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Blutprinz (German Edition)

Blutprinz (German Edition)

Titel: Blutprinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.K. Brandon , Liz Brandon
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2007
     
    Keuchend riss André die Augen auf und schaute in das Gesicht seines Vaters.
    „Was ist damals schief gelaufen?“, fragte er.
    Nach Alessandras Tod hatte er versucht, nicht mehr daran zu denken. Er hatte alles verdrängt was mit ihr und dieser Nacht in Zusammenhang gestanden hatte, bis zu jenem Abend, als er das erste Mal in Natalies Gesicht geblickt hatte.
    „Ich denke, sie war einfach nicht stark genug“, antwortete Bartolomeos. „Verstehst du nun, warum eine Verbindung zu Natalie nahezu unmöglich ist? Um deine eigenen Gesetze zu wahren, müsste sie sich entscheiden, eine von uns zu werden.“ Bartolomeos faltete seine Hände wie ein betender Priester. „Die Vampire brauchen einen starken Anführer. Heute mehr denn je.“
    André verstand nur zu gut, was sein Vater ihm zu sagen versuchte. Er musste alles daran setzen, diesen Unruhestifter aufzuspüren und zu vernichten und er durfte sich dabei nicht von den Gefühlen zu einer Frau ablenken lassen.

10.
     
Wien, 14. Mai 2007
     
    E rschrocken öffnete Natalie die Augen. Dunkelheit. Mit dem Kopf in ihrem Kissen lag sie weich gebettet in kuscheligen Daunen und die Decke bis zum Hals gezogen. Ein Geräusch hatte sie geweckt. Es klang wie das Flattern einer Flagge im Wind. Ihr Herz hämmerte schnell und hart, wie nach einem Alptraum. Sie konnte sich aber nicht erinnern, schlecht geträumt zu haben. Sie hob ihren Kopf, um sich umschauen zu können. Ihre Schlafzimmermöbel wirkten wie dunkelgraue Bauklötze und an der Wand, die der Balkontür gegenüber lag, zeichnete sich der übliche schwache Lichtschein der Straßenbeleuchtung ab. Jedoch stimmte in dieser Nacht mit dem rechteckigen, weißen Lichtschein, der für gewöhnlich nur von der Gittermusterung des Balkongeländers unterbrochen wurde, etwas nicht. Sie musste zweimal hinsehen, bis ihr Verstand den Umriss einer Gestalt akzeptierte, deren Schatten sich wie ein Scherenschnitt an der Wand abzeichnete.
    Kalt lief es ihr über den Rücken. Das alles konnte nur ein Wachtraum sein, ein Hirngespinst, das mit der Realität verschmolzen war. Sobald sie das Licht einschaltete, würde auch dieser Schatten verschwinden. Natalie tastete nach dem Schalter. Die Lampe auf dem Nachttisch erfüllte den Raum mit Licht. Tatsächlich verschwand der Umriss, genau wie auch das Muster des Balkongeländers. Das flatternde Geräusch konnte sie aber immer noch hören und es sorgte dafür, dass sie sich kein bisschen besser fühlte.
    Um dem Spuk endgültig ein Ende zu bereiten, stieg sie aus dem Bett und machte auch das Licht auf dem Balkon an. In dem Moment als das Licht aufblitzte, stand die Bestie vor ihr. Natalie wich zwei Schritte zurück, ohne ihren Blick abzuwenden. Ein eisiger Schauer floss durch ihre Venen. Sie wollte Schreien, doch ihre Stimme erstarb in einem leisen Keuchen. Hätte die Kreatur in diesem Augenblick die Scheibe durchbrochen und sich auf sie gestürzt, sie hätte sich nicht dagegen wehren können. Die Gestalt war in schwarze Lumpen gehüllt und Natalie konnte eine abscheuliche Fratze sehen. Ein unförmiges Etwas, eine Mischung aus Mensch, Ratte und Wolf, mit blutunterlaufenen Augen und einer angedeuteten Schnauze. Das breite Maul war weit aufgerissen und mit spitzen Zähnen gespickt. Eine Weile starrte Natalie das Wesen an, das abgesehen von den flatternden Lumpen keine Regung zeigte, als wäre es nur ein großes Stück Stoff, das der Wind auf den Balkon getragen hatte. Sie blinzelte und als sie die Augen wieder öffnete, war die Kreatur verschwunden. Die Anspannung fiel ab von ihr und sie sank wie eine leblose Hülle zu Boden, die Balkontür noch immer im Auge behaltend.
    Wurde sie allmählich verrückt?
    Wahrscheinlich raubten ihr die Erlebnisse seit der Eröffnungsfeier langsam den Verstand. In den vergangenen Wochen hatte sie, mit Ausnahme von André und dem Kommissar, weder mit Tina noch mit einer anderen Person darüber gesprochen. Stattdessen hatte sie versucht, das alles zu verdrängen, um ihr gewohntes Leben weiterzuführen. Sie stand auf und schaltete das Licht auf dem Balkon ab. Der schwarze Umriss erschien nicht wieder.
    Sie machte sich Tee und setzte sich auf die Couch. Über die dampfende Tasse hinweg betrachtete sie das Foto ihrer Mutter.
    „Was in Gottes Namen war das?“, flüsterte sie. „War es wirklich nur Einbildung?“
    Die Antwort blieb das Bild ihr schuldig. Dafür klingelte es an der Tür, was sie beinahe zu Tode erschreckte. Ihre Nerven lagen blank. Es klingelte nochmals,

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