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Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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an George vorbeikommen. Er ist sehr deutsch in seiner Aktenführung.«
    »Sein Alibi wurde überprüft, nehme ich an?«
    »Wir haben mit ihm gesprochen«, sagte Karamata. »Er war das ganze Wochenende über zu Hause. Er und dieser komische kleine Junge, Oscar.«
    Der Laster kam mitten auf der Müllkippe zum Stehen. Aus den Müllbergen tauchten hagere Bittsteller auf und umschwärmten
mit gesenkten Köpfen das Gefährt. Der Fahrer sprang aus dem Führerhaus und ging zu dem Vormann, der mit griffbereiter Lederpeitsche abseits stand. Geschickt und fleißig füllten die Müllsortierer Sack um Sack mit entsorgtem Überfluss.
    »Der zweite Wirtschaftskreislauf«, merkte Karamata an. »Zurzeit der einzige, der funktioniert.«
    »Es hat sich ausgefischt?«
    »Aus und klaar. Nicht einmal mehr gute Freunde bekommen einen Job.«
    »Sie haben nicht in den Fischfang investiert?«, erkundigte sich Clare.
    »Ganz bestimmt nicht.« Er lachte. »Ich hatte weder den richtigen Nachnamen, noch die richtigen Verbindungen. Wahrscheinlich kann ich mich inzwischen glücklich schätzen.«
    Karamata ließ den Motor an, und das Fahrzeug kippte nach vorn über den steilen Dünenkamm. Unten lenkte er auf einen Feldweg, der zur Müllkippe führte, und parkte vor dem Eingang zum Gebäude.
    »Sagen wir George Meyer hallo«, schlug er vor. »Aus Höflichkeit.« Er drückte die Fliegentür auf, und Clare folgte ihm durch einen makellos sauberen Korridor. Die dritte Tür stand offen.
    »Mr Meyer?« Karamata zog leicht den Kopf ein, als er in das Büro trat. Neben seiner massigen Gestalt wirkten die Möbel winzig.
    George Meyer saß an seinem Schreibtisch. Der kleine Rotschopf, den Clare an der Lagune beim Radfahren beobachtet hatte, saß an einem kleinen Tisch daneben. Die Augen des Jungen wurden groß, als er sie erkannte.
    »Sergeant Karamata. Madam.« George Meyer stand auf, strich sich übers Haar und nickte Clare zu.
    »Das ist Dr. Hart«, stellte Karamata sie vor. »Dr. Hart und
ich möchten mit den Jungen sprechen, die auf der Müllkippe leben.«
    »Bitte tragen Sie sich hier ein.« Mr Meyer schob Karamata ein Hauptbuch zu. »Eine neue Regelung, seit der Leichnam hier gefunden wurde. Die Jungen haben Angst. So fühlen sie sich sicherer.«
    »Sind sie es?«, fragte Clare.
    »Ich bezweifle es«, sagte Meyer. »Der mysteriöse Mörder würde sich bestimmt nicht hier auf der Müllkippe blicken lassen.«
    »Warum nicht?«, fragte Clare.
    »Na, hier würde jeder Fremde sofort auffallen, oder?«
    »Das würde er«, schränkte Clare ein, »wenn er ein Fremder wäre.« Während Karamata die Formalitäten erledigte, trat sie an den kleinen Tisch und schaute sich an, was das Kind malte. Oscar hatte die Seite mit Zeichnungen bedeckt. Blühende Menschengestalten, geflügelte Bäume, Delfine. Die beinahe beunruhigend farbigen Fantasien passten so gar nicht an diesen tristen Ort.
    »Die sind aber schön.« Clare lächelte den Jungen an, aber das Kind sah nur auf seine sommersprossigen Hände und knetete sie in seinem Schoß. »Wie heißt du?« Sie beugte sich neben ihm nach unten.
    »Das ist Oscar«, antwortete Meyer für das Kind. »Er hat nicht mehr gesprochen, seit seine Mutter vor sechs Monaten starb.«
    Die Puzzleteilchen fügten sich ineinander: Meyer, Virginia Meyer. Clare erinnerte sich an ein Buch, das sie bei ihrem letzten Aufenthalt in Walvis Bay gelesen hatte. Sie wandte sich wieder an das Kind. »Deine Mutter hat die Pflanzen am Kuiseb studiert, nicht wahr? Sie hat mit den Wüstenvölkern gearbeitet, weil sie wissen wollte, wie sie die Pflanzen benutzen.«
    Die Augen des Jungen leuchteten auf, wie um Clares Frage zu bestätigen.

    »Sie war meine Frau.« George Meyer senkte den Blick, als er das sagte. »Davor hat sie viele Jahre lang mit Oscar zusammen im Kuiseb gelebt.« Er streckte die Hand aus, und das Kind huschte hinüber, aber Meyer zog den es in seine schützenden Arme. Die beiden standen Seite an Seite und schauten zu, wie Clare und Karamata wieder in ihr Auto stiegen.
    »Ein ungewöhnlicher Junge«, sagte sie, als sie losgefahren waren.
    »Er kommt nach seiner Mutter«, sagte Karamata. »Virginia war mit ihrem roten Feuerhaar wie Moses’ brennender Busch. Und so weiße Haut, gar nicht gut für dieses Land.«
    »Sie stammte nicht von hier?«
    »Sie war Amerikanerin. Sie kam hierher, um im Wüstenforschungszentrum zu arbeiten. Dann, als ihr Visum ablief, trieb sie George irgendwo auf und heiratete ihn. Ich glaube, für sie war es so, als

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