Blutprinz (German Edition)
Hause herumsaß und sich einigelte. Sie aßen bei einem kleinen Italiener zu Abend und machten schließlich einen Abstecher zu Tinas Lieblingstanzlokal, mit dem Namen Crazy Night. Um sich etwas zu gönnen, bestellte sie sich einen White Russian und Tina ihren üblichen Sex on the Beach. Mit ihren Cocktails setzten sie sich an einen Tisch an der Tanzfläche.
„Darf ich dich etwas fragen?“, begann sie vorsichtig.
„Willst du mich etwa heiraten?“
Natalie hörte über Tinas Stichelei hinweg. „Erinnerst du dich noch an diesen schrägen Kerl in New York, mit dem du einmal was hattest?“
„Welchen? Da gab es mehrere.“
„Der Vampir.“
„Ach, Damian.“ Tina rührte mit dem Strohhalm in ihrem Cocktail. „Der Kerl war wirklich schräg. Er hatte geschliffene Eckzähne, mit denen er mich ständig beißen wollte.“ Sie schüttelte den Kopf. „Aber vögeln konnte der“, sagte Tina und seufzte leise dabei. „Er hatte mich in einer Bar angequatscht und mich dann auf diese Underground Party eingeladen, die zu Ehren des hundertfünfzigsten Geburtstags von einer Mrs. Blackrose, selbstverständlich einer Vampirlady, gefeiert wurde. Ziemlich crazy, oder?“
Natalie nickte. „Was ist aus ihm geworden?“
Tina zuckte mit den Schultern. „Du kennst mich ja. Wir haben uns ein paar Mal getroffen, dann wurde mir die Sache zu langweilig und auch ein bisschen zu freakig.“
Nach dem zweiten Getränk stürzten sie sich ins Getümmel auf der Tanzfläche und verschmolzen mit dem Rhythmus der Musik. Beim Tanzen versuchte, sie das Erlebte zumindest für den Augenblick zu vergessen. Doch es gelang ihr nicht. So wie an den vergangenen Abenden musterte sie jeden Gast des Lokals mit Misstrauen. Hinter jedem vom Alkohol gerötetem Gesicht vermutete sie einen Vampir.
Und tatsächlich war unter den Tänzerinnen eine junge, schlanke Frau mit bernsteinfarbenen Augen und zierlichen Fängen. Natalie beobachtet die junge Frau eine Weile, bis sie sich selbst zur Raison brachte. Ihre Fantasie spielte ihr sicherlich einen Streich.
Nach ein paar Liedern setzte sich Natalie erschöpft an den Tisch und beobachtete Tina, die unermüdlich weitertanzte. Wie von allein suchten ihre Augen erneut nach der jungen Frau, die nun auf der anderen Seite des Lokals neben einem Mann saß. Beide schauten in Natalies Richtung. Sie kämpfte eine Weile gegen das beklemmende Gefühl beobachtet zu werden an. Das war doch albern. Sie musste zur Toilette und beschloss, sich zusammenzureißen.
Über das Waschbecken gelehnt betrachtete sie ihr blasses Gesicht im Spiegel und genoss die kühle Nachtluft, die durch ein geöffnetes Fenster strömte. Sie tupfte sich etwas Consealer auf ihre Augenringe als die Tür aufging.
Gemächlich betrat die Frau den Vorraum, die sie gerade beobachtet hatte. Wie kleine Hammerschläge klapperten ihre Bleistiftabsätze auf dem Fliesenboden, während ihr schwarzes, hochgestecktes Haar im Rhythmus ihrer Bewegungen wippte. Zwei Schritte hinter Natalie blieb sie stehen und verschränkte die Arme. Ein endloser Augenblick verstrich, in dem sie einander im Spiegel ansahen.
Ein boshaftes Lächeln formte sich im Gesicht der Frau und Natalie konnte die scharfen Eckzähne deutlich erkennen. Wie in Zeitlupe schienen sie sich von Sekunde zu Sekunde länger aus dem Kiefer zu schieben. Langsam drehte sie sich um und sah die Frau nun direkt an.
„Ich weiß, was du bist.“ Sie war überrascht wie selbstsicher sie klang. Sie überlegte ob es klug war die Vampirin in ein Gespräch zu verwickeln, um Zeit zu gewinnen und einen Fluchtplan auszuhecken, oder ob sie gleich um Hilfe schreien sollte.
„Tatsächlich.“ Das Lächeln der Frau wurde zu einem breiten Grinsen, das dem Gesicht einen animalischen Hauch verlieh. „Dann müsstest du auch wissen, dass ich deine Angst riechen kann.“ Sie sprach jedes S mit einem Zischen aus.
Natalies Hand wanderte zu ihrer Handtasche. Dieses Wesen würde gleich etwas anderes zu riechen bekommen. Doch noch ehe sie nach dem Pfefferspray greifen konnte, umfasste die Frau mit eisernem Griff Natalies Handgelenk und schmiegte sich schnurrend und biegsam wie eine Katze um ihren Körper.
„Deine Angst duftet verlockend.“
Schlanke Finger strichen Natalies Arme entlang und der Körper der Frau wand sich noch aufdringlicher um sie. Natalie spürte einen verführerisch duftenden Hauch im Gesicht. Sie wurde schläfrig, unfähig sich gegen die Umarmung der Frau zu wehren. Sie spürte ein Verlangen, ein ungewolltes
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