Blutrausch
Augen.
– Wieso hat sie zugestimmt, dich laufen zu lassen?
– Da hat mir Terry aus der Patsche geholfen. Als du weg warst, um dich um Tom zu kümmern, hat Terry noch ein Verhör durchgeführt. Und er hat es so gedreht, dass sie am Ende geglaubt hat, es wäre ihre Idee, mich hierzubehalten. Als Doppelagent, der falsche Informationen an die Koalition weiterleiten kann. Das hat sie geschluckt. Und vergiss die Kohle nicht. Die Society ist ja immer knapp bei Kasse. Solange ich hier bin, kann ich da ab und zu aushelfen. Sie war damit einverstanden, mich unter Hausarrest zu stellen und so lange bewachen zu lassen, bis ich meine Loyalität bewiesen habe. Was nicht mehr allzu lange dauern wird. Aber, hey!
Er deutet wieder auf sein Apartment und seine Mädchen.
– Ist ja nicht so, dass mir das furchtbar schwerfällt.
Ich sehe mich um.
– Nehm’ ich dir glatt ab. Hast du neben dem ganzen anderen Luxuskram auch ein Telefon?
– Klar, sicher. Hier.
Er nimmt ein schnurloses Telefon vom Kaffeetisch und wirft es mir zu.
Ich deute auf Ponchos Zimmer.
– Kann ich da drin telefonieren?
– Klar, Mann.
Ich stehe auf. Der Graf erhebt sich ebenfalls.
– Hey, Joe. Wir sind cool, oder? Für mich ist alles zwischen uns geklärt. Ich finde, du hast die ganze Scheiße echt lässig durchgezogen. Obwohl dir übel mitgespielt wurde. Also ehrlich, dafür hast du meinen Respekt.
Ich zucke mit den Schultern.
– Klar, wir sind cool. So läuft das Geschäft nun mal. Und, hey.
Ich ziehe den Beutel mit Anathema aus der Jackentasche.
– Ich hab da was für dich.
Ich werfe ihm den Beutel zu.
– Von der alten Frau. Ganz frisch, von heute Morgen. Terry hat gesagt, ich soll’s dir geben.
Er fängt den Beutel auf.
– Oh, cool! Ich wusste, dass er Wort hält.
Er grinst mich breit an.
– Dachte doch, dass ich da was an dir gerochen hab.
Er schnüffelt daran.
– Schon bisschen schlapp, aber macht nichts.
Er wendet sich seinen Mädchen zu.
– Seht ihr, Mädels, ich hab’s euch doch gesagt, Joe ist unser Mann. Der kann Geschäftliches von Privatem trennen.
Zöpfchen steht auf allen vieren und macht einen Katzenbuckel.
– Wann werden wir mal privat, Joe?
Sie blinzelt mir zu und springt auf, um mit Schneewittchen das Besteck zu organisieren.
Der Graf reicht Poncho den Beutel.
– Willst du nicht bleiben, Joe? Ich weiß, du stehst nicht auf das Zeug, aber es ist auch massenweise normales Blut im Kühlschrank. Gönn dir ’nen Beutel. Dröhn dich auf die altbewährte Weise zu, Mann.
Er geht auf mich zu, legt mir den Arm um die Schultern und deutet auf Zöpfchen, die mit den anderen Mädchen auf dem Boden kniet und die Spritzen vorbereitet.
– Sie hat sich irgendwie in dich verguckt. Und glaub mir, sie ist echt gut. Besonders, wenn sie einen in der Krone hat. Dann ist sie wirklich in ’ner andren Welt, Mann.
Ich sehe sie an. Sie bemerkt meinen Blick, wirft mir ein Küsschen zu und macht sich wieder an die Arbeit.
– Vielleicht später. Jetzt muss ich erst mal telefonieren.
Er klopft mir auf die Schulter.
– Das wollte ich hören!
Er gesellt sich zu den Mädchen, und ich gehe in den mit den Türen abgegrenzten Raum, der eigentlich nur aus einer riesigen Matratze besteht. Trendige Designerklamotten aus den Boutiquen der Lower East Side quellen aus den Schubladen eines Kleiderschranks. Drei Mobiles aus Blech und farbigem Glas hängen von der Decke. Ich versuche, unter einem hindurchzugehen, und streife es mit der Schulter. Es fängt an zu klirren. In einer der Türen ist eine Milchglasscheibe. Dahinter kann ich die verschwommenen Gestalten des Grafen und seiner Mädchen erkennen, die im Kreis auf dem Boden sitzen.
Ich wähle.
Er antwortet.
– Hallo?
– Ich bin’s.
– Hey, Joe. Was ist los?
– Ich nehme dein Angebot an.
– Wow. Also, das nenne ich eine weise Entscheidung, Mann. Wurde auch Zeit, dass du mehr als nur ein Rädchen im Getriebe bist. Ich weiß, das hört sich jetzt affig an, aber du kannst dazu beitragen, dass die Welt ein besserer Ort wird.
Ich denke über die Welt nach. Daran, dass es haufenweise Möglichkeiten gibt, sie besser zu machen. Und ich überlege, wie die Chancen stehen, dass ein Kerl wie ich das Zeug dazu hat.
– Ja, so machen wir’s, Terry. Wir räumen mal so richtig auf.
– Das ist die richtige Einstellung. Komm morgen Abend vorbei. Dann reden wir. So richtig, meine ich.
– Ja. Klar. Morgen. Ich muss jetzt los. Ich hab noch was zu erledigen.
Ich lege auf.
Dann gehe
Weitere Kostenlose Bücher