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Blutprinz (German Edition)

Blutprinz (German Edition)

Titel: Blutprinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.K. Brandon , Liz Brandon
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von der Jahreszahl 1772 wies nichts auf die Bedeutung dieses Steins hin. Unwillkürlich streckte er die Hand aus und berührte die glatte, kalte Oberfläche.
    „Erinnere dich“, forderte Bartolomeos mit ruhiger Stimme auf. „Schließ deine Augen und kehre zurück.“
    André spürte, wie etwas aus seinem Unterbewusstsein an die Oberfläche drängte. Die monotone Stimme seines Vaters brach seinen Widerstand, sich in den Strudel der Vergangenheit ziehen zu lassen.
Bratislava, Winter 1772
     
    Andrés Blick war auf das Wasser der Donau gerichtet, die wie eine schwarze Schlange an der Stadt vorbei kroch und sich in der Dunkelheit der Abenddämmerung verlor. Ein schneidender Wind umspielte sein Gesicht und ließ eisige Flocken tanzen, die sich in seinem schwarzen Haar verfingen und als kühle Wassertropfen über seine Stirn liefen. Doch er kümmerte sich nicht um den Schneesturm, der die Straßen und Dächer mit einer weißen Samtschicht bedeckte.
    Tat er das Richtige? Vielleicht sollte er einfach umkehren und Alessandra ein für allemal in Ruhe lassen. Er bückte sich und griff nach einem Stein. Wie einen kleinen Ball warf er den Kiesel hoch, fing ihn wieder auf und schleuderte ihn anschließend ins Wasser. Es war alles seine Schuld. Er hätte niemals zulassen dürfen, dass es soweit gekommen war. Doch er liebte sie. Er liebte Alessandra von ganzem Herzen und das machte die Entscheidung umso schwerer. Aber war die Liebe, die sie beide verband, stark genug? André wusste es nicht und es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Er musste sich diesem Abend stellen. Er zog den Mantel aus Wolfsfellen enger um seinen Körper, kehrte der Donau den Rücken und machte sich auf den Weg. Eilig ging er durch die menschenleeren Straßen von Bratislava.
    An einer Straßenlaterne blieb er stehen. Das Glas der Lampe war zerbrochen und die Flamme dahinter erloschen. Mit der Hand wischte er über seine nasse Stirn und schaute sich um. Ein vertrauter Geruch umspielte seine Nase und verdrängte den Fäkalgestank, der die Straßen dieses Viertel erfüllte.
    „Da bist du ja endlich“, hörte er eine sanfte Stimme.
    Zwischen den Häusern im Schatten verborgen stand das junge Mädchen, kaum sechzehn Jahre alt. Sie war in einen abgetragenen Mantel gehüllt und kauerte frierend an der Wand. Mit schnellen Schritten überquerte André die Straße.
    „Ich dachte schon, du hättest es dir anders überlegt“, sagte sie.
    Ohne zu antworten, öffnete er seinen Fellmantel und zog sie an sich, um sie zu wärmen und ihre Nähe zu spüren. Hoffnungsvoll schaute sie zu ihm auf. Obwohl sich sein Verstand dagegen sträubte, konnte er nicht anders. Er küsste sie auf die Lippen, strich mit den Fingern durch ihr dunkelrotes Haar. Jeder Vorsatz der Beziehung ein Ende zu machen war vergessen.
    „Was nun?“, fragte sie. „Wirst du mich hinbringen?“
    „Ich weiß es nicht“, antwortete er. „Ich habe Angst davor. Alessandra, verstehst du?“ Er wich ihrem Blick aus, aber bemerkte, wie ihr ausgemergelter Körper vor Kälte zitterte. „Hast du heute schon gegessen?“
    Alessandra schüttelte den Kopf. „Lass uns hingehen. Bitte, ich möchte bei dir sein.“ Sie drückte sich fest an seine Brust. Er rieb mit den Händen über ihren Rücken, küsste ihre Stirn. „Oder haben sich deine Gefühle für mich geändert?“, fragte sie.
    „Nein … ich … du. Also gut.“ Sein Blick suchte die Umgebung nach Beobachtern ab. „Es ist nicht weit von hier.“
    Sie verließen Alessandras Versteck und folgten der Straße in Richtung Fluss. Noch bevor sie das Ufer der Donau erreichten, hielten sie inne und André vergewisserte sich, dass ihnen niemand folgte, dann führte er Alessandra in eine schmale Gasse.
    Sie durchquerten eine verwahrloste Häuserschlucht, kämpften sich durch stinkende Pfützen, Müll und verfaulte Essensreste. Er hörte das Quieken von Ratten, sah winzige Schatten, die in Panik vor seinen Stiefeln flohen und Schutz unter dem Unrat suchten.
    Ein wenig schämte er sich, Alessandra durch einen derart verwahrlosten Ort zu führen. Doch die schmuddelige Gasse machte den Ort, der sich an deren Ende verbarg, sicherer. Der Schneefall ließ in der schmalen Passage nach. Es wurde dunkler, je weiter sie sich von der Straße entfernten. Andrés Schritte wurden langsamer. Er spürte, wie die Nervosität erneut in ihm erwachte. Am liebsten wäre er umgekehrt, geflohen vor der Ungewissheit dieses Abends. Doch er hatte sich entschieden. Hatte er das

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