Blutportale
fließen und sie zu verstopfen, brachte sie zum Husten und schränkte ihre Atmung ein. Sie hielt die Augen fest geschlossen, um sich nicht durch die veränderte Umgebung, ihrem Grau und der Zweidimensionalität, ablenken zu lassen.
Sie hob die Hände und gab ihrer Umgebung einen Befehl.
Und tatsächlich - es geschah!
Das Wasser rechts und links des Bootes bildete Strudel, die größer und größer wurden. Der See strömte brausend und schäumend nach allen Seiten davon und erzeugte Wellen, die sich mit jeder neuen steigerten. Gischtschleier verbargen Saskia und den Mönch vor den Blicken ihrer Verfolger. Es sah beinahe so aus, als befänden sie sich im Mittelpunkt einer Wasserhose, deren Kraft sich sekündlich steigerte und ein Loch in den Baikalsee bohrte.
XIV. KAPITEL
11. November
Russland, südöstlicher Baikalsee
Die Fähre hob und senkte sich heftig; die Männer mit den Maschinenpistolen mussten sich festhalten. Die Macht der Strömung schob das Schiff rückwärts und versetzte es dabei in eine seitliche Drift.
Das Boot mit Saskia und dem Mönch sank dagegen auf einer Wassersäule abwärts. Tiefer und tiefer ging es, der Geistliche betete unaufhörlich und starrte auf die flüssigen Wände um sie herum, die aussahen, als wären sie aus einem merkwürdigen Glas gegossen worden; eiskalter Sprühnebel durchnässte sie beide.
Saskia hatte die Augen geöffnet, starrte in die graue Welt und versuchte, das Erstickungsgefühl zu ignorieren. Ihre Luftröhre schien sich mehr und mehr zuzusetzen, doch noch vermochte sie zu atmen. Wie lange hielt sie durch? Wie lange konnte sie die Konzentration aufrechterhalten? Schweiß lief ihr trotz der Kälte in Strömen über das Gesicht.
Während sie den See Meter um Meter unter sich zur Seite schob, musste sie an die Geschichte aus der Bibel denken - daran, wie Moses das Meer für die Israeliten geteilt hatte. Geöffnet hatte. War dies die Erklärung für das Wunder, von dem im Alten Testament berichtet wurde? War Moses auch ein Öffner gewesen - und wenn ja: Wer hatte ihn dazu gemacht? Saskia schätzte ihre Geschwindigkeit auf mehrere Meter pro Sekunde. Als sie das Gesicht hob und nach oben in den granitfarbenen Himmel schaute, hatten sie bereits einige hundert Meter über sich gelassen. Pfeifend sog sie die Luft ein und musste husten. Das unsichtbare Wachs in ihrem Hals wurde zäher und dicker.
Um sie herum toste es wie in einem Wasserfall, wie an einer stürmischen Küste. Ein Tonnengewicht türmte sich um sie herum auf. Sie hielt die Wassermassen im Griff, die in ihrer Zweidimensionalität und den verschiedenen Grautönen noch bedrohlicher aussahen als sonst, doch sie verspürte keine Angst... stattdessen warnte sie plötzlich ein anderes Gefühl, und sie fuhr herum.
Der Mönch stand keinen Schritt mehr von ihr entfernt und hatte den rechten Arm zum Schlag erhoben. Noch immer schien er der Ansicht zu sein, dass sie das Artefakt nicht erhalten durfte. Saskia parierte die Attacke mit dem linken Unterarm. Es war nicht leicht, Entfernungen und Geschwindigkeiten in diesem Sichtmodus abzuschätzen, weil dem, was sie sah, jede Tiefe fehlte, aber der wütende Schrei des Mannes und der Schmerz in ihrem Arm zeigten ihr deutlich, dass sie es geschafft hatte, ihn zurückzudrängen. Mit einer fließenden Bewegung zog Saskia ihr Messer und schlug mit dem Knauf nach ihm. Zweimal verfehlte sie ihn, dann endlich traf sie seine Schläfe. Der Mann verdrehte die Augen und fiel zu Boden.
Die Wassermassen gerieten durch das Abflauen der sie bändigenden Macht in Bewegung. Vom oberen Rand lösten sich Sturzbäche und schlugen auf das Boot ein, brachten die Planken zum Knarren und rissen die Befestigung des Außenborders ab.
Saskia zwang ihre gesamte Aufmerksamkeit auf das Eindämmen des Wassers zurück. Es war anstrengender, viel schwerer als vorher. Immer wieder drückten sich Wasserfälle durch ihre Barrieren. Der ekelerregende Geschmack schien sich wie Säure in ihre Mundhöhle zu fressen, die Lunge schmerzte, als würde sie von unten nach oben gefüllt, ihr Atem rasselte. Die Anstrengung forderte ihren Tribut.
Noch mehr Güsse trafen das Boot, ein dicker Schwall schleuderte sie nieder. Knirschend zerbrach der Rumpf, Saskia schrie auf, sie fiel - und landete hart, aber unbeschadet wenige Meter tiefer auf dem glitschigen, schlammigen und sehr kalten Grund. Sie hatte den See bis auf den Boden hinunter ausgehöhlt!
Saskia stemmte sich in die Höhe und blickte sich rasch nach dem
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