Blutportale
und verbeugte sich in höfischer Manier vor ihm. Der Diener schloss die Tür. Dann kam Rastani mit einem Lächeln auf Will zu. Er stand von seinem Platz auf und lächelte ebenfalls, damit dem Capitano nichts auffiel. »Wie schön, Euch begrüßen zu dürfen.«
Kaum standen sich die beiden gegenüber, holte Rastani blitzartig aus und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige. »Sagt mir auf der Stelle, was Ihr hier treibt, Partello!«, zischte er wütend. »Es sind Männer des Papstes und die Wandler in der Stadt, und Ihr seid so einfältig und lasst das unersetzbare Schwert von einem niederen Boten durch die Gassen tragen?« Bevor der verdutzte Will etwas sagen konnte, erhielt er die nächste kräftige Maulschelle. Er wusste nichts zu entgegnen und beschloss abzuwarten, was der andere ihm noch vorwarf. Rastani schritt an ihm vorüber ans Fenster und öffnete es; sofort drangen Rauchgeruch und feuchte Kühle herein, man hörte das Plätschern des vor dem Haus verlaufenden Kanals. »Venedig lebt noch immer. Ihr hättet mit Euren Leuten schneller arbeiten müssen«, sagte Rastani etwas ruhiger. »Der Magistrat ist dabei, Maßnahmen zu beschließen, die geschwinder fruchten, als uns lieb sein kann.« Er wandte sich zu Will. »Wie viele Männer könnt Ihr zusätzlich aufbringen, um die Pest zu säen?«
Wills Verstand versuchte, das Gehörte in Einklang mit seinen bisherigen Erlebnissen zu bringen und eine Antwort zu formen, die ihn nicht unverzüglich der Lüge überführte. »Schwierig, Rastani. Ich kann weitere Pfleger im Lazarett bestechen, uns mehr Sekret zu beschaffen.« »Tut das, Partello.« Er kam auf Will zu. »Ihr seid unser wichtigster Mann. Vergesst nicht, wir sind endlich in der Lage, unseren Herrn auferstehen zu lassen! Wenn wir ihm diese Stadt aber nicht zu opfern vermögen, ist es einzig Euer Versagen. Was Euch damit blüht, könnt Ihr selbst erwägen.« Er setzte sich auf einen Stuhl an die Tafel. »Wo ist das Schwert?«
»Mein Bote ließ mich wissen, dass er zwei Wandler besiegte, die ihn gejagt haben, und danach in eine Falle lief, die ihm ein gewisser Lentolo mit seinen Schergen stellte«, berichtete Will und stellte seinen Stuhl so, dass er dem Capitano gegenüber Platz nahm.
Am Gesicht des anderen konnte er ablesen, dass er den nächsten Fehler begangen hatte. »Beliebt Ihr zu scherzen, Partello? Ein gewisser Lentolo?«
Will flüchtete sich in ein breites Grinsen und hoffte, dass Rastani von selbst weitererzählte. »Das findet Ihr komisch?«, brauste der auf. »Partello, wenn Lentolo hier ist, müssen wir alles daransetzen, ihn auf eine falsche Fährte zu locken, die ihn schnellstmöglich aus Venedig führt! Wenn er von unserem Vorhaben Wind bekommt und ihm nur einer Eurer Leute zwischen die Finger gerät, dann dauert es nicht lange, und seine Assassinen klopfen bei Euch an.« Er musterte Will eindringlich. »Was ist mit Euch? So kenne ich Euch nicht. Ihr sitzt da ... furchtsam, behäbig und verwirrt, als ginge es Euch nichts an, was ich berichte!« »Zu viel Wein«, wich Will aus. »Er nimmt mir die Bedenken, was unseren Plan anbelangt.« »Für Bedenken ist es zu spät. Venedigs Seelen werden die Rückkehr unseres Herrn ermöglichen. Wir haben alles zusammengetragen, das dazu vonnöten ist. Lentolo und Euer Unvermögen sind unsere einzigen Gegner.«
»Sind die übrigen Artefakte sicher?«, fragte Will geradeheraus und gab seiner Stimme einen leicht angesäuselten Unterton. Ein neuer Fehler.
»Was, bei den Portalen der Hölle, ist mit Euch?«, wisperte Rastani entsetzt. »So besoffen kann Euch der Wein nicht gemacht haben, dass Ihr nicht mehr wisst, dass Ihr sie verwahrt!« Will lachte meckernd. »Ein Scherz, Rastani. Nur ein Scherz! Natürlich habe ich alle beisammen. Und das Schwert.« »Zeigt es mir.«
Will zögerte nicht eine Sekunde. »Nein.«
»Ich will es sehen, Partello! Muss ich Euch daran erinnern, welchen Rang ich bekleide?« »Ihr sagtet selbst, dass es vor Lentolo geschützt werden muss. Je weniger wissen, wo es sich befindet, desto besser. Bedenkt die Gefahr, in die Ihr den Plan bringt, wenn Ihr in die Hände der Assassinen fallt ...«
»Ja, schon gut«, fiel ihm der Capitano unwirsch ins Wort. »Lentolo, dieser Bastard von einem Kirchenknecht. Was gäbe ich dafür, sein Geheimnis zu erfahren. Er zählt mindestens siebzig Lenze und sieht immer noch aus, als wäre er im besten Mannesalter.« Rastani rieb sich mit dem kleinen Finger am Unterkiefer entlang. »Aber sein Leben wird
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