Blutnebel
Spareribs oder ein saftiges Brathuhn gegessen.
Doch offenbar wirkte sich ein Durchbruch bei den Ermittlungen in ähnlicher Form auf ihn aus.
»Quinn Sanders«, erklärte ihr der Beamte mit erbostem Funkeln in den Augen, »ist ein gottverfluchter Lügner.«
»Was gibt es denn Neues?«, fragte sie, während sie die Tür hinter sich schloss und an den Tisch trat, an dem er arbeitete. Ihr Blick fiel auf die dort ausgebreiteten Blätter. »Frosts Handydaten?«
»Genau.« Powell stach mit einem Finger auf die umringelten Nummern auf dem obersten Blatt, ehe er weiterblätterte, um ihr weitere, ebenso markierte Nummern zu zeigen. »Der Mistkerl hat sie nicht von seinem Mobiltelefon aus angerufen. Wahrscheinlich hat er gefürchtet, dass ihre Schwester das kontrolliert. Schließlich hat er ja die Erste schon mit ihr betrogen, stimmt’s? Dem Kerl ist nicht zu trauen. Aber die Nummer hier ist die von dem Fitnessclub, der ihm gehört und der rund um die Uhr geöffnet hat. Siebenunddreißig Anrufe zu Cassies Handy, seit sie von dort weggezogen ist. Oder vielmehr«, ergänzte er, »seit dem Tag, von dem ihre Schwester behauptet, dass sie weggezogen sei.«
Neugierig quetschte sich Ramsey neben ihn und überflog die betreffenden Seiten. »Anscheinend hat sie ihn aber auch ein paarmal angerufen.« Während ihr Puls sich beschleunigte, zählte sie rasch die Anzahl der Anrufe vom Handy des Opfers zum Fitnessclub. Genau ein Dutzend.
»Wer arbeitet noch dort? Wäre es denkbar, dass sie mit einer Freundin dort telefoniert hat, einer Mitarbeiterin?«
»Nur wenn sie mit dem Wachmann oder dem Buchhalter befreundet war.« Powell verschränkte die Finger und ließ die Knochen knacken. »Der Wachmann arbeitet ausschließlich nachts, und der Buchhalter kommt nur einmal die Woche, also kann keiner der beiden der Empfänger der Anrufe gewesen sein. Der Fitnessclub hat Tag und Nacht geöffnet. Jedes Mitglied hat ein Passwort, mit dem es die Tür aufmachen kann. Laut Matthews steht das Telefon im Büro, und das ist durch ein separates Schloss abgesperrt, wenn Sanders nicht da ist. Es gibt kaum einen Zweifel, dass er die Anrufe getätigt hat.«
Die Frage war allerdings, warum er die Anrufe getätigt hatte. »Sind wir schon über Cassie Frosts Finanzen im Bilde?«
Anstelle einer Antwort griff Powell nach einem separaten Aktenordner und reichte ihn ihr. Sie schlug ihn auf und überflog kurz die Kontoauszüge. »Sieht nicht nach einer Erpressung aus«, murmelte sie. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Frau weggezogen war, waren zweimal im Monat Einkünfte aus ihrem Bankjob eingegangen. Seitdem kamen die Einzahlungen seltener und betrugen weniger als die Hälfte dessen, was sie zuvor verdient hatte. Ramsey sah sich ihr Sparkonto an. Offenbar hatte Cassie regelmäßig ihre Ersparnisse angezapft, um ihr Einkommen aufzustocken.
Nicht zum ersten Mal durchzuckte sie ein Anflug von Mitleid. Sie verstand den Drang, der Vergangenheit zu entfliehen. Doch nach den Verbindungsdaten zu urteilen, war Cassies Vergangenheit nicht bereit gewesen, sie gehen zu lassen.
»Wäre gut, mal einen Blick auf Sanders’ Verbindungsdaten und seine Finanzen zu werfen«, meinte sie.
Powell raubte ihr jede Illusion. »Daran dürfen wir noch nicht mal denken. Aber ich habe Matthews gesagt, er soll in Memphis bleiben. Ich möchte, dass Sie ihm morgen beispringen und noch einen Angriff auf Sanders starten. Diesmal ein bisschen brutaler.« Sie wechselten einen Blick. »Der Kerl hat einfach frech gelogen, als er behauptet hat, er hätte keinen Kontakt mehr zu unserem Opfer gehabt, seit es weggezogen ist.«
»Also ist er entweder dumm, oder er hält uns für dumm.«
»Er hat etwas zu verbergen, und ich will wissen, was. Entweder ist er ein schleimiger Saftsack, der versucht, gleichzeitig seinen Spaß mit zwei Frauen zu haben, oder er hatte einen anderen Grund, mit ihr in Kontakt zu bleiben. Finden Sie heraus, was Sache ist.«
»Wie massiv soll ich werden?«
»So massiv wie nötig.«
Ramsey nickte zufrieden. »Ich breche morgen in aller Frühe auf. Und ich erwarte morgen noch eine Lieferung.« Rasch informierte sie den Mann über die Ereignisse des Tages und ihre Vermutungen.
Powell wirkte wenig beeindruckt. »Der Versuch, die Wurzel zu finden, kommt mir vor wie die Suche nach einer Nadel im Heuhaufen.«
»Mag sein«, gab sie zu. »Aber ich glaube immer noch, dass sie ein zentraler Punkt des Rituals ist. Jonesy kann sich ruhig mal darüber hermachen, während ich die
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