Blutprinz (German Edition)
geschleudert wurde und gegen die Hausmauer prallte, dass der Putz zu bröckeln begann. Es gelang ihr, dem Griff des Vampirs zu entschlüpfen,als die Kerle diesmal zu zweit André angriffen. Andrés Reaktion war schneller, als Natalie es verfolgen konnte.
Einen Lidschlag später lagen die beiden Männer benommen am Boden. Nicht nur, dass André sich mit Überschallgeschwindigkeit bewegen konnte, er sah auch anders aus als sonst. Seine Fänge waren länger, seine Augen leuchteten von innen heraus, was seinen Blick kalt und berechnend machte. An seinen Fäusten klebte Blut, dennoch schien er diese rohe Prügelei zu genießen. Wie eine Raubkatze strich er zwischen den beiden Vampiren umher, wartend auf ihre Angriffe, die er mit Leichtigkeit und gnadenlos abwehrte, während er die Vampirin mit bloßer Gedankenkraft in Zaum hielt.
Äderchen in den Augen der Frau waren aufgeplatzt, verliehen ihrem schmerzverzerrten Blick ein leuchtendes Rot. Natalie versuchte, sich aus der Gefahrenzone herauszuhalten. Die Grausamkeit, mit der André und die drei Vampire aufeinander prallten war schockierend. Die kämpfenden Vampire waren so mit sich selbst beschäftigt, dass sie die Gelegenheit nutzte und floh.
24.
O hne Ziel lief Natalie durch den ersten Bezirk. Vor ihrem inneren Auge sah sie immer noch die Szenen des Kampfes, die sich in einer Endlosschleife abspielten. Das Bild des geliebten, gutaussehenden Junggesellen vermischte sich mit dem der Bestie. Es verwirrte sie, denn sie hatte weder Angst noch Gräuel vor ihm empfunden. In ihrem tiefsten Innern hatte sie sogar genossen, von ihrem Vampirfürsten gerettet zu werden, der seine Gesetze brach, um für sie zu kämpfen.
Wie von allein trugen ihre Beine sie bis zum Dom, der vom Scheinwerferlicht umhüllt Sicherheit ausstrahlte. Obwohl um diese Uhrzeit die Tore normalerweise verschlossen waren, stand eins einen Spalt breit offen und sie beschloss, hier Zuflucht zu suchen, bis der Tag hereinbrach. Der weiche Duft von Weihrauch schlug ihr entgegen. Mit Ehrfurcht tauchte sie die Finger in das Weihwasserbecken, bekreuzigte sich und schlich auf den Hauptaltar zu. Sie war nicht die Einzige, die den offenen Eingang bemerkt hatte. Vereinzelt saßen Menschen betend auf den Bänken. Niemand nahm Notiz von ihr. Sie sank auf die Knie, bekreuzigte sich erneut und setzte sich schließlich auf eine Bank. Ihr letzter Besuch in einer Kirche lag eine Weile zurück. Seit dem Tod ihrer Eltern, die bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren, hatte Natalie dem katholischen Glauben den Rücken gekehrt. Sie war damals neunzehn Jahre gewesen, alt genug, um allein zu leben. Ihre Eltern hatten gut für sie vorgesorgt. Doch da sie sonst keine Verwandtschaft hatte, war sie in den ersten Jahren sehr einsam gewesen. Vielleicht war das der Grund, dass sie die Fehltritte ihres Ex-Freundes einfach übersehen hatte, bis Tina in ihr Leben getreten war und ihr die Augen geöffnet hatte.
Sie war so sehr in ihren Gedanken versunken, dass sie André erst bemerkte, als er plötzlich neben ihr auf der Bank saß. Einen kurzen Moment fragte sie sich, wie er heiligen Boden betreten konnte. Aber das war sicher albern. Was hatte sie erwartet? Dass er vor ihren Augen zu Staub zerfiel? Sie wusste nichts über diesen Mann, seine Art, sein wahres Ich.
André schüttelte den Kopf und schmunzelte. Konnte er auch noch ihre Gedanken lesen?
„Aberglaube“, antwortete er.
Anscheinend konnte er es. Nichts an seinem Erscheinungsbild deutete daraufhin, dass er eben noch wie ein Berserker gekämpft hatte.
„Alles nur Aberglaube. Ich liebe diese alten Gemäuer, die Stille, den Duft und die Magie, die über all dem liegt.“
„Wie hast du mich gefunden?“ Von seinen Reißzähnen war nichts mehr zu sehen und ihr wurde bewusst, dass sie ihn die ganze Zeit anstarrte.
André zuckte mit den Schultern. „Ich kann deine Nähe spüren.“
„Ich konnte es nicht mit ansehen“, gestand sie ihm. Sie hatte das Bedürfnis sich zu entschuldigen, ihn mit den drei Vampiren allein gelassen zu haben. „Vielleicht hatte ich auch einfach nur Angst.“
„Sie hätten dir nichts mehr getan“, sagte er. Seine Stimme und die Erinnerungen an den Kampf überzeugten Natalie, dass es so war. Sie musste es ihm aber erklären.
„Es waren nicht die Vampire. Es war … ich weiß auch nicht, diese Art von Gewalt.“
Andrés Blick verfinsterte sich. „Es tut mir leid, dass du es mitansehen musstest.“ Er strich eine Haarsträhne aus seinem
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