Blutprinz (German Edition)
Gesicht. „Aber es werden andere kommen und sie werden dich nicht in Ruhe lassen.“ Er machte eine kurze Pause und atmete tief durch. „Und es ist alles meine Schuld. Ich hab dich verdammt noch mal zwischen die Fronten dieses Krieges getrieben.“
„Krieg?“ Das Wort kroch wie ein kalter Schauer über ihren Rücken. Sie war anscheinend mit mehr konfrontiert, als sie sich ausmalen konnte.
„Ein Streit unter Vampiren.“ Er blickte sich in der Kirche um. „Aber wir sollten woanders darüber reden.“ Er lächelte sie an. „Ich kenne da eine schicke Wohnung nicht weit von hier.“
Unwiderstehlich. Er mochte ein Vampir sein, und sie in mehr verstrickt, als sie momentan erfasste, aber sie konnte nicht anders als ihm zu folgen.
Obwohl seit dem Tag, als sie Andrés Penthaus fluchtartig verlassen hatte, einige Wochen vergangen waren, konnte sie die Spuren des Überfalls an der Wand und an den Vertäfelungen noch sehen. Die Eingangstür war erneuert worden und die Möbel standen wieder an ihrem Platz. Jedoch fehlten an den Wänden einige Bilder und in den Regalen, die einst mit CDs und Schallplatten gefüllt waren, klafften große Löcher.
„Manche davon waren Unikate“, sagte André mit wehmütigem Ton, nachdem er ihre fragende Miene bemerkt hatte.
Er bot ihr einen Platz an und ging zur Küchenzeile, um Wasser für Tee aufzustellen. Ihr fiel ein, dass sie Tina allein im Lokal zurückgelassen hatte und wahrscheinlich hatte bereits jemand die Handtasche entdeckt, die sie auf der Toilette hatte liegen lassen. Natalie entschuldigte sich für einen Augenblick, um eine Beruhigungs-SMS zu tippen. Glücklicherweise hatte sie seit dem Überfall auf der Eröffnungsfeier immer ihr Handy bei sich. Später saßen sie gemeinsam auf dem Sofa und sie erzählte André von der Begegnung in der Bar.
„Es war schwer für mich zu glauben, dass du ein Vampir bist, ja dass es so etwas wie Vampire überhaupt gibt.“
Er goss Tee in die Tassen. „Die meisten von uns setzen auch alles daran, um ihre wahre Existenz im Verborgenen zu halten.“
„Die drei von heute abend halten anscheinend wenig davon.“ Natalie atmete den Duft des grünen Tees ein.
André nickte. „Der Kampf mit dem Assassinen blieb nicht unbemerkt.“ Er schilderte Natalie, was bei der Ratsversammlung vorgefallen war. „Die Halbblüterin hat dich wiedererkannt.“
„Was bedeutet Halbblüterin?“
Sie hatte den Ausdruck schon einmal in diesem Buch über Clans in England gelesen. Sie erinnerte sich an die Stammbäume mit den unmöglichen Lebensspannen, die plötzlich einen Sinn ergaben.
„Es ist die Art, wie wir zu Vampiren wurden und oft auch welche Stellung wir in der Gesellschaft der Vampire und in unseren Familien einnehmen.“ Er trank einen Schluck Tee und schnippte mit dem Finger. Mit einem leisen Summen nahm der CD-Player die Arbeit auf, erfüllte den Raum mit sanften Klaviertönen. Beeindruckend.
„Manche sind reinblütig gezeugt von einem Vampir und geboren aus dem Leib einer Vampirin.“
Sie spürte den Stolz in seinen Worten, der schon beinahe überheblich wirkte und verdeutlichte, dass André sich selbst zu den Reinblütern zählte, ohne dass er es aussprach.
„Vampire die einen direkten menschlichen Vorfahren haben oder durch Metamorphose zu einem unseres Volkes mutierten, nennen wir Halbblüter. Wobei das Kind, das durch einen Rein- und Halbblüter gezeugt wird, immer als reinblütig angesehen wird. Dann gibt es noch jene, die tierische Gene in sich vereinen, sogenannte Bastarde. Du bist einem von ihnen begegnet, dem Assassinen.“
Sein Stolz kehrte sich ins Negative und in seinen Augen las Natalie die Abscheu, die André dem Assassinen gegenüber empfand. In Natalies Kopf formte sich das Bild einer Hierarchie, wie die Kasten des Hinduismus.
„Und Reinblüter und Halbblüter bekämpfen einander?“
André schüttelte den Kopf. „Nein. Reinblüter, Halbblüter oder Bastarde bezeichnet nur die genetische Abstammung. Die meisten von uns gehören einem Clan an, dem sie treu sind.“
„Dann kämpfen also die Clans gegeneinander?“ Sie betrachtete sein Gesicht, folgte den Linien, dem kantigen, wild erscheinenden Kinn.
„Vor etwa fünfzig Jahren wurde mein Vater bei einem Kampf mit einem Vampirjäger schwer verwundet. Daraufhin hat er mir die Verantwortung übertragen, den Barov-Clan zu führen. Damals, nach den beiden großen Weltkriegen, herrschte Chaos unter den Vampiren. Jede Familie lebte für sich und die Vampirjäger waren
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