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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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War sie vielleicht pleite, ohne dass jemand davon wusste?“
    â€žDas halte ich für eher unwahrscheinlich“, befand Cook, nahm ihr das Protokoll ab und legte es zurück in die Mappe. „Immerhin hat sie sich am Nachmittag ihres Todes noch Hüte und was weiß ich noch alles gekauft.“
    â€žOh, eine finanzielle Notlage hat noch keine Frau davon abgehalten, sich neue Hüte zu kaufen“, erwiderte Nell. „Zumindest nicht eine Frau wie Virginia Kimball.“ Nachdenklich deutete sie auf die durchgestrichenen Worte in Maximilian Thurstons Aussage – Am Tag vor dem Mord empfing Mrs. Kimball Besuch von – und fragte: „Was meinen Sie, weshalb das gestrichen wurde?“
    â€žKann ich Ihnen wirklich nicht sagen, denn ich war ja nicht dabei.“ Cook hob den Deckel des mit V. KIMBALL beschrifteten Kartons und spähte hinein. Dann nahm er einen Damenhandschuh aus feinem elfenbeinfarbenem Leder heraus und schnupperte daran. „Hier … kein Zweifel, Mrs. Kimball hat die Waffe eigenhändig abgefeuert.“
    Nell trat zu ihm und nahm den Handschuh entgegen, dessen Handfläche Blutflecken aufwies. Sie schnupperte. Außer Leder und Blut ließ sich tatsächlich auch der rauchige Geruch von verbranntem Schießpulver ausmachen. Und selbst hier, im milchigen Mondlicht, das schwach in Skinners Büro schien, waren auf dem Handschuh, zwischen Daumen und Zeigefinger, deutlich die gräulichen Schmauchspuren zu erkennen. Schweigend gab sie Cook den Handschuh zurück, damit er ihn wieder in den Karton legen könne.
    â€žDas beweist gar nichts“, meinte sie. „Wenn Sie mich fragen, so bezeugt das Untersuchungsprotokoll nur, wie erschreckend nachlässig in diesem Fall vorgegangen worden ist. Es würde mich keineswegs überraschen, wenn der Coroner – wie hieß er gleich noch mal … Baldwin? – wenn er bestochen worden wäre, um die Geschworenen zu dem Urteil zu bewegen, zu dem sie letztlich gelangt sind. Wahrscheinlich sind sie allesamt korrupt – Baldwin, Detective Skinner, dieser angebliche Waffenexperte …“
    â€žSam Watts?“ Entschieden schüttelte Cook den Kopf. „Ich kenne Sam. Eine ehrliche Haut, oft ehrlicher, als gut für ihn ist. Und es dürfte in der Stadt wohl niemanden geben, der besser über Waffen Bescheid weiß als er. Wenn er sagt, dass die Kugel aus Mrs. Kimballs Remington ist, dann ist sie auch aus Mrs. Kimballs Remington.“
    â€žEinverstanden“, sagte Nell. „Aber was Baldwin und Skinner anbelangt, so vermute ich, dass sie alles untereinander abgesprochen haben und sich dafür weiß der Himmel wie viel haben zahlen lassen. Jemand, beziehungsweise mehrere Jemande, wollen nicht, dass dieser Fall gründlicher untersucht wird.“
    â€žDurchaus möglich“, räumte Cook seufzend ein, während er weiter in dem Karton herumstöberte, „aber ich würde da jetzt mal keine voreiligen Schlüsse ziehen. Könnte ja auch sein, dass die Untersuchung einfach nur deshalb so nachlässig war, weil das bei uns eben meist so ist. Könnte gut sein, dass der Fall auch dann nicht ordentlich untersucht worden wäre, wenn gar kein Geld geflossen wäre, weil es bei der Bostoner Polizei nämlich bislang nicht einen einzigen Detective gibt, der sich mit der Untersuchung von Mordfällen überhaupt auskennt. Und ich bin da keine Ausnahme.“
    Ungläubig schaute Nell ihn an. Es machte sie fassungslos, dass ein Kriminalpolizist – noch dazu einer, den sie sehr schätzte – so beiläufig seine berufliche Inkompetenz eingestand und die seines gesamten Berufsstandes gleich dazu.
    Cook griff abermals in den Karton und holte ein flottes blaues Bandeau hervor – ein breites Stirnband, das mit allerlei Federn, Schleifen und seidenen Orchideen aufgeputzt war und zudem einen kleinen gepunkteten Schleier hatte. „So was Ähnliches habe ich Mrs. Cook letztes Jahr zum Geburtstag gekauft, aber sie meinte, das wäre viel zu schick für sie. Sie hat mich gebeten, es zurückzubringen und ihr etwas Schlichteres zu kaufen. Ich hab’ ihr gesagt, hübsche Damen wie sie könnten ruhig auch hübschen Kopfputz tragen, aber sie meinte, das wäre nicht hübsch sondern protzig.“
    â€žKlingt, als sei Ihre Frau mit einem beneidenswert guten Geschmack gesegnet.“ Als Nell vor fünf Jahren für die Hewitts zu arbeiten

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