Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
hinter Bäumen und Felsen verschwinden sah. Im Gegensatz zu den Schädelreitern kannte er diese Gegend gut genug, um zu wissen, dass sich auch später keine Möglichkeit mehr bot, ihnen den Weg abzuschneiden.
Jedenfalls nicht, ohne aus dem Sattel zu steigen. Und berittene Krieger, das wusste er von seinem Vater, scheuten nichts so sehr, als zu Fuß zu gehen oder gar zu Fuß zu kämpfen.
Zufrieden lehnte er sich mit dem breiten Rücken gegen den schroffen Fels und sah nach Westen, wo sich das untere Rund der gleißenden Sonne bereits dem Horizont näherte.
»Wenn wir es bis in den Schutz der Dunkelheit schaffen, entwischen wir ihnen wie ein Lichtstrahl dem Fischernetz«, sprach er ins Leere, als dächte er nur laut nach, bevor er sich abrupt zu Feene umwandte und lauernd fragte: »Oder hast du etwa Angst, im Dunkeln weiterzulaufen?«
Neben ihren kniehohen Stiefeln hatte Feene noch ein leichtes Schwert der Wolfshäuter, einen Köcher voller Pfeile und einen der handlichen Bögen an sich genommen. So, wie sie diese Waffen die ganze Zeit über behandelte, wusste sie durchaus damit umzugehen.
»Angst?« Ihr Lächeln entblößte zwei ebenmäßige Zahnreihen, die perlweiß glänzten. »Ich wüsste nicht, vor wem.«
»Vor denen, die dein Kind stehlen wollen«, brachte er in Erinnerung.
Zuerst erstarb ihr Lächeln, dann wurde das spöttische Funkeln in ihren Augen durch etwas Dunkles, Finsteres ersetzt, das ihre gefährliche Seite offenbarte. Dieser Sinneswandel war echt, das spürte er genau. Aber so viel anderes an ihr und ihrer Gefangenschaft auf Grimmstein kam ihm einfach falsch vor. Angefangen bei den wohlgenährten Wolfshäutern, die nicht wirklich verlaust gewesen waren, sondern sich nur rasch mit Schlamm eingeschmiert hatten.
»Sie nehmen euch wirklich all eure Kinder?«, fragte er, weil er immer noch nicht glauben konnte, was sie ihm unterwegs erzählt hatte.
»Ja.« Feenes Stimme klang plötzlich kalt wie Stahl. »Der König kennt in diesem Punkt keine Gnade.«
»Und trotzdem unterwerft ihr euch Gothar und lasst alles mit euch machen?« Urok schüttelte den Kopf. »Was für ein ehrloses und kriecherisches Volk ihr Elfen doch seid.«
Feenes Gestalt spannte sich bei diesen Worten.
»Du natürlich ausgenommen«, fügte er hinzu, als ihre Rechte zu dem Schwertgriff an ihrer Hüfte wanderte. »Du hast dich ja zur Wehr gesetzt.«
»Ebenso wie mein Gefährte.« Feene griff wieder zu dem Bogen, der über ihren Knien lag, doch ihr Blick richtete sich ins Leere, als gäbe es irgendwo am Horizont etwas zu sehen, das nur sie allein erkennen konnte. »Die anderen haben ihn dafür erschlagen.«
Ihre Stimme klang belegt, ansonsten wirkte sie vollkommen beherrscht. Kein bisschen hysterisch, keifend oder überdreht, so wie Gabor Elfenfresser immer ihresgleichen beschrieben hatte. Gabors trunkenem Geschwätz konnte man einfach nicht trauen, ebenso wenig wie dem Gerede der anderen Veteranen.
»Hast du lange in Sangor gelebt?«
»Seit ich Legionärin bin«, antwortete Feene, immer noch entrückt in die Ferne starrend. »Aufgezogen und ausgebildet wurde ich in Ragon.«
Urok überlegte kurz, ob er ihr Ragmars Zauberschrift zeigen sollte, doch ein über sie hinwegstreichender Schatten ließ ihn in die Höhe blicken. Goldschimmerndes Gefieder bestätigte seinen Verdacht. Tatsächlich, schon wieder diese elende Taube!
»Schnell«, zischte er Feene zu. »Schieß das Drecksvieh ab!«
»Bitte?«
Er wiederholte seine Forderung, doch für eine, die angeblich zur Legion der Toten gehörte, gab sich Feene reichlich begriffsstutzig.
Wütend langte er nach ihrem Bogen, um den Vogel selbst vom Himmel zu holen, doch Feene gab die Waffe nicht her.
Noch während beide an ihr zerrten, brachte sich die Taube mit raschen Flügelschlägen außer Reichweite und flog Richtung Osten davon.
»Warum bist du bloß so wütend?«, wollte Feene wissen. »Du tust ja gerade so, als ob sie dir auf den Kopf geschissen hätte.«
Ihr anschließendes Gelächter klang eine Spur zu schrill, um wirklich echt zu sein, außerdem schlich sich ein falscher Glanz in ihre leuchtend blauen Augen.
»Dieses Drecksvieh hat mir schon beim ersten Anblick missfallen«, antwortete Urok böse knurrend. »Außerdem kreuzt es eindeutig zu oft meinen Weg. Beim nächsten Mal verpasst du ihm einen Pfeil, oder ich nehme dir den Bogen ab.«
Auf Grimmstein
»Feene, dieses verdammte Aas!« Thannos kniete immer noch am Boden und rieb seinen schmerzenden Hals, während
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