Blutportale
Kraft!«, rief Lentolo und zog das Hornschwert. Er war ebenfalls von dem schattenhaften Hauch getroffen worden, doch er trotzte den grässlichen Auswirkungen. »Mit dem Schwert des Bösen werde ich dich niederstrecken! Soll der Dämon das Blut seiner Anhänger kosten, ohne dass er auf die Erde kommen darf!« Der Legatus sprang vor und schlug nach Partello.
Der Venezianer machte einen Satz nach hinten, entriss einem seiner Häscher das Rapier und drang seinerseits auf Lentolo ein. »Ihr werdet sterben und meinem Herrn als Opfer dienen«, schmetterte er ihm lachend entgegen. »Da Ihr mir das verloren geglaubte Schwert gebracht habt, kann ich die Herbeirufung vollenden! Der Boden ist bereitet, die Pest schwärt, und die Stadt vergeht. Belua wird kommen, wenn ich ihn durch sein Blutportal rufe.« Er wich Lentolos Stich aus. »Gegen meine Gabe mögt Ihr geschützt sein, gegen das Eisen jedoch nicht«, rief er und rammte ihm das Rapier unterhalb des Bauchnabels in den Leib! Mit einem Ruck zog die Klinge nach oben.
Erschrocken wollte Will eingreifen, konnte aber nichts ausrichten. Partello hatte ihn dorthin verbannt, wo er selbst vorher gesessen hatte. Er hatte sich übertölpeln lassen.
Die Männer des Legatus und des Magistrats sanken einer nach dem anderen auf die Fliesen, die Körper mit aufbrechenden Pestbeulen übersät. Niemand von ihnen war in der Lage, ihrem tödlich verwundeten Anführer beizustehen.
Lentolo schwankte und sackte auf die Knie.
»Ihr seht, Lentolo, das Böse lässt sich nicht aufhalten.« Partello stieß den Gesandten nieder. »Kam Euch jemals in den Sinn, dass Gott nicht mit Euch sein könnte, Legatus? Dass Ihr auf den falschen Herrn vertraut? Denkt darüber nach, während Ihr zu meinen Stiefelspitzen sterbt.« Er warf sein Rapier weg und bückte sich, um das Hornschwert aus dem Griff des Feindes zu nehmen.
Plötzlich verschwand alles Leid aus Lentolos Gesicht. Er schien in einem einzigen Augenblick gesundet zu sein! Die Hand mit der Klinge zuckte vor, und die Spitze jagte durch Parteilos Hand in seine Schulter.
»Mein Herr ist mit mir«, sagte er wie in einem Gebet, stand dabei auf und stieß den Venezianer nach hinten. »Das sanetum officium verleiht seinen Streitern für den Glauben und das Gute mehr als weltliche Waffen, Partello. Seht Ihr mich von Eurer magischen Pest befallen?« Will wusste, was nun passierte: Die verflüssigten Intarsien würden in den Körper schießen und ihn von innen heraus töten. Trotz der beginnenden Schmerzen verspürte er eine große Erleichterung. Partello brach vor dem Legatus ächzend in die Knie. Silbriges Blut sprudelte aus seinem Mund, er hatte die Augen weit aufgerissen, aus denen ebenfalls das metallisch schimmernde Rot lief. Er versuchte, etwas zu sagen, doch es kamen lediglich rote Blasen von seinen Lippen.
»Die Wege des Herrn sind unergründlich, das werdet Ihr mir zugestehen. Ihr werdet vernichtet von dem Artefakt, auf das Ihr sehnlichst gewartet habt«, sagte Lentolo leise und bekreuzigte sich. »Die Wandler, die Trinker, die Dämonischen - so viele Kreaturen der Dunkelheit trachteten danach, und doch landete dieses Artefakt des Teufels in der Hand des Guten. Nach Eurem Tod wird es sicher sein, Partello.«
Des Legaten Stimme wurde leiser und undeutlicher, und Will löste sich unvermutet aus dem Leib des Sterbenden. Er schwebte dankbar empor - und erschrak: Partello hatte sein menschliches Äußeres verloren! Vor dem Legatus kauerte ein Wesen, das doppelt so breit und hoch wie ein Mensch war. Schwarze, schillernde Haut war unter dem gesprengten Kleidungsstoff sichtbar geworden, die Ansätze von Flügeln stachen aus dem Rücken hervor. Mehrere Hörner ragten aus dem Schädel, und Will glaubte sogar, dass rechts und links des fratzenhaften Gesichts zwei seitliche Gesichter wuchsen. Ein Schweif mit vier Enden schlängelte sich zwischen den Beinen ... dann durchstieß Will die Decke und verließ den Palazzo. Der Legatus und der Dämonenjünger verschwanden. Er sah die Dulcissima ein weiteres Mal aus der Perspektive eines Vogels, der über die Dächer glitt und sich dabei immer weiter in den Nachthimmel emporschraubte.
Will war erleichtert. Er musste nicht mit Partello zusammen sterben, sondern kehrte auf dem sanfteren Weg in seine Zeit zurück.
Im Palazzo des Patriziers ereignete sich eine gewaltige Detonation, die schwarze Staubwolken meterweit aus den Fenstern und den Kaminen schießen ließ. Zugleich erklang ein dunkles, angstmachendes
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