Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
Geist nicht öffnet, kann viele Ursachen haben. Euer Bruder …«
»… ist ein Halunke, der gern sein eigenes Süppchen kocht«, unterbrach der Herzog rüde. »Unternehmt also alles in Eurer Macht Stehende, um zu erfahren, was in Arakia vor sich geht. Unser Unternehmen steht an einem entscheidenden Punkt. König Gothar vertraut darauf, dass ich mich nicht mit Versagern abgebe. Zwingt mich also nicht, nach einem besseren Zirkel Ausschau zu halten. Ich könnte sonst auf die Idee kommen, ihn auch auf euch anzusetzen.«
Kunar ließ die Hände in den weiten Ärmeln seines dünnen Umhangs verschwinden, um den Anflug eines Zitterns zu verbergen. Seine Miene hatte er nun wieder besser im Griff, doch der Herzog verstand es, auch die leisesten Spuren von Angst zu erkennen, und im Gesicht des Magiers waren sie für ihn eindeutig zu sehen.
»Es gibt keinen Grund, an unseren Fähigkeiten zu zweifeln«, begehrte Kunar auf, verstummte aber abrupt, als ihm sein Klient mit einer herrischen Handbewegung das Wort abschnitt und ihn fortschickte.
Während sich der Magier auf leisen Sohlen davonstahl, blieb der Herzog in Gedanken versunken stehen. War es wirklich möglich, dass ihn sein Bruder hintergehen wollte? Gierig genug dafür war er, aber war er auch dermaßen dumm? Eigentlich nicht.
Trotzdem – er sollte sich gegen das Schlimmste wappnen.
Der Herzog schnippte mit den Fingern, und der kurze Laut hallte noch von den hohen Wänden wider, als ein Diener hinter einer Marmorsäule hervortrat und nahezu unhörbar auf ihn zueilte.
»Was wünscht Ihr, Herr?«, bot er sich unterwürfig an.
»Begib dich rasch ins Quartier der Legion«, verlangte der Herzog. »Schaff mir Todbringer herbei, und zwar so schnell wie möglich.«
Todbringer. Allein die Nennung des Namens ließ den Diener leicht zusammenfahren. Doch obwohl er sich fürchtete, die gewünschte Person herbeizuzitieren, wagte er nicht den geringsten Widerspruch, sondern nickte nur eilfertig und stahl sich davon.
Beide Hände in die Hüften gestemmt, sah ihm der Herzog nach.
Mit dem, was als Nächstes anstand, durfte er keinen Diener beauftragen. Das musste er schon selber erledigen.
Nachdenklich rieb er über das am Morgen rasierte Kinn, das schon wieder einen dunklen Schatten aufwies, und machte sich dann auf den Weg.
Hinauf in die Schwebende Festung. Zu König Gothar. Das Schicksal Arakias besiegeln.
Über den Dächern
Die Stimmung im Basar war gekippt. Um das zu erkennen, genügte ein kurzer Blick in die Gasse. Überall standen Händler vor ihren Geschäften und reckten neugierig die Hälse, dabei konnte sich der Tod der Schädelreiter noch gar nicht bis zu ihnen herumgesprochen haben.
»Schneller!«, trieb Benir seine Gefährtin an, obwohl sie ihm ein gutes Stück vorauseilte. »Ich fürchte, da ist etwas Größeres im Gange.«
Erbostes Geschrei aus einem gegenüberliegenden Innenhof bestätigte die Vermutung. Gleich darauf erklang entsetztes Kreischen. Benir kannte die Tonlage. So schrie eine Frau, die mit ansehen musste, wie ihrem Liebsten oder dem eigenen Kind Gewalt angetan wurde.
Nera setzte gerade zu einem Sprung auf ein tiefer gelegenes Dach an. Obwohl die Frucht ihres Leibes schon kräftig angewachsen war, wirkte Nera von hinten so schlank und grazil wie eh und je. Geschickt stieß sie sich mit dem rechten Fuß von der steinernen Umfassung ab und überwand die unter ihr klaffende Häuserschlucht mit einem kräftigen Satz.
Zunächst verlief die Sprungbahn ganz normal. Erst oberhalb des gegenüberliegenden Dachs, als sie plötzlich, wie von unsichtbaren Händen gehalten, mitten in der Luft verharrte, um dann ganz langsam abzusinken, wurde deutlich, dass sie den Atem des Himmels nutzte, um sich und das Ungeborene zu schonen.
Benir folgte ihr auf gleiche Weise.
Lautlos kam er neben Nera auf, langte nach ihrem Arm und eilte mit ihr weiter. Ein aufgemauerter, von einer zwiebelförmigen Spitze gekrönter Treppenaufgang lockte mit seinem Schutz, doch Benir rüttelte vergeblich an der eisernen Tür.
Verschlossen. Natürlich.
Doch sie mussten von den Dächern verschwinden. Wegen des ganzen Lärms war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die ersten Lichtbringer nach dem Rechten sahen.
Gemeinsam suchten sie den Himmel ab, ohne etwas Verdächtiges zu entdecken.
»Zur Vorderfront«, flüsterte Nera, ebenso begierig darauf wie er zu erfahren, was im Basar vor sich ging.
Als sie näher kamen, flatterte ein Möwenpärchen in die Höhe, der eine Vogel noch
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