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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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wollte Bell wissen.
    Der alte Seemann massierte sein Kinn und blickte ins Leere. »Ich schätze, zwischen den Mauern und dem Wasser dürften es einhundert Morgen sein.«
    »Einhundert Morgen.« Fast so groß wie eine Milchviehfarm im Nordwesten.
    »Und auf dem Gelände gibt es jede Menge Werkstätten, Gießereien, Paradeplätze. Außerdem«, fügte er mit einem vielsagenden Blick hinzu, »Wohnhäuser und Gärten - da, wo ich ihn ertappt habe.«
    »Was, glauben Sie, hat er dort getan?«
    John Eddison lächelte. »Ich glaube es nicht. Ich weiß es.«
    »Und was hat er dort getan?«
    »Er war in der Nähe der Offiziershäuser. Die Töchter des Kommandanten sind reizende junge Damen. Dafür haben Japaner eine Menge übrig.«

5
    Es gab Tage, an denen sogar ein Wunderkind wie Grover Lakewood froh war, nicht ins Labor gehen zu müssen und stattdessen den Kopf von den Strapazen erholen zu können, die es bedeutet, mit einem Geschütz von einem fahrenden Schiff auf ein bewegliches Ziel zu schießen. Der Feuerleit- und Geschützexperte verbrachte die meisten Tage und viele Nächte mit unzähligen Berechnungen, um die Auswirkungen von Schiffsbewegungen wie Rollen, Stampfen und Gieren auf Geschossflugbahnen zu kompensieren. Es war eine absolut faszinierende Aufgabe, die durch die Tatsache noch einen zusätzlichen Reiz gewann, dass Lakewood Methoden entwickeln musste, die es durchschnittlich Vernunftbegabten erlaubten, die Ergebnisse seiner Berechnungen mitten in der Schlacht - also während Geschütze donnerten, die See tobte und Stahlschrapnelle durch die Luft pfiffen - praktisch umzusetzen.
    In seiner Freizeit beschäftigte er sich mit futuristischen Formeln, um den Effekt des Gierens - wobei er von der Vorstellung ausging, dass seine Schiffe in Fahrtrichtung und nicht Breitseite feuerten - auszugleichen, und versuchte gleichzeitig, die zunehmende Reichweite der Großgeschütze und die erheblich flacheren Flugbahnen von Hochgeschwindigkeitsgeschossen in seinen Berechnungen zu berücksichtigen. Manchmal musste er sich wie ein Salzstreuer auf den Kopf stellen, um sein Gehirn zu leeren.
    Das Felsklettern bot ihm diese Möglichkeit.
    Ein Klettertag begann gewöhnlich mit einer Eisenbahnfahrt nach Ridgefield, Connecticut, und einer anschließenden Fahrt mit einem gemieteten Ford-Automobil über die Staatsgrenze von New York und noch weiter ins ländliche Westchester hinein. Danach folgte ein zwei Meilen langer Fußmarsch zu einem abgelegenen Hügel namens Agar Mountain, und am Ende wartete eine mühsame Kletterpartie über eine nahezu senkrechte Felswand zum Gipfel einer Felsformation. Die Zugfahrt bot ihm die Möglichkeit, zwei Stunden lang untätig aus dem Fenster zu schauen und zu verfolgen, wie die anfangs städtisch geprägte Umgebung allmählich in Farmland überging. Der Trip mit dem Auto über die ausgefahrenen Landstraßen erforderte seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Der Fußmarsch füllte seine Lunge mit frischer Luft und brachte sein Blut in Wallung. Die Kletterpartie selbst nahm seine gesamte Konzentration in Anspruch, um einen Fehltritt oder falschen Griff zu vermeiden, die unweigerlich zur Folge gehabt hätten, dass er abstürzte und sich das Genick brach.
    Dieses für den Frühlingsbeginn ungewöhnlich warme Wochenende hatte zahlreiche Wanderer und Spaziergänger in den Naturpark hinausgelockt. Mit Tweedjacke, Knickerbocker und Bergschuhen zünftig gekleidet, überholte Lakewood mit langen Schritten eine ältere Dame bei ihrem Gesundheitsspaziergang, wechselte mit mehreren Wanderern ein herzliches »Guten Morgen« und beobachtete mit einem Anflug von Sehnsucht ein Hand in Hand dahinschlenderndes Liebespaar.
    Lakewood sah recht gut aus, hatte eine sportliche Figur und lachte gern, aber sechs oder sieben Tage in der Woche zu arbeiten - wobei er die Nächte häufig auf einer Pritsche im Labor verbrachte - machte es ihm nicht gerade leicht, junge Frauen kennenzulernen. Und aus irgendeinem Grund fand er die Nichten und Töchter, die die Frauen der älteren Techniker anschleppten, um sie mit ihm bekannt zu machen, nicht besonders reizvoll. Gewöhnlich machte es ihm aber nichts aus. Er war viel zu beschäftigt, um sich einsam zu fühlen; doch ab und zu, wenn ihm ein junges Paar begegnete, wünschte er sich, eines Tages auch ein solches Glück zu finden.
    Er wanderte tiefer in den Naturpark hinein, bis er auf einen Weg durch einen dichten Wald stieß, auf dem er offenbar vollkommen allein war. Als er ein Stück voraus eine

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