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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie zu verfolgen.
    Und so fragte sie sich zwangsläufig, wie sehr Dev von seiner Vergangenheit verfolgt wurde.
    Hinter dem Knebel ging ihr Atem in kurzen, abgehackten Stößen. Ihre gefesselten Handgelenke waren blutverschmiert. Doch Kathleen Sebern rieb sie weiter gegen die scharfe Kante des Steins, an den ihr nackter Körper gelehnt worden war, während die Angst sie immer verzweifelter werden ließ.
    Der Schmerz an ihren Handgelenken verblasste gegenüber dem, was sie bereits hatte erdulden müssen. Und dem, was noch auf sie wartete, wenn sie keine Fluchtmöglichkeit fand.
    War sie seit einem Tag hier? Seit zweien? Die Zeit hatte aufgehört zu existieren. Es gab nur noch die Stunden zuvor , als er noch hier gewesen war. Und die Stunden danach , die in Finsternis gehüllt waren. Sie flehte darum, dass sie irgendwie davonkam, ehe er zurückkehrte.
    Ihr ganzer Körper erschauerte, und sie verdoppelte ihre Anstrengung. Lockerten sich die Fesseln allmählich? Sie rieb die Handgelenke jetzt heftiger, ohne sich um den brennenden Schmerz zu kümmern, der ihr Fleisch durchdrang.
    Und im nächsten Moment war sie frei.
    Desorientiert betastete sie als Erstes das Klebeband über ihrem Mund. Das Bedürfnis nach Luft, ihre Lunge vollzupumpen und ihre Angst und ihr Grauen herauszuschreien, wallte machtvoll in ihr auf. Doch ihre Finger waren wie taub. Unbeholfen. Die Sekunden zogen sich endlos dahin, ehe sie es schaffte, sich das Klebeband vom Mund zu ziehen. Die Lippen darunter waren bereits rissig und geschwollen.
    Der erste Atemzug war ein süßes, gieriges Schlucken. Der zweite wurde von einem kleinen Geräusch begleitet. Alles in ihr kam zur Ruhe.
    Zuerst hörte sie die Schritte. Stiefel, die auf Steinen knirschten. Panik raste ihre Wirbelsäule hinauf, angetrieben von Verzweiflung. Sie versuchte aufzustehen, doch ihre gefesselten Füße waren taub, und so stolperte sie nur ein paar Schritte weit, ehe sie auf die Knie fiel. Dann kroch sie weiter. Blind. In die Finsternis, ohne auf die Hindernisse zu achten, die sich ihr in den Weg stellten. Sie musste weg hier. Musste. Musste. Musste …
    Ein Lichtstrahl durchbohrte das Dunkel, und ein Verzweiflungsschrei wallte in ihr auf und brach sich Bahn, ein wilder Laut der Verlassenheit.
    »Soso. Du warst ganz schön fleißig, was?«
    Diese Stimme. Diese verhasste Stimme. Kathleen kroch weiter, ohne auch nur zu versuchen aufzustehen, auf der Suche nach der dunkelsten Ecke. Sie dachte nicht einmal mehr an Flucht. Instinktiv wollte sie sich nur noch verstecken.
    »Liest du die Bibel, Kathleen?« Das Licht leuchtete in der dunklen, höhlenartigen Umgebung herum und erfasste sie mit seinem Strahl wie ein Scheinwerfer.
    Hastig krabbelte sie aus dem Lichtstrahl und schlug sich dabei den Kopf dermaßen heftig an etwas Hartem an, dass Sterne vor ihren Augen tanzten. Im nächsten Moment war er da, über ihr, seine Hand in ihrem Haar, und riss ihr den Kopf nach hinten.
    »Natürlich nicht. Deshalb bist du hier. ›Wenn ihr dann immer noch nicht auf mich hört, fahre ich fort, euch zu züchtigen; siebenfach züchtige ich euch für eure Sünden.‹ Levitikus, Kapitel siebenundzwanzig, Vers achtzehn.«
    Sie holte nach ihm aus, doch er hatte sich hinter sie gekniet und presste ihren Kopf nun mit nur einer Hand fast zu Boden. Dann streifte er ihr eine Art dünner Schlinge über den Kopf und zog sie fest um ihre Kehle.
    »Du musst noch mehr büßen. Und du bist bereits in der idealen Stellung dafür.«
    Ihr Schrei hallte erstickt von den steinernen Wänden wider, als er sich von hinten in sie hineinrammte. Gellte durch ihr Gehirn. Der Schmerz durchbohrte sie wie ein Messerstich, während Angst und Pein verschmolzen und sie ganz umfingen. Die Schlinge straffte sich, und vor ihren Augen tanzten dunkle Flecken, während ihre Lunge um Sauerstoff rang. Auf einmal lockerte sich die Schlinge und gestattete ihr einen kurzen, keuchenden Atemzug. Und dann zog sie sich wieder fest. Immer wieder.
    Doch das alles durchdrang nach wie vor seine Stimme. In ihrem Ohr. In ihrem Kopf. Rau und hechelnd, während er in sie stieß.
    »Sühne ist dein Weg zur Erlösung, Kathleen. Denn der Lohn der Sünde ist der Tod.«

14. Kapitel
    Es war zehn vor sechs, als Ramsey die Nummer auf dem Display ihres klingelnden Mobiltelefons musterte und beschloss, nicht dranzugehen. Eine Vorwahl aus Mississippi. Anrufe von zu Hause ließ sie fast immer auf die Mailbox gehen und quälte sich dann stunden- oder tagelang, bis sie die Kraft

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