Blutorangen
Nummer.«
Ich kam noch zweimal während des Einräumens auf diese Karte zurück. Ich nahm sie ein drittes Mal auf, setzte mich an meine Küchenbar und blickte auf den Vogelkalender des nächsten Jahres. Das Januarbild zeigte einen Brachvogel mit langem Schnabel, der im Wasser stand. Bei uns in der Bucht gibt es die auch. Ihr Ruf klingt wie Br-raahh.
Ich schaute mir die Karte noch einmal an und dachte mir, sie sei von Patricia.
Ich konnte ins Labor gehen und sie auf Fingerabdrücke untersuchen. Aber das wäre nur sinnvoll, wenn wir die Fingerabdrücke von Patricia hätten. Wie groß sind die Chancen? Dann dachte ich, wenn sie eine Tätowierung hat und schon mal mit einem Verbrecher zusammen war, vielleicht ...
Polizisten überprüfen alles: die Ehefrau, die Freundin, die Freundin des Sohnes, den Freund der Tochter, den neuen Geschäftspartner. Wenn man ein Polizist ist, dann wird man für seine Paranoia bezahlt.
Aber es war sechs Uhr abends und ich wußte, daß Betty und die anderen in der Abteilung schon nach Hause gegangen waren, und ich wollte nicht an ihren Computern herumwurschteln. Wahrscheinlich hatten sie ihr Codewort seit meinem letzten Gebrauch schon hundertmal verändert.
Ich steckte die Postkarte in einen Briefumschlag und dann in meine Handtasche, stieg in mein Auto und fuhr nach Huntington Beach, um zu sehen, ob Patricias Auto dort stand oder um ihre Vermieterin noch ein wenig zu ärgern.
»Ich weiß nichts über sie und ich werde nicht gerne abends gestört«, sagte sie. Lawrence Welks Familie sang gerade im Fernsehen »Walking in a Winter Wonderland«, als sie die Türe zumachte.
Als ich am Freitagmorgen ins Labor kam, rief ich Patricia bei der Arbeit an.
»Sie arbeitet hier nicht mehr«, sagte mir eine Frau.
»Seit wann?«
»Ich weiß nicht. Dies ist erst mein dritter Tag hier.« Hinter ihr klingelten Telefone.
Letzte Chance. Ich fragte: »Könnte ich mit Annabel Diehl sprechen?«
»Mit wem?« fragte sie.
Ich wiederholte den Namen langsam und buchstabierte den Nachnamen so, wie ich dachte, daß er geschrieben würde. Die Frau ließ mich warten. Als sie zurückkam, fragte sie mich nochmal, wen ich sprechen wollte, und dann sagte sie, während im Hintergrund Telefone klingelten: »Hier arbeitet niemand mit diesem Namen.«
Auf dem Weg zu Stus Büro sah ich Bud Peterson auf dem Gang und fragte, ob ich etwas auf Fingerabdrücke testen könnte. Er sagte: »Das kannst du, aber ich hoffe, daß du es nicht so bald brauchst.«
»Eigentlich brauche ich es bald.«
»Alles Mist. Sie haben sich ausgerechnet diese Woche ausgesucht, um einen Betatest mit dem Karteisystem zu machen«, sagte er. Es sprach von einem Programm, das Verbrecherfotos gespeichert hatte, und das alle anderen in den Schatten stellte. »Jeder hat nur drei Stunden Zugang.«
»Du machst Witze.«
»Ich mache keine Witze«, sagte er und ging weg. Sein für gewöhnlich ausdrucksloses Gesicht wurde von einem panischen Blick ersetzt. Er wollte ihn, jetzt hatte er ihn, seinen Sprung auf der Karriereleiter.
Stu Hollings war nicht gerade begeistert. Das einzige war, daß ich seit vier Jahren im Labor tätig war und erst vier der mir zustehenden acht Wochen Urlaub verbraucht hatte. Er hatte mir als er neu war, gesagt, daß ich unbedingt meinen Resturlaub aufbrauchen sollte — das sei die neue Politik der Abteilung. Jetzt sagte er mir, daß ich schon sechs Wochen Urlaub in diesem Jahr gehabt hätte. Meine Operation sah ich mich nicht genötigt zu verteidigen. Ich stand einfach da und wartete ab. Und dann sagte er: »Vor einiger Zeit haben Sie einen halben Tag Urlaub genommen, wenn ich mich recht erinnere.« Er blätterte in einem blauen Ringbuch.
»Sie brauchen nicht zu suchen«, sagte ich. »Sie haben recht, ich nahm Urlaub.« Er sah mich an und wartete. »Dies ist ein Notfall. Ich brauche die Zeit. Ich würde nicht darum bitten, wenn ich sie nicht bräuchte.«
»Ein Familiennotfall? Dann natürlich.«
»Nein, es ist kein Familiennotfall. Ich möchte keine Entschuldigungen machen. Warum können wir nicht einfach sagen, daß es ein Notfall persönlicher Art ist? Was ist der Unterschied zwischen einer Familienangelegenheit, einer Operation und einem UFO, Stu? Schauen Sie sich meine Krankmeldungen an. Sie werden sehen, daß ich nicht leichtfertig der Arbeit fern bleibe.«
Ich sagte das sehr freundlich, lächelnd und meinte: »Kommen Sie, lassen Sie uns vernünftig sein.«
Beide Hände hatte er auf dem Tisch neben dem Ordner
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