Blutorks 3 - Blutorks 3
Lügner. Sie starrte weiterhin böse auf ihn hinab, bis er sich unter ihrem durchdringenden Blick zu winden begann.
»Nimm es uns nicht übel«, bat er verzweifelt. »Vielleicht liegt es auch daran, dass wir unter Ulkes Führung so vieles verschweigen mussten, dass uns diese Heimlichkeit in Fleisch und Blut übergegangen ist. Aber es kann nicht schlecht sein, was ich getan habe. Schließlich hat das Blut der Erde meinen Ruf erhört, und das geschieht wirklich nur ganz selten.«
Er deutete auf das Trugbild, das endgültig verblasste. Dass es auf seinen Wunsch hin erschienen war, zeigte, dass er über größere Kräfte verfügte, als sie ihm bisher zugetraut hatte. Aber das interessierte sie zurzeit nicht. Ihr war etwas ganz anderes wichtig.
»Was verschweigt ihr mir noch?«, fragte Ursa kalt.
»Nicht viel«, entgegnete er kleinlaut. »Eigentlich wissen wir auch nur das, was Ulke im Laufe der Zeit so herausgerutscht ist. Die meisten Geheimnisse hat er mit in den Tod genommen.«
»Was ihr noch verschweigt, will ich wissen!« Sie spürte genau, dass es da noch etwas gab. Eine unangenehme Wahrheit, die er mit aller Macht vor ihr verbergen wollte.
»Nur dass Orks und Hellhäuter gemeinsam Raams Festung stürmen wollten«, erklärte er stockend. »Kurz bevor es zu Vurans Sündenfall kam!«
Vurans Sündenfall? Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass Moa etwas Ähnliches aufgeschnappt hatte, doch wenn, dann wäre sie sicherlich nicht davon ausgegangen, dass es sich bei diesem Vuran um den Feuergott der Blutorks handelte.
Finskes fast beiläufiges Geständnis raubte ihr kurz den Atem, und der Schock traf sie so tief, dass sie einen Herzschlag lang jede Kontrolle über ihren Körper verlor. Prompt sackte sie in die Tiefe, stieß mit ihren Stiefeln auf den Boden und knickte in den Kniekehlen ein.
Finske stürzte sofort zu ihr, um sie aufzufangen, doch sie wischte seine hilfreich ausgestreckten Hände wütend zur Seite. Sie wollte lieber zu Boden schlagen, als sich von ihm stützen zu lassen.
Zum Glück gelang es ihr gerade noch rechtzeitig, die Kraft des Blutes wieder aufzunehmen, bevor sie gänzlich eingeknickt wäre. Sofort gewann sie erneut an Höhe, bis sie mit den Stiefelspitzen zwei Fingerbreit über dem Boden schwebte.
Finske starrte unterdessen entsetzt auf seine Hände, als ob sie in Flammen stünden. Ihr Hieb konnte ihn nicht ernstlich verletzt haben. Nein, es war ihre Abweisung, die ihn so sehr schmerzte.
»Das ist der Grund, warum wir unser Wissen geheim halten mussten«, sagte er leise, ohne sie dabei anzusehen. »Weil die Wahrheit das Dunkelste und Böseste in uns Orks zutage gefördert hätte.«
Ihre harsche Reaktion tat Ursa plötzlich leid. Sie wusste selbst nicht, warum sie so erzürnt gewesen war. Vielleicht aus der instinktiv aufgeflammten Furcht heraus, die sie beim Einknicken überkommen hatte. Weil sie nicht wieder verlieren wollte, was sie in den letzten Tagen so sehr zu schätzen gelernt hatte.
Ihre Beweglichkeit.
»Sündenfall«, murmelte sie nachdenklich. »Was ist damit gemeint? Was hat sich Vuran zuschulden kommen lassen?«
»Keine Ahnung.« Finske hob die Schultern. »Ulke wollte nie etwas darüber verlauten lassen.«
Noch während er sprach, stieg hinter ihm eine dichte Funkenwolke auf. Der See war offenbar in Bewegung geraten. Die große Glutsäule, die vom Deckengewölbe herabfloss, verzweigte sich plötzlich und malte ungewöhnlich langsam verlaufende Schlieren in die wabernden Luftmassen.
»Bist du dafür verantwortlich?«, wollte sie von Finske wissen, auf das Phänomen weisend.
Der Alte schüttelte den Kopf. »Nein«, behauptete er. »Es ist das Blut der Erde, es sucht sich seinen eigenen Weg.«
Noch ehe sie verstand, was er damit sagen wollte, erschienen wieder Bilder über dem See. Stumme Bilder, die Vuran zeigten, wie er durch eine von Menschen bevölkerte Stadt schritt, die ihm keineswegs feindlich gesinnt zu sein schien. Doch es kam noch schlimmer, denn aus dem roten Nebel schälten sich einzelne Elfen hervor, mit denen er freundlich sprach, während sie neben grässlich verstümmelten Hellhäutern standen.
Aber alles das war nichts im Vergleich zu dem, was sie gleich darauf zu sehen bekamen: Vuran, nackt ausgestreckt auf einem Felllager liegend, neben sich, so verschwindend klein, dass Ursa sie beinahe übersehen hätte, die blonde Hellhäuterin, die ihn zum Sturm auf Raams Festung antreiben wollte. Zärtlich ließ er seine große Hand über ihren ekelhaft
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