Blutportale
als sei sie eine übereifrige Parfümerieverkäuferin. »Nun müssen meine Freundin und ich nur noch einen Weg finden, um nach Damaskus zu kommen ...« Ihr Augenaufschlag war waffenscheinpflichtig. Und Saskia dachte bei sich, dass sie von Justine wirklich noch einiges lernen konnte. Al-Utri nahm sein Handy aus dem Gürtelclip und führte ein kurzes Gespräch. »Wenn Sie möchten, können Sie mit mir fliegen. Ich muss meinen Vorgesetzten über die neusten Erkenntnisse persönlich unterrichten.«
»Um diese Uhrzeit?« Justine tat ungläubig.
»Glauben Sie, meinen Vorgesetzten stört das?«, fragte Al-Utri unwirsch. Er kratzte sich hinter dem linken Ohr und nahm noch einen Schluck Kaffee. »Verzeihen Sie. Wir sind alle nervös, weil es Amerikaner erwischt hat. Amerikaner! Wenn wir noch Ölquellen hätten, stünden die GIs schon hier.« Er stand auf. »Wollen Sie mitfliegen, oder möchten Sie auf die Ambulanz warten, die Sie nach Hamäh bringt?«
Saskia sah ihn ein wenig überrascht an. »Und Sie dürfen uns einfach mitnehmen? Bekommen Sie deswegen keinen Stress?«
Justine hatte sich schon erhoben. »Das ist so freundlich von Ihnen«, willigte sie rasch ein. »Wir möchten unseren neuen Freund gerne wiedersehen und seinen ... Bruder besser kennenlernen. Aber wenn ich Ihrem Chef jemals begegnen sollte, werde ich ein ernstes Gespräch mit ihm führen.« Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, das tatsächlich ein Echo auf den Zügen des Mannes auslöste, und bedankte sich dann bei den Wachleuten, als hätten diese persönlich ihr Leben gerettet. Sie bekamen von dem Soldaten jede noch eine Jacke, damit sie nicht froren, und folgten Al-Utri aus dem Häuschen.
Ein leises, stetig anschwellendes Donnern erklang, das sich als Rotorenlärm erwies. Ein Suchscheinwerfer unter der Nase des großen Hubschraubers flammte auf und zerschnitt die Dunkelheit. Der weiße Strahl bewegte sich und prüfte den Landeplatz auf Hindernisse, erst dann senkte sich der Helikopter. Staub wirbelte auf und prasselte ihnen gegen die Gesichter, sie mussten die Augen zusammenkneifen und näherten sich gebückt dem Eingang, dessen Tür für sie zurückschwang.
Al-Utri gewährte ihnen den Vortritt. Saskia sprang zuerst hinein, dicht gefolgt von Justine, die sich allerdings vorher noch einmal schnell umsah, als würde sie doch noch damit rechnen, dass jemand sie aufhielt.
»Mon Dieu!«, entfuhr es ihr, als sie sah, in was genau sie gerade eingestiegen waren. Es war ein umgebauter Sikorsky-Transportheli, dessen Innenausbau mehr an einen komfortablen LearJet als das Kabuff erinnerte, das Saskia erwartet hatte. Die Wände dieses Hubschraubers waren in Cremefarben gehalten und mit Teppich verkleidet, die Sitze bestanden aus weißem Leder, und auf den zwei Tischchen standen Erfrischungsgetränke bereit, in speziellen Halterungen, damit sie beim Flug nicht verrutschten oder überschwappten. Es roch nach Blumen, und ein leichter Zitronenhauch weckte die Sinne. Klackend schloss sich die Tür, Al-Utri schob sich an ihnen vorbei und nahm Platz. »Setzen Sie sich«, sagte er und musste nicht einmal laut schreien; die Schallisolierung war hervorragend. »Schnallen Sie sich an, dann kann es losgehen.« Saskia und Justine kamen der Aufforderung nach. Wenig später hob der Helikopter ab.
»Der syrische Geheimdienst sorgt besser für seine Mitarbeiter, als ich dachte.« Justine nahm sich eine Dose Cola und trank in großen Schlucken. Saskia wertete dies als Zeichen dafür, dass ihr der Luxus der Maschine ebenso merkwürdig vorkam.
»Das ist eine Sondermaschine, mit der normalerweise nur die VIPs geflogen werden«, erklärte Al-Utri. »Nur, weil ich so dringend nach Damaskus muss, sitzen wir drin.«
»Ich freue mich auf einen angenehmen Flug«, sagte Justine und prostete ihm strahlend zu. Dass sie sich dabei anspannte, als würde sie jeden Moment einen Angriff erwarten, machte Saskia nervös. Deswegen dauerte es auch einen Augenblick, bis sie begriff, woher sie die rhythmische Tonfolge kannte, die sich in die Geräusche des Helikopters mischte. Es war der Klingelton ihres Handys! Schnell nahm sie es hervor - und war erleichtert, als sie die Nummer auf dem Display erkannte. »Hallo, Herr Professor!«, rief sie freudig. »Wo waren Sie...« »Hören Sie mir genau zu, Frau Lange«, unterbrach er sie. »Wenn Sie eine Möglichkeit haben, dann verlassen Sie die Maschine auf der Stelle.«
»Was ist denn?« Sie sah zuerst zu Justine, die sich schäkernd mit Al-Utri
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