Blutprinz (German Edition)
eine Vorliebe für feuerrote Hexen zu haben, hm?“ Bartolomeos lachte leise. „Warum suchst du dir nicht eine Frau aus unserem Volk? Alyssa Blackrose beispielsweise, sie ist eine Schönheit und eine wunderbare Wahl. Eine Verbindung zu ihrem Clan würde auch den Barovs zugute kommen.“
André schaute auf das Buch. Er hätte es ihr nicht zeigen sollen.
„Verstehe.“
„Nichts verstehst du“, herrschte André seinen Vater an. „Ich verstehe es ja selbst nicht. Das ist keine harmlose Liaison, da ist mehr, eine … eine …“
„Verbindung.“ Bartolomeos nickte. „Du kämpfst gegen mächtige Gefühle an, mein Sohn. Als du vor Wochen zu mir kamst, dachte ich, es sei etwas, das man mit einem einfachen Blick in die Vergangenheit beenden könnte.“ Er tippte mit dem Stock auf das Buch. „Das hier war nur ein Jugendabenteuer“, sagte er.
„Ich habe es heute beendet.“
„Nein, das hast du nicht“, widersprach Bartolomeos. Sein Tonfall wurde energischer. „Du kannst dich nicht vor mir verschließen. Ich werde immer in deinem Geist und deinem Herzen lesen können und sehe, wie es im Moment in dir aussieht.“
André hatte nicht das Gefühl, einem kranken, alten Mann gegenüber zu sitzen, sondern dem mächtigen Vampirfürsten, der sein Vater einmal gewesen war.
„Es ist nicht die Liebe zu Natalie, die dich schwächt, sondern der Zwiespalt, dein Unvermögen eine Entscheidung zu treffen. Die Vampire brauchen einen starken Anführer. Trotz des Rates sehen sie noch immer den Fürsten in dir, dem nach dem Jahrtausende alten Gesetz das Recht zusteht, sie zu führen.“ Er klopfte erneut auf das Buch. „Damals hattest du noch keine Verantwortung. Aber heute musst du Entscheidungen treffen.“ Er deutete auf den Ring an Andrés Finger.
„Das weiß ich alles, Vater.“ André hatte das Gefühl, wieder der kleine Junge zu sein, der auf dem Schoß des Vaters saß und über seine Fehler belehrt wurde.
„Du musst endlich eine Entscheidung treffen.“
„Nur welche ist die Richtige?“
„Hast du jemals daran gedacht, mit Natalie über die Metamorphose zu sprechen?“
„Nein!“
„Ich weiß, wie du darüber denkst. Aber es ist die einzig vernünftige Möglichkeit mit ihr zusammen zu sein. Ansonsten musst du sie vergessen, auch wenn das bedeutet, dass du sie nicht mehr beschützen darfst.“
André schloss die Augen und massierte seine Schläfen. „Ich habe dich das nie gefragt, aber hast du Mutter geliebt?“
Ein Schatten huschte über das vernarbte Gesicht des alten Mannes. „Als wir vermählt wurden, kannten wir einander kaum. Sie stammte aus dem Marquez-Clan. Vielleicht erinnerst du dich nicht mehr an die Marquez, denn bis auf deine Mutter wurden sie alle Anfang des achtzehnten Jahrhunderts durch einen Überfall der Jäger getötet. Unsere Väter hatten, wie es damals üblich war, die Verbindung ausgehandelt. Anfangs war es schwierig, doch wir näherten uns an und allmählich wurde Zuneigung und Liebe daraus. Darum habe ich auch keine andere zur Frau genommen, als sie starb.“
„Warum hast du nicht einfach auch für mich eine Frau bestimmt?“
„Oh, das hatte ich. Doch der Vertrag kam nicht zustande.“
„Du hast nie darüber gesprochen.“
„Auch das geschah, noch bevor du geboren wurdest. Aber lassen wir das. Ich möchte jetzt nicht daran denken.“
„Wie du meinst.“
André berührte noch einmal Alessandras Bild. Kurz nach ihrem Tod hatte die bloße Berührung des kleinen Gemäldes noch an seinen Fingern gebrannt. Doch nach all den Jahren weckte es nur noch Erinnerungen und es schmerzte, wenn er die Augen schloss und in die Vergangenheit zurückkehrte.
„Du musst dich für einen Weg entscheiden und diesen mit aller Entschlossenheit und Willenskraft verfolgen. Wende dich von ihr ab oder stelle sie vor die Wahl. Nur so kannst du einen Krieg unter den Vampiren verhindern. Und ein Krieg würde unsere alten Feinde zu neuem Leben erwecken und alles zerstören, für das du die letzten Jahre gekämpft hast, mein Sohn.“
21.
N atalie stand an Deck des Twin City Liner und blickte auf die Wälder der Donauauen, die an dem weißroten Katamaran vorbei strichen. Kalter Fahrtwind umspielte ihr Gesicht und trug den Duft der Kräuter mit sich, die zahlreich in dem weitläufigen Nationalpark wuchsen.
Ihr Zorn auf André war bereits verflogen, als das Schiff Bratislava verlassen hatte und die Stadt am Horizont verschwunden war. Doch sie bereute ihre überstürzte Abreise nicht. Welchen Sinn
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