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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
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ersten Mal gesehen habe, Honey. Es ist nur gerecht, wenn dieses Gefühl erwidert wird.«
    »Dann erzähl mir mal was über Rose Thornton.«
    Die Dämmerung hatte sich bereits auf die Straße herabgesenkt, die zum Häuschen der alten Frau führte. Sie waren später aufgebrochen, als Ramsey gehofft hatte, da das Essen so spät gekommen war, doch Dev hatte keine Gewissensbisse deswegen. Ramsey war so entspannt wie noch nie gewesen, und er war sich trotz ihrer Befürchtungen sicher, dass sie Rose zu Hause antreffen würden. Sie konnte einfach nirgendwo anders sein.
    »Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Ich habe immer nur gehört, dass sie viele Jahre verheiratet war, aber ihr Mann war längst gestorben, ehe ich zur Welt gekommen bin. Sie war schon immer grantig wie ein Waldschrat, das steht mal fest. Einmal hat sie mir ein paar Schrotkugeln in den – ähm – verlängerten Rücken gejagt, als Matt und ich auf ihrem Grundstück herumgelungert sind und Bier gesüffelt haben, das er seinem Vater aus dem Kühlschrank geklaut hatte.«
    Er spürte ihren Blick mehr, als dass er ihn sah. »Dein … verlängerter Rücken?«
    »Die Narben«, erklärte er ihr mit großer Würde, »waren mehr psychischer als physischer Natur.«
    »Kann ich mir denken.«
    Hinter dem Friedhof wurde die Straße enger, und er drosselte das Tempo. »Sie hat es nicht besonders mit Menschen, obwohl sie Leute, die medizinische Hilfe gebraucht haben, immer behandelt hat. Zumindest diejenigen, die nichts von Ärzten und Krankenhäusern hielten. Vermutlich ist sie dadurch finanziell über die Runden gekommen, und außerdem hat sie immer sehr bescheiden gelebt. Sie fährt nur einmal im Monat in die Stadt, um sich das zu holen, was sie weder selbst anpflanzen noch jagen kann.«
    »Klingt, als würde zwischen euch ziemlich böses Blut herrschen«, mutmaßte Ramsey und sah aus dem Fenster. »Ich weiß nicht, ob du mir eine große Hilfe dabei sein wirst, sie zum Reden zu bringen.«
    »Mit einer Fremden redet sie überhaupt nicht«, gab er zu bedenken. »Und selbst wenn sie keine Lust hat, mit mir zu reden, gebe ich wenigstens eine größere Zielscheibe ab, falls sie die Flinte schwenkt.«
    »Das schon«, sagte Ramsey leicht belustigt. »Aber da meine medizinischen Kenntnisse reichlich mager sind, solltest du dich lieber davor hüten, noch eine Ladung Schrot abzukriegen.«
    Er hielt vor Roses Anwesen am Straßenrand, dicht neben dem Graben. »Sie hat praktisch keine richtige Einfahrt, und ich halte es für sicherer, zu Fuß zum Haus zu gehen und zu klopfen.« Die doppelte Reifenspur, die von der Straße kam, beschrieb einen weiten Bogen um das Häuschen zu dem baufälligen Schuppen dahinter. Von hier aus konnte man nicht sagen, in was für einem Zustand die »Einfahrt« war, und Dev legte keinen Wert darauf, wichtige Teile seines Autos zu opfern, um es herauszufinden.
    »Rutsch lieber auf meiner Seite raus«, sagte er und stellte den Motor ab. »Ich will ja nicht, dass du da drüben in den Graben fällst.«
    Dev wartete, bis sie herausgekrabbelt war, ehe er die Tür zuschlug und den Wagen abschloss. Er steckte die Schlüssel ein, nahm Ramsey bei der Hand und führte sie die Reifenspuren entlang zum Haus. Die schlagartige Anspannung, die seine Geste bei ihr auslöste, blieb ihm nicht verborgen.
    »Der Weg ist ziemlich holprig«, bemerkte er beiläufig. »Keine Ahnung, was Rose zurzeit fährt, aber wahrscheinlich immer noch dieses Riesenschiff von einem Buick, den sie schon seit den Sechzigern hat. Sie fährt nicht genug, um die Zufahrt glatt zu halten.«
    Beim Näherkommen fiel ihnen auf, wie friedlich alles wirkte. Die Grillen zirpten bereits ziemlich laut, und überall blinkten Glühwürmchen. Das Haus stand auf einer weiten, überwiegend von kniehohen Gräsern bewachsenen Lichtung und war auf zwei Seiten von Wald flankiert. »Schön hier.«
    »Wenn man die Natur mag.«
    Sein Humor meldete sich zu Wort. »Wenn man die Natur mag«, stimmte er zu. »Vermutlich mag Rose vor allem die Abgeschiedenheit.«
    »Es brennt kein Licht«, sagte Ramsey und geriet im gleichen Moment ein bisschen ins Stolpern, doch er hielt sie aufrecht.
    »Ich weiß noch, wie Rose sich hier Strom hat legen lassen. Bestimmt verschwendet sie ihn nicht.« Sie standen jetzt vor der Treppe, und die dunklen Fenster ließen Dev weiterhin auf der Hut sein. Die Alte war bekannt dafür, dass sie erst schoss und dann Fragen stellte. »Am besten wartest du hier, und ich gehe hoch und klopfe. Dann sehen

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