Befehl sonst noch erlaubt.«
»Nicht zu fassen.« Mark lehnte sich zurück und blinzelte zur Decke. »Der Mann müsste ja eiskalt sein, wenn er jemanden engagiert hat, der die Frost so aus dem Weg räumt. Und mir behagt die Vorstellung absolut nicht, dass sich ein Auftragskiller hier in der Gegend gut genug auskennt, um die Leiche in unserem County abzulegen. Andererseits will ich natürlich nicht leugnen, dass es dazu beitragen würde, endlich diese bescheuerte Legende aus der Welt zu schaffen.« Er fing Ramseys Blick auf und rutschte unbehaglich auf dem Stuhl herum. »Ich will nicht gefühllos sein; ich sorge mich nur um meine Leute.«
»Möglicherweise ist sie vor dem Mord verfolgt worden.« Ramsey schilderte ihm in aller Kürze die Sache mit dem Mann, von dem sich Cassie Frost beobachtet gefühlt hatte – demselben, den sie als denjenigen identifiziert hatte, der durch ihr Fenster einzudringen versucht hatte. »Momentan können wir natürlich noch nicht sicher sagen, ob der Mann, den sie gesehen hat, auch derjenige ist, nach dem wir suchen sollten.«
»Lisbon ist eine Stadt von etwa fünfzehntausend Einwohnern, stimmt’s?« Mark sog die Unterlippe ein und dachte nach. »In einem kleinen Ort wie dem hier fällt ein Fremder auf. In einer Stadt dieser Größe schon weniger. Bei den Ermittlungen haben sie niemanden gefunden, der ihre Beschreibung des Kerls hätte bestätigen können, oder?«
Ramsey schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste.« Dabei hatte sie mit Cassies Arbeitgeber, ihren Kollegen, ihren Nachbarn und ihrer Vermieterin gesprochen, ja sogar mit dem Mädchen, das ihr die Haare und die Nägel gemacht hatte. Alle hatten Cassie als freundliche, aber zurückhaltende Frau beschrieben. Sie hatte auch in dieser Stadt keine Freundschaften geschlossen, zumindest keine, die eng genug gewesen wären, um ihre Ängste mit jemandem zu teilen.
»Es kann nicht schaden, mal ein bisschen in Sanders’ Hintergrund herumzustochern. Sehen, ob er irgendeine entfernte Verbindung hierher hat. Selbst wenn er die Tat nicht selbst begangen hat, kannte sich der Mörder höchstwahrscheinlich in den Wäldern und am Ashton’s Pond aus.«
»Gut möglich«, räumte Ramsey ein. »Ich glaube trotzdem, dass der Killer, selbst wenn wir feststellen, dass Sanders dahintersteckt, dem Ganzen einen persönlichen Anstrich geben wollte, und der Ablageort war wahrscheinlich ein Teil davon.«
»Und was noch?« Mark streckte die langen Beine vor sich aus und rutschte in eine bequemere Sitzposition. Er hatte sich bereit erklärt, zu einer Besprechung ins Motel zu kommen, als sie ihn angerufen hatte, obwohl sie den Hintergrundgeräuschen entnehmen konnte, dass sie ihn zu Hause im Kreise seiner Familie aufgestört hatte. Sie hatte ohrenbetäubendes Kreischen und Kinderlachen vernommen, das, wie er erklärte, eine Begleiterscheinung der abendlichen Badestunde war. Ramsey konnte sich nicht
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