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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Geräusch, das an einen sehr tiefen Schrei erinnerte, nur viel lauter. Die Häuser und Brücken um den Palazzo wurden davon in Schwingung versetzt, Ziegel und Steine lockerten sich, fielen in die Kanäle oder auf die Straßen, Menschen und Gondeln wurden von dem Hagel getroffen.
    Will beobachtete, wie sich der schwarze Staub zu einer Wolke zusammenschloss und über die Lagune hinwegzog, ehe er sich verwirbelnd auflöste und verschwand.
    Dann sah er nichts mehr, schien in geronnener Tinte gefangen zu sein, ehe sich aus weiter Ferne ein helles, weißsilbriges Licht auf ihn zubewegte und verharrte. Wind streifte sein Gesicht, und Will begriff, dass er den vollen Mond anstarrte.
    Er kniete auf weichem Gras. Vereinzelte abgestorbene Bäume verteilten sich über die Ebene, und in einiger Entfernung sah er einen Hügel. Ein Hügelgrab? Will rieb sich mit den Fingern über das Gesicht, und er roch Erde. Als er an sich hinabschaute, erkannte er die heruntergekommene Kleidung eines einfachen Mannes aus einem lange vergangenen Jahrhundert, der sein Geld ohne Zweifel mit niedriger Arbeit verdiente. Wo bin ich gelandet?
    Seine übrigen Sinne kehrten einer nach dem anderen zu ihm zurück. Zuerst spürte er, dass die Luft angenehm kühl und feucht war, dann senkte er den Kopf und roch fauliges Wasser, und schließlich hörte er das leise Schmatzen um sich herum. Will erhob sich, und sofort schwankte der Boden unter seinen Füßen. Die Reise hatte ihn mitten in ein unbekanntes Moor geschleudert, ohne dass er eine Ahnung davon besaß, wie er lebend hinausgelangen sollte. Also blieb er, wo er war, tastete an sich herum und durchwühlte seine Taschen, um einen Anhaltspunkt zu finden, wer er war, in welcher Zeit er sich befand, was auch immer. Er fand ein kleines Messer, etwas Proviant sowie einen Beutel mit einem Zahn, den er sehr genau kannte. Der Dämonenzahn!
    Schnell blickte er sich um. Niemand war in seiner Nähe, er vernahm keinerlei Geräusche, abgesehen von dem Blubbern und Gären des Sumpfs.
    »Ich bin unpünktlich«, sagte eine Männerstimme auf Deutsch zu ihm, in der ein französischer Akzent mitschwang. »Aber nicht zu spät, wie ich sehe.«
    Will wandte sich um, die rechte Hand um den Zahnbeutel geschlossen und so gegen seine schäbige Jacke gepresst, dass man ihn nicht sah. »Ja, das seid Ihr«, entgegnete er und versuchte dabei, recht unverbindlich zu klingen.
    Der Mann trug einen grauen Dreispitz auf den zum Zopf gebundenen Haaren. Den Kragen seines knielangen schwarzen Ledermantels hatte er nach oben geschlagen, so dass sein Gesicht gegen das Mondlicht abgeschirmt und nahezu unkenntlich war. Lange, verdreckte Stulpenstiefel schützten seine Füße, die Hose endete über den Knien, er trug weiße Wollstrümpfe. »Führt Ihr meine Habe mit Euch?«
    Will hatte keine Ahnung, was er tun oder wie er sich verhalten sollte. »Mir gefällt dieser Ort nicht.«
    Der Mann lachte. »Da Ihr ihn selbst gewählt habt, macht Ihr mich staunen. Ich wäre beinahe ersoffen, weil mich das Moor zu sich ziehen wollte.« Er trat einen Schritt vor, und der grüne Pflanzenteppich wogte leicht. Seine rechte Hand glitt in die Manteltasche, und er nahm einen Beutel hervor, dessen Inhalt leise klimperte. »Goldmünzen, wie Ihr verlangtet. Die Prägung ist schon lange Zeit aus der Mode, aber der Wert von Gold vergeht niemals, nicht wahr?« Er hielt ihn Will hin. »Kann ich nun den Beutel verlangen?«
    »Marat!«, hallte ein lauter, kehliger Ruf über das Moor. »Dominic de Marat, du wirst uns nicht entkommen!«
    Der Mann schaute über die Schulter, dann nach rechts, wo einige Lichter aufleuchteten. »Nehmt endlich die Münzen«, zischte er Will an. »Her mit dem Beutel!«
    Schüsse peitschten durch die Nacht, glucksend schlugen die Kugeln um sie herum ein. Hunde bellten wütend, Männer riefen.
    Will hatte schreckliche Angst. Gehörten die Männer zu ihm? Hatten sie Marat eine Falle gestellt, um den Dämonenanbeter zu jagen - oder gehörte er selbst wieder zu den Dämonendienern? Einmal mehr wusste er überhaupt nicht, was sich um ihn herum abspielte. Er presste den Beutel an sich.
    »Wird's bald, Mann!« Marat stand dicht vor ihm und packte ihn an der Schulter. »Wo ist es?« Durch seine Bewegung klaffte der Mantel auseinander, und Will erkannte den Korbgriff des Dämonenschwertes an der Seite des Rothaarigen.
    »Ihr werdet ihn nicht bekommen!« Will schleuderte das Säckchen weit hinaus ins Moor, verfolgte seinen Flug - und sah, wie es von Marat

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