Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
Vom Netzwerk:
als plötzlich jeder Mann in dem riesigen Hüttenwerk die Flucht ergriff. Arbeiter von den anderen Hochöfen eilten zum Schauplatz der tödlichen Katastrophe und schoben Wagen und Karren als behelfsmäßige Krankenbahren vor sich her, um die Verwundeten abzutransportieren. Selbst die Wachmänner, die das Fabriktor Sieherten, ignorierten Hans und schauten neugierig in die Richtung, aus der er gekommen war.
    Der Deutsche drehte sich um. Flammen schössen in den nächtlichen Himmel. Die Gebäude rings um den Hochofen lagen in Trümmern. Mauern waren geborsten, Dächer eingestürzt, und überall sah er Feuer.
    Schließlich stieß er einen lauten Fluch aus, verblüfft über das Maß an Zerstörung, das er bewirkt hatte.
    Am nächsten Morgen, nicht mehr in Arbeiterkleidung, sondern in einem schlichten schwarzen Anzug und erschöpft nach einer schlaflosen Nacht, weil ihm die zahlreichen Toten nicht aus dem Kopf gehen wollten, stieg Hans in der National Mall Station in Washington, D. C., aus einem Zug. Vor einem Zeitungsstand blieb er kurz stehen und suchte nach Schlagzeilen über den Unfall. Er fand keine einzige. Die Stahlproduktion war ein gefährliches Gewerbe. Täglich kamen dabei Arbeiter ums Leben. Nur die Lokalblätter in den Fabrikstädten machten sich die Mühe, die Toten aufzulisten - und dann wurden für die Leser, die des Englischen mächtig waren, oft nur die Namen der Vorarbeiter genannt.
    Er nahm eine Fähre nach Alexandria, Virginia, und eilte über den Hafenkai zum Lagerhausbereich. Der Spion, der ihn ins Stahlwerk geschickt hatte, erwartete ihn bereits in seinem Büro voller altmodischer, ausrangierter Waffen.
    Aufmerksam hörte er sich Hans' Bericht an. Dabei stellte er gelegentlich Fragen nach den Substanzen, die Chad Gordon dem Eisenerz hinzugefügt hatte. Sachkundig und geschickt entlockte er Hans Details, die dem Deutschen während seiner Mission gar nicht aufgefallen waren.
    Anschließend war der Spion des Lobes voll und bezahlte in bar, was er versprochen hatte.
    »Ich habe es nicht wegen des Geldes getan«, beteuerte der Deutsche, während er sich das Honorar in die Tasche steckte.
    »Natürlich nicht.«
    »Ich habe es getan, weil sich, wenn der Krieg ausbricht, die Amerikaner mit den Engländern verbünden.«
    »Das steht wohl außer Zweifel. Die Demokratien hassen Deutschland.«
    »Aber das Töten gefällt mir nicht«, protestierte Hans, Als er in die Linse des alten Schlachtschiff-Suchscheinwerfers hinter dem Schreibtisch des Spions blickte, kam ihm das Spiegelbild seines Gesichts wie ein Totenschädel vor.
    Der Spion sorgte bei Hans für eine Überraschung, als er in einem hamburgisch gefärbten Deutsch antwortete. Hans hatte angenommen, dass der Mann Amerikaner war, so perfekt hatte sich sein Englisch angehört. Stattdessen redete er jetzt wie ein Landsmann. »Sie hatten keine Wahl, mein Freund. Chad Gordons Panzerplatten hätten den feindlichen Schiffen einen unfairen Vorteil verschafft. Schon bald werden die Amerikaner Großkampfschiffe, sogenannte Dreadnoughts, vom Stapel laufen lassen. Möchten Sie denn wirklich, dass eins dieser Ungetüme deutsche Schiffe versenkt? Deutsche Seeleute tötet? Deutsche Häfen in Trümmer schießt?«
    »Sie haben recht, mein Herr«, antwortete Hans. »Natürlich nicht.«
    Der Spion lächelte, als habe er volles Verständnis für Hans' moralische Bedenken. Aber im Innern lachte er. Gott segne diese simplen Deutschen, dachte er. Ganz gleich, wie erfolgreich ihre industrielle Entwicklung verlief, ganz gleich, wie stark ihre Armee war, ganz gleich, wie modern ihre Marine war ... und egal, wie laut der Kaiser tönte: »Mein Feld ist die Welt«, sie glaubten trotzdem dauernd, völlig unbedeutend zu sein und sich unbedingt beweisen zu müssen.
    Diese ständige Sorge, immer nur an zweiter Stelle zu rangieren, immer nur die Zweitbesten zu sein, machte es einem leicht, sie zu kontrollieren und zu steuern.
    Ihr Feld ist die Welt, Herr Kaiser? Von wegen. Ihr Feld ist voller Schafe.

4
    »Es war ein Chinese«, sagte Marine Lance Corporal Black, zog an seiner Zwei-Dollar-Zigarre und stieß eine dicke Rauchwolke aus.
    »Wenn Sie der Rentner-Patrouille glauben«, meinte Soldat Little und blies die Backen auf.
    »Er meint die Nachtwächter.«
    Isaac Bell signalisierte mit einem Kopfnicken, dass er wusste, dass mit Rentner-Patrouille die Pensionäre gemeint waren, die als Nachwächter engagiert worden waren, um die Marinewerft von unbefugten Besuchern frei zu halten, während

Weitere Kostenlose Bücher