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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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Bewegung zwischen den Bäumen wahrnahm, war er enttäuscht, weil er gehofft hatte, die Felswand für sich zu haben und sich ausschließlich darauf konzentrieren zu können, sie friedlich und in aller Ruhe zu ersteigen.
    Die Person vor ihm hielt an und setzte sich auf einen umgestürzten Baumstamm. Als er näher kam, sah er, dass es eine junge Frau war - dabei zierlich und sehr hübsch - und ebenso wie er ausstaffiert mit einem zünftigen Kletterdress aus Knickerbocker und Schnürschuhen. Rotes Haar quoll unter ihrem breitkrempigen Hut hervor. Als sie den Kopf abrupt zu ihm umdrehte, blitzte ihr Haar im Sonnenschein so hell auf wie eine explodierende Mörsergranate.
    Sie sah wie eine Irin aus, papierweiße Haut, eine kleine, leicht nach oben gebogene Nase, ein übermütiges Lächeln und funkelnde blaue Augen. Er erinnerte sich plötzlich, ihr schon einmal begegnet zu sein ... im vergangenen Sommer ... Wie war noch ihr Name? Mal überlegen, wo er sie gesehen hatte ... Ja! Während des Betriebsausflugs, veranstaltet von Captain Lowell Falconer, dem Helden des Spanisch-Amerikanischen Krieges, dem Lakewood regelmäßig die Fortschritte bei der Entwicklung seiner Zielsysteme meldete.
    Wie lautete ihr Name?
    Er war jetzt nahe genug herangekommen, um zu winken und Hallo zu sagen. Sie beobachtete ihn mit ihrem übermütigen Lächeln, und in ihren Augen lag ein Aufleuchten des Erkennens. Obgleich sie genauso verwirrt und ratlos dreinschaute, wie er sich fühlte.
    »Wie nett, Sie hier zu treffen«, rief sie zögernd.
    »Hallo«, sagte Lakewood.
    »Haben wir uns das letzte Mal nicht irgendwo an der Küste gesehen?«
    »Vor Fire Island«, bestätigte Lakewood. »Bei Captain Falconers Muschelfest.«
    »Natürlich«, sagte sie und klang erleichtert. »Ich wusste doch, dass ich Sie irgendwoher kenne.«
    Lakewood kramte in seiner Erinnerung und feuerte sich an: Lakewood, streng dich an! Wenn du von einem Schiff aus, das in drei Meter hohen Brechern rollt, mit einer fünfhundert Pfund schweren Zwölf-Zoll-Granate ein Großkampfschiff treffen kannst, das mit sechzehn Knoten unterwegs ist, dann müsstest du dich auch an den Namen dieses reizenden Gibson Girls erinnern, das dich gerade so erwartungsvoll anlächelt.
    »Miss Dee«, sagte er und schnippte mit den Fingern. »Katherine Dee.« Und dann, weil seine Mutter ihn anständig erzogen hatte, zog er den Hut, streckte eine Hand aus und sagte: »Grover Lakewood. Wie schön, Sie wiederzusehen.«
    Als ihr Lächeln in ein Strahlen des Wiedererkennens überging, schien sich das Leuchten ihres Haars in ihre Augen zu verlagern. Lakewood kam sich vor, als wäre er gestorben und geradewegs in den Himmel aufgestiegen. »Was für ein wunderbarer Zufall!«, sagte sie. »Was machen Sie denn hier?«
    »Bergsteigen«, sagte Lakewood. »In Felswänden herumklettern.«
    Sie starrte ihn mit einem Ausdruck ungläubigen Erstaunens an. »Also das nenne ich wirklich einen Zufall.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Genau aus diesem Grund bin ich auch hier. Oben, am Ende des Weges, befindet sich eine Felswand, die ich besteigen möchte.« Sie hob eine Augenbraue, die so hell war, dass sie beinahe unsichtbar erschien. »Sind Sie mir etwa hierher gefolgt?«
    »Wie bitte?« Lakewood errötete und begann zu stottern. »Nein, ich ...«
    Katherine Dee lachte. »Das war nur ein Scherz. Ich habe nicht ernsthaft angenommen, dass Sie mir gefolgt seien. Woher hätten Sie auch wissen sollen, wo Sie mich finden? Nein, es ist wirklich ein vollkommener Zufall.« Abermals legte sie den Kopf auf die Seite. »Oder eigentlich auch nicht... Erinnern Sie sich noch, worüber wir uns während des Muschelessens unterhalten haben?«
    Lakewood nickte. Sie hatten sich damals nicht so intensiv unterhalten, wie er es sich gerne gewünscht hätte. Sie hatte anscheinend jeden der Anwesenden auf der Jacht des Captains gekannt und war von einem zum anderen geflattert, ihr Mund hatte nicht stillgestanden. Aber er erinnerte sich. »Wir waren uns darin einig, dass wir beide die freie Natur lieben und uns gerne unter freiem Himmel aufhalten.«
    »Obwohl ich wegen der Sonne einen Hut tragen muss, weil meine Haut so blass und empfindlich ist.«
    An jenem sommerlichen Tag war noch viel mehr von der blassen Haut zu sehen gewesen. Lakewood erinnerte sich an runde, kräftige Arme, die fast bis zu den Schultern entblößt gewesen waren, und an ihren anmutigen Hals, an ihre Fußknöchel.
    »Sollen wir?«, fragte sie.
    »Was?«
    »Zusammen klettern?«
    »Ja!

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