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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
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doch schließlich war das ja auch sein Geschäft. »Wir hier im Süden sind durchaus Kirchgänger, aber natürlich geht nicht jeder.« Obwohl er nicht in Devs Richtung schaute, nahm Dev den missbilligenden Unterton des Pastors persönlich. Er wohnte nicht mehr in Buffalo Springs, doch er war auch an seinem Wohnort kein regelmäßiger Kirchgänger. Die Schuld daran lastete er Reverend Biggers und dem frühen Trauma an, das dieser einem Zehnjährigen zugefügt hatte, nicht etwa reiner Trägheit seinerseits.
    Molitor sprach weiter. »Es wäre auch falsch anzunehmen, dass die Gemeinden aller Kirchen gleich groß sind. Nehmen Sie mal unsere. Wir sind mit zweihundertneunzig Leuten halb so groß wie die Southern Baptist Church, aber ich kann voller Stolz behaupten, dass wir bei den Herbstfestivals und den Ständen am Nationalfeiertag eine ziemlich gute Figur machen.« Er lächelte jungenhaft. »Unser Frauenverein bäckt sämtliche Kuchen für den Kuchenesswettbewerb am Buffalo Day, und sie nehmen ab der Landwirtschaftsmesse Bestellungen an, mit denen sie dann bis zum Herbstfestival beschäftigt sind.«
    »Welche Kirche ist denn die, die Rufus Ashton gebaut hat?«
    Der Pastor warf Dev einen vorwurfsvollen Blick zu. »Es wundert mich, dass Sie das nicht wissen, Devlin. Unsere natürlich.« Er wandte sich um und folgte ihren Blicken auf den Bau hinter ihm. »Der Kalkstein wurde hier vor Ort abgebaut, soweit ich weiß, und alle Fenster außer einem sind noch original erhalten.« Er verzog das Gesicht. »Ich weiß das, weil wir permanent nach Mitteln suchen, um die Zugluft durch sie zu unterbinden. Der Frauenverein hat in den Sechzigern fast zehn Jahre lang für das große Buntglasfenster gespart, das zur Main Street hinausgeht beziehungsweise dorthin, wo jetzt die Main Street ist. Soweit ich gehört habe, verlief die Main Street zu Ashtons Zeit noch von Nord nach Süd. Erst in den Zwanzigerjahren haben die Stadtoberen sie umbenannt, damit sie mit der Richtung zusammenfiel, in die die Stadt sich ausdehnte.«
    »Davon hab ich schon mal gehört. Früher stand die alte Main Street immer mal wieder unter Wasser, also waren die Leute nicht so erpicht darauf, dort zu bauen.«
    Ramsey hing noch einem früheren Thema nach. »Ist das ein Teil des ursprünglichen Bauwerks?«
    »Kommen Sie doch näher, dann kann ich es Ihnen zeigen.« Sie trotteten hinter Molitor her, als er sie über ein Rasenstück zur Kirche führte. »Man muss schon genau hinschauen, wenn man erkennen will, wo der ursprüngliche Bau endet. Jedes Mal, wenn ein neuer Anbau geplant wurde, hat man sich sehr bemüht, möglichst ähnlichen Kalkstein zu finden. Aber im Grunde weist jeder Unterschied in der Dachneigung auf einen neuen Anbau hin.« Er zeigte nacheinander auf die entsprechenden Erweiterungen. »Soweit ich weiß, wurden die neue Vordertreppe und der Sammelplatz in den Zwanzigerjahren hinzugefügt. 1941 ist die Sakristei abgebrannt, und dann wurde hier die neue gebaut, etwa dreimal so groß wie die alte.« Er wies auf einen anderen Bauteil und fuhr fort: »In den Achtzigern haben wir einen Raum für Eltern mit Babys und einen Versammlungsraum angebaut. Die Schulden dafür habe ich erst vor zwei Jahren ganz abbezahlt.«
    Bei den vielen verschiedenen Anbauten hätte Dev eigentlich einen architektonischen Mischmasch vermutet, doch der jetzige Bau war alles andere als das. Die Modernisierungen koexistierten friedlich mit den alten Bauelementen.
    Ramsey schlenderte zur Fassade und musterte das großartige achteckige Buntglasfenster über dem doppelten Eichenportal. Breite Stufen führten vom Gehweg zur Kirchentür. Sie sah sich um und fragte: »Wann ist dieser Bau von Ashtons Kirche der Hochheiligkeit zu den United Methodists übergegangen?«
    Molitor blickte verblüfft drein. »Diese Kirche hat schon mehrere verschiedene Glaubensrichtungen beherbergt, zuletzt die Pfingstgemeinde, ehe in den Vierzigerjahren die United Methodists eingezogen sind. Aber ich habe noch nie gehört, dass Ashtons Kirche so genannt wurde. Wie haben Sie gesagt? Hochheiligkeit?« Er schüttelte den Kopf. »Obwohl ich mich ehrlich gesagt gar nicht daran erinnern kann, dass ich den Namen von Ashtons Kirche jemals gehört hätte, wenn sie überhaupt einen besaß. Damals gab es mehr nicht konfessionsgebundene Kirchen als organisierte.«
    »Dann haben Sie also keine umfassende Dokumentation über die Geschichte dieser Kirche?«, fragte Ramsey, während sie sich umwandte und wieder auf die beiden

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