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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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die Marineinfanteristen, oder kurz Marines, selbst die Tore bewachten.
    Er und die kräftigen jungen Ledernacken saßen an einem runden Tisch in O'Leary's Saloon in der E Street. Sie waren großmütig über ihre vorherige Begegnung hinweggegangen und hatten nach nur einer Runde Getränke Beils kämpferische Fähigkeiten aufrichtig gelobt und ihm blau geschlagene Augen und lockere Zähne verziehen. Auf Beils Einladung hin hatten sie ein kräftiges Mittagessen aus Steaks, Kartoffeln und Apfelkuchen eingenommen. Jetzt, mit Whisky gläsern in bequemer Reichweite und umwabert von dem blauen Qualm aus Beils Havannas, entpuppten sie sich als außerordentlich redselig.
    Ihr Kommandant, so erzählten sie ihm, habe eine Liste angefordert, auf der jeder eingetragen war, der in der Nacht, als Arthur Langner starb, die Tore benutzt hatte. Kein Name hatte irgendeinen Verdacht geweckt. Bell würde Van Dorn bitten, einen Blick auf diese Liste zu werfen, um sicherzugehen, dass die Einschätzung des Kommandanten zutraf.
    Ein Nachtwächter hatte einen Eindringling gemeldet. Der Bericht war jedoch nicht einmal bis zum Kommandanten gelangt und in der Befehlskette lediglich bis zum Sergeant der Torwache vorgedrungen, der ihn als Unfug verworfen hatte.
    Bell fragte: »Wenn zuträfe, was die Rentner-Patrouille gemeldet hat, weshalb sollte dann Ihrer Meinung nach ein Chinese in die Navy-Werft einbrechen wollen?«
    »Um etwas zu stehlen.«
    »Oder wegen der Mädchen.«
    »Welcher Mädchen?«
    »Wegen der Töchter des Kommandanten. Sie wohnen innerhalb der Werft.«
    Soldat Little vergewisserte sich, dass niemand mithörte. Der einzige Gast in ihrer Nähe lag auf dem Fußboden und schnarchte. »Der Kommandant hat zwei Schönheiten, die ich auch mal gerne näher kennenlernen würde.«
    »Ich verstehe«, sagte Bell und unterdrückte ein Lächeln. Die Vorstellung von einem liebestollen Chinesen, der in eine amerikanische Marinebasis eindringt, indem er über eine drei Meter hohe Mauer klettert, die an jedem Tor von Marineinfanteristen und Nachtwächtern bewacht wurde, erschien ihm nicht gerade als ein Erfolg versprechender Ansatz für eine eingehende Untersuchung. Aber, so sagte er sich, während ein Detektiv stets skeptisch sein musste, verwarf der kluge Skeptiker keine Möglichkeit, ohne sie vorher einer eingehenden Betrachtung zu unterziehen. »Wer«, fragte er, »war dieser alte Nachtwächter, der Ihnen das erzählt hat?« »Er hat es nicht uns erzählt, sondern dem Sergeant.«
    »Er heißt Eddison«, sagte Black.
    »Big John Eddison«, fügte Little hinzu.
    »Wie alt ist er?«
    »Er sieht aus wie einhundert.«
    »Ein großer alter Mann. Fast genauso groß wie Sie, Mr Bell.«
    »Wo kann ich ihn finden?«
    »Es gibt da eine Pension, in der die alten Seebären wohnen.«
    Bell fand Eddisons Unterkunft in der F Street, nur einen Steinwurf von der Werft entfernt. Sie hatte eine Vorderveranda voller Schaukelstühle, die an diesem kalten Nachmittag jedoch allesamt unbenutzt waren. Er ging hinein und sprach mit der Pensionswirtin, die soeben den Tisch fürs Abendessen deckte. Sie hatte einen ausgeprägten Südstaatenakzent und trotz der in langen Jahren harter Arbeit erworbenen zahlreichen Falten immer noch ein attraktives Gesicht.
    »Mr Eddison?«, wiederholte sie gedehnt. »Das ist ein guter alter Mann. Mit ihm gab es niemals Ärger ... so wie mit einigen anderen seiner Kollegen.«
    »Ist er zu sprechen?«
    »Mr Eddison schläft immer lange, da er nachts arbeitet.«
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich warte?«, fragte Bell mit einem Lächeln, das seine gleichmäßigen Zähne aufblitzen ließ und ein Leuchten in seine blauen Augen zauberte.
    Die Pensionswirtin strich sich eine graue Haarsträhne aus dem Gesicht und erwiderte das Lächeln. »Ich bringe Ihnen eine Tasse Kaffee.«
    »Machen Sie sich keine Mühe.«
    »Es ist keine Mühe, Mr Bell. Sie sind hier praktisch im Süden. Meine Mutter würde sich im Grab umdrehen, wenn sie erführe, dass ich einen Gentleman in meinem Salon ohne eine Tasse Kaffee sitzen ließe.«
    Eine Viertelstunde später konnte Bell, ohne zu übertreiben, teststellen: »Dies ist der beste Kaffee, den ich getrunken habe, seit mich meine Mutter in Wien - in Österreich - in eine Konditorei mitnahm. Und damals war ich noch ein Dreikäsehoch.«
    »Nun, wissen Sie, was ich mir gedacht habe? Ich brühe eine frische Kanne auf und frage Mr Eddison, ob er nicht Lust hat, Ihnen dabei Gesellschaft zu leisten.«
    John Eddison

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