Blutnebel
hat mir heute davon erzählt. Es wäre dein gutes Recht, ihn anzuzeigen. Ich dachte mir, dass du das wahrscheinlich nicht willst, aber ich muss dich trotzdem offiziell fragen.«
Vor Verlegenheit bekam sie rote Wangen. »Nein, vergiss es. Du hattest recht. Er ist keine verlässliche Informationsquelle.«
Mark blickte grimmig drein. »Ist er nicht, aber er braucht mehr Aufsicht, als er offenbar bekommt. Ich bin heute Nachmittag bei den Tibbitts gewesen, um ihnen das klarzumachen. Und ich will heute Abend noch mal vorbeischauen, um mich zu vergewissern, dass sie ihn im Haus behalten und ihm seine Medikamente geben, wie man es ihnen gesagt hat.«
Da ihr das Thema unangenehm war, nickte sie nur.
»Ich hab noch nie gehört, dass er schon mal derart auf jemanden losgegangen wäre.« Rollins bewegte sich langsam in Richtung Tür. »Ich wollte nur nicht, dass du denkst, ich würde das auf die leichte Schulter nehmen.«
»Dev sagt, er sei harmlos.«
»Normalerweise würde ich ihm da zustimmen. Aber ich kann auch nicht zulassen, dass Ezra T. ohne jede Provokation Leute angreift. Nächstes Mal sucht er sich womöglich jemanden aus, der sich nicht so gut selbst verteidigen kann, und dann könnte es Verletzte geben.«
Als ihr Mobiltelefon klingelte, wandte er sich endgültig zum Gehen. »Ich verschwinde«, sagte er. »Halt mich über die neuesten Ermittlungsergebnisse auf dem Laufenden.«
Sie zückte das Telefon. Sah die Nummer aus Cripolo und spürte, wie sich ihr Magen zu einem zähen Klumpen verkrampfte. »Ich melde mich wieder.« Doch selbst als Rollins die Tür öffnete und hinausging, machte sie keine Anstalten, den Anruf entgegenzunehmen. Es klingelte weiter, bis das Telefon automatisch auf die Mailbox umschaltete. Sie konnte nur vermuten, dass ihr Bruder eine weitere mit Schimpfwörtern gespickte Drohung hinterlassen würde, zusätzlich zu den anderen sechs, die seit dem Vorabend eingegangen waren.
Ramsey musste sich mit ihm auseinandersetzen, sich um das ganze Chaos kümmern, in das er sie hineinzuziehen versuchte, doch heute Abend brachte sie es einfach nicht über sich. Morgen war noch früh genug, wenn sie erst einmal eine Nacht durchgeschlafen hatte und wieder klar denken konnte.
Und sie brauchte definitiv einen klaren Kopf, um mit ihrem Bruder zu verhandeln, mit seiner Opfermentalität und seinem begrenzten Denkvermögen.
Das Telefon begann erneut zu klingeln, und da noch einmal dieselbe Nummer im Display erschien, ließ sie es wieder in die Tasche fallen. Sie zog die Tür hinter sich zu, schloss ab und machte sich auf den Weg zu ihrem Bungalow. Zuerst einmal brauchte sie Schlaf. Vielleicht fiel ihr ja bis zum nächsten Morgen eine Strategie ein, wie sie mit ihrer Familie umgehen sollte.
Sie zu ignorieren war die beste Methode, die ihr bisher eingefallen war, doch das ging nicht immer. Ramsey bezweifelte, dass ein paar Stunden Tiefschlaf die Herkulesaufgabe leichter machen würden, doch die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt.
»Ich hab Mr Biscuits Gassi geführt und alles gesehen.« Bunny Franzen nickte heftig, wodurch die winzigen weißen Spirallöckchen auf ihrem Kopf wild zu wackeln begannen. »Eigentlich wollte ich Sie ja anrufen, aber ich schwöre, sobald ich wieder zu Hause war, hab ich plötzlich überhaupt nicht mehr daran gedacht. Es ist mir erst wieder eingefallen, als Mr Biscuits das nächste Mal Gassi gehen musste und ich Sie hier auf der Veranda Ihres Großvaters habe sitzen sehen.«
Dev nickte höflich, als die Frau zum Luftholen innehielt. Sie wohnte schon, seit er denken konnte, in derselben Straße wie Benjamin. Mr Biscuits, ein bösartiger Bichon Frisé, erleichterte sich soeben auf Benjamins Azaleen, was er seinem Großvater geflissentlich verschweigen würde, da dieser eine massive Abneigung gegen den Hund hegte.
»Sie haben sich nicht vielleicht die Nummer des Pick-ups gemerkt, oder?« Er hatte die Scherben weggeworfen und das Fenster, so gut es ging, geflickt. Morgen würde er im Eisenwarenladen anrufen und fragen, ob Beau …
Verspätet fiel ihm ein, dass Beau Simpson ihm garantiert keine Ersatzscheibe mehr bestellen würde. Er würde morgen früh vorbeifahren und nachsehen, ob Marvella den Laden überhaupt aufmachte. Wenn nicht, musste er sich woanders eine neue Scheibe besorgen.
»Ich hab mir die Nummer nicht merken müssen, weil ich den Fahrer erkannt habe. Na, na, Mr Biscuits«, gurrte Bunny, als der Hund wie verrückt zu bellen begann. »Wir gehen ja gleich weiter.« Mit
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