Blutportale
Nichts stand der nackte Levantin neben ihm, riss das Schwert hoch und rammte es ihm durch den Bauch. Er zog es schräg nach oben, trat dem Vampir gegen die Brust, so dass er nach hinten geschleudert wurde, und sprang dem Stürzenden hinterher. Im Flug holte er zum beidhändigen Schlag gegen den Hals aus; seine Augen strahlten golden.
Das Schwert senkte sich in Marats Adamsapfel, glitt weiter nach unten und hatte den Nacken fast erreicht. Der Vampir wurde durchscheinend, die Kleidung fiel leer herab, und die Klinge stach in den weichen Waldboden. Der Vampir hatte sich in letzter Sekunde vor dem Enthaupten gerettet! Levantin erhob sich, beide Hände um den Griff geschlossen und hochkonzentriert. Aber der Gegner ließ sich nicht mehr blicken.
Levantin ging zu dem bewusstlosen MacKenzie und trat ihm ins Genick. Es brach auf der Stelle. Dann zerschmetterte er den Kopf des Mentalisten mit einem zweiten Tritt. Knackend barst der Schädel, und die Knochen bohrten sich in den Waldboden. »Du wirst es nicht wieder wagen, mich anzugreifen«, sagte er verächtlich, seine Augen leuchteten noch immer. »Deine Macht genügt nicht, um mich zu vernichten, Mensch!«
Saskia stemmte sich in die Höhe, sah sich um und betastete dabei ihre Kehle und die Wunden. Sie bluteten leicht, aber nicht so sehr, dass der Körper damit überfordert war. Ein paar unsichere Schritte, dann fiel sie neben Justine auf die Knie. Ihre Freundin sah unversehrt aus, auch wenn eine Blutspur an ihrem Kopf zeigte, dass sie schwer verletzt worden war, bevor sie ohnmächtig wurde und ihre Heilungskräfte die Wunde schlossen.
»Was ...«, setzte Saskia heiser an und räusperte sich. Sie war sich merkwürdig sicher, dass Levantin ihr nichts tun würde. »Was ist mit dem Schwert geschehen?«
Levantin suchte die Leiche des Sirs nach dem Monokel ab und fand es mit einem zufriedenen Brummen. Er legte es zusammen mit dem Zahn und dem mit den Haaren umwickelten Pergament auf seine Handfläche, um alles zu betrachten. »Ich weiß es nicht.« Er nahm sich einen Mantel von einem der Toten, zog ihn an und steckte die Artefakte in die Tasche. Mit der flachen Hand fuhr er die breite Seite des Schwertes entlang. »Es sieht um Jahrhunderte gealtert aus.«
»Marat hatte recht: Es zersetzt sich.« Sie war froh darüber. Damit war es unmöglich, das Blutportal zu öffnen. Weder für Belua noch für sonst jemanden. Und sie, das schwor sich Saskia, würde sich nicht zwingen lassen, ein Portal für Levantin zu erschaffen. Sie würde ohnehin nicht wissen, welche Dimension die seine war.
Levantin hielt die Waffe ins Licht und fuhr mit dem Daumen prüfend die Schneiden entlang, ohne sich zu verletzen. »Ich weiß, was geschehen ist«, sagte er dann erleichtert und ging zu den beiden Frauen. »Noch ist es nicht zu spät.« Ansatzlos schlug er Saskia mit der Faust gegen den Kopf, und sie brach zusammen.
19. November
Deutschland, Homburg
»Wach auf!«
Die schneidende Stimme riss Saskia aus der Schwärze der Bewusstlosigkeit; irgendetwas prasselte nass in ihr Gesicht. Plötzlich wurde sie hochgehoben und ein Stück getragen. Sie riss die Augen auf.
»Na endlich!«, knurrte Justine, die sie aus dem strömenden Regen unter einen schützenden Baum geschleppt hatte, und ließ sie recht unsanft zu Boden fallen. »Was ist passiert? Wer hat uns angegriffen?«
»Zuerst Marat, dann Levantin«, sagte Saskia und rieb sich das schmerzende Kinn. Ihre Kleidung war nass, und langsam wurde ihr die Kälte bewusst, die in ihre Knochen kroch.
»Er ist nicht tot?«, fragte Justine wütend.
»Keiner von beiden«, seufzte Saskia. Sie berichtete, was passiert war, dann warf sie einen Blick auf ihre Uhr. »Verdammt, Levantin hat schon zu viel Vorsprung. Jetzt, da er alle Artefakte beisammenhat, könnte er überall sein.«
»Alors, dann gibt es nur einen Weg, ihn zu finden, richtig? Wir brauchen unseren Finder-Inder. Kannst du uns ein Portal zu ihm öffnen?« Justine sah zu, wie Saskia sich konzentrierte, die Augen dabei fest zusammenpresste - doch nichts tat sich.
»Ich schaffe es nicht«, gab Saskia sich geschlagen.
»Hat er dir deine Gabe etwa schon genommen, jetzt, wo er die Artefakte hat?« »Nein, ich glaube nicht.« Saskia schüttelte den Kopf. »Ich spüre sie noch in mir, aber ... sie scheint im Moment... blockiert zu sein.« Sie fühlte immense Schmerzen in ihrem Schädel, als versuchte das Gehirn, den Knochen zu sprengen. Es konnten die Folgen des Schlags sein, den sie von Levantin
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