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Blutprinz (German Edition)

Blutprinz (German Edition)

Titel: Blutprinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.K. Brandon , Liz Brandon
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wirklich?
    Die Häuserschlucht endete an einer unscheinbaren Holztür. André blickte noch einmal über die Schulter, ging dann zur Tür und konzentrierte seine Gedanken, um dem Türwächter dahinter eine mentale Botschaft zu schicken. Einen Augenblick später schwang das Gebilde aus grobschlächtigen Brettern nach innen auf. Ein kleiner Mann erschien, verneigte sich vor André, sodass der kahle Kopf beinahe Andrés Knie berührte und der Umhang des Mannes bis zum Boden reichte.
    „André, wo wart Ihr? Man erwartet Euch bereits.“
    André öffnete den Mantel, streifte ihn ab und reichte das durch die Nässe schwer gewordene Fell dem Mann. Anschließend half er Alessandra aus ihrem Mantel.
    „Ist alles vorbereitet, Leonardo?“ André konnte die Unsicherheit im Klang seiner Stimme kaum verbergen.
    „Si“, antwortete der Mann. „Euer Vater hat eine Versammlung von Zeugen einberufen.“
    Er wich einen Schritt zurück, um den Weg frei zu machen und empfing Alessandra mit einem freundlichen Lächeln. Petroleumlampen in regelmäßigen Abständen an der gemauerten Wand erfüllten den Gang mit fahlem Licht. Es roch nach verbranntem Öl und feuchtem Mauerwerk. In der Ferne hörte er den Klang gedämpfter Stimmen.
    „Wir sind gleich da“, sagte er zu Alessandra.
    Sie nickte nur und im Moment konnte ihr André nicht ansehen, was sie fühlte. Der Gang mündete nach wenigen Metern in eine steil abfallende Treppe. Leonardo begleitete sie bis hierher, kehrte dann zurück zu seinem Posten an der Tür.
    Auf dem Weg nach unten schlug ihnen kalte Luft entgegen. Er spürte wie Alessandras Finger zitterten.
    „In der Zeremonienkammer ist es warm.“
    „Schon gut“, antwortete sie und hustete leise.
    Mit jeder Stufe wurden seine Schritte schwerer. Ihm war, als liefe er gegen eine unsichtbare Wand, die ihn vor dem zurückhalten wollte, was dort unten auf ihn wartete. Schließlich erreichten sie das Ende der Treppe und traten durch eine offen stehende Tür in ein nahezu rundes Gewölbe. Eine kuppelförmige Decke, die von Säulen in Form von Steinstatuen gestützt wurde, spannte sich über den Raum. Die Wände waren mit wertvollen Wandteppichen verziert und der Boden bestand aus bunten Mosaiksteinchen. Ringsum brannten Kerzen und erfüllten die Kammer mit wohliger Wärme. Im Gewölbe warteten mehrere festlich gekleidete Männer und Frauen. In ihrer Mitte stand eine Liege aus geschwungenem Edelholz und schwarzer Lederpolsterung. Eine Gänsehaut kroch Andrés Rücken hinunter, als er das Möbelstück betrachtete. Es dauerte einen Moment, bis er aus seiner Starre erwachte und mit Alessandra den Raum durchschritt. Die Blicke der Anwesenden waren auf sie gerichtet. In manchen Gesichtern entdeckte er ein zustimmendes Lächeln. Viele empfingen Alessandra jedoch mit unsicherer Miene oder sogar bösen Blicken. Ihre schmalen Lippen formten ein Lächeln und der fahle Teint in ihrem Gesicht wich einem Strahlen. Es schien, als weitete sich der Glanz in ihrem Gesicht auch auf ihre Haare aus, die durch das Kerzenlicht in feurigem Rot loderten. Ein elektrisierendes Gefühl wogte durch seinen Körper, bis zu den Fingerspitzen. Die kräftige und große Gestalt von Andrés Vater löste sich aus der Gruppe und kam mit langsamem Schritt auf André zu.
    „Habt ihr euch entschieden?“
    André schluckte den unsichtbaren Kloß hinunter, der in seinem Hals steckte, und nickte.
    „Ja, Vater.“
    Zweifel erwachten von Neuem. Obwohl er wusste, dass Alessandra so empfand wie er und sich nichts sehnlichster wünschte, als an seiner Seite zu leben, hatte André dennoch Angst vor der Zeremonie. Sein Vater hob die Hände und klatschte. Zwei Frauen eilten herbei und jede von ihnen brachte ein Gefäß aus gebranntem Ton, das sie unter die Löcher am Ende der Marmorrinnen, die an dem Möbelstück angebracht waren, stellten. Anschließend nahmen sie Alessandra an die Hand und führten sie zur Liege. Ohne ein Wort zu sagen tat sie, was man ihr auftrug und legte sich flach auf das Lederpolster, sodass ihr Körper in den Vertiefungen versank und die Unterarme die Steinrinnen berührten.
    Jeder Muskel in Andrés Körper sträubte sich, als er an das Kopfende der Liege trat.
    „Hast du Angst?“, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf. „Nicht, wenn du bei mir bist.“
    Er strich über ihre Wangen und musste noch mal fragen. „Bist du dir wirklich sicher?“
    „Ich wünsche mir nichts sehnlicher“, antwortete sie und sah ihm in die Augen.

     
Bratislava, 28 April

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