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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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sich auf dem Teller hat. Ein Fleischklumpen, nichts weiter.“
    â€žEine enge Schnürung kann der Konstitution gar förderlich sein“, meinte Cecilia. „Sie hält einen zu aufrechter Körperhaltung an und wirkt belebend auf den Kreislauf. Und kein Mann kann einer schmalen Taille widerstehen. Zumindest kein normaler Mann. Um ganz ehrlich zu sein, so wollte ich nichts mit einem Gentleman zu tun haben, der so etwas attraktiv findet.“ Sie deutete mit abfälligem Kopfnicken auf das Gewand ihrer Schwester. „Ich würde mich wirklich fragen, ob er nicht vielleicht … na ja, ihr wisst schon, ob er nicht so einer ist.“
    Emily, die schon eine ganze Weile stumm dabei gesessen hatte, stemmte sich mit einem leisen Stöhnen aus ihrem Sessel und griff nach ihrem Sherryglas. „Wenn die Damen mich bitte entschuldigen würden“, sagte sie im Hinausgehen, „aber meine unbeschadete Leber und ich werden sich jetzt in den Garten begeben und uns eine Zigarette genehmigen.“

8. KAPITEL
    Nach Emilys wenig schicklichem Abgang schnalzte Winifred in leiser Missbilligung mit der Zunge angesichts dieser schockierenden neuen Angewohnheit ihrer ältesten Tochter, für die sie indes Vera die Schuld gab. „Wo warst du eigentlich, als sie zu rauchen angefangen hat? Das sage ich dir, sie stirbt uns noch als alte Jungfer, und ich muss es hilflos mit ansehen. Sie war ja schon immer ein unverbesserlicher Blaustrumpf, sogar schon, als sie noch ganz klein war. Immer für sich und die Nase in irgendeinem Buch …“
    â€žNun ja“, begann Vera zögerlich, „aber findest du denn nicht auch, dass sie …“
    â€žIch finde, sie sollte sich besser mal hübsch machen und dem Beispiel ihrer Schwester folgen, bevor sie gänzlich unverheiratbar geworden ist. Es genügt wahrlich, wenn wir eine alte Jungfer durchzubringen haben, finde ich.“
    Vera sank tief in ihren Sessel, die Augen niedergeschlagen, die Lippen fest zusammengepresst. Wie eine rasch ansteigende Flut kroch ihr die Röte den Hals hinauf.
    â€žWir haben wirklich versucht, unser Bestes zu geben“, klagte Winifred und nahm sich eine Handvoll Schokoladenbonbons. „Tanzstunden hat sie bekommen und Unterricht in Betragen, aber alles vergebliche Liebesmüh. Als sie nach Europa aufgebrochen ist, dachte ich noch, ‚Gott sei dank! Sie wird gerade zur Frühjahrssaison in London sein und dort vielleicht einen Ehemann finden. Vielleicht sogar einen mit Titel.‘ Aber dann haben Vera und sie sich auf diese wahnwitzige Odyssee begeben und …“
    Ratlos zuckte sie die Achseln und steckte sich ein Bonbon in den Mund, kaute ein- oder zweimal darauf herum und schluckte es dann gierig hinunter. „Und nun, wo sie wieder zurück ist, ist sie noch schlimmer als zuvor. Diese entsetzlichen Kleider! Falls man derlei überhaupt als Kleider bezeichnen kann. Und sie weigert sich, mich bei gesellschaftlichen Anlässen zu begleiten, Besuche zu machen oder sich mit jungen Damen aus besseren Kreisen anzufreunden. Wollen Sie wissen, mit wem sie sich stattdessen angefreundet hat? Mit dieser Fiona Gannon! Ein Zimmermädchen … und nicht nur das – eine Diebin und Mörderin!“
    Zutiefst mitfühlend schüttelte Nell den Kopf, beugte sich dann vertraulich zu Winifred vor und flüsterte: „Könnten Sie mir vielleicht sagen, wo ich das Bad finde?“
    Glücklicherweise befand sich das Bad im hinteren Teil des Hauses, weshalb Nell keinen Argwohn erregte, als sie sich in diese Richtung aufmachte. Doch statt natürlichen Bedürfnissen nachzukommen, lief sie daran vorbei, steuerte auf eine weit offen stehende Flügeltür zu und ging hinaus in den Garten.
    Während sie drinnen beim Abendessen gesessen hatten, war die Sonne untergegangen, und da der Mond noch recht schwach am Himmel stand, wurde der kleine Innenhof nur vom gelblichen Lichtschein erhellt, der durch einzelne Fenster und die Terrassentür nach draußen drang. Umgeben von in Zierkübeln gepflanzten Bäumen, hatte Emily es sich in einem Gartenstuhl bequem gemacht, die Beine übereinandergeschlagen auf eine Ottomane gelegt, ihr Sherryglas in der einen und die Zigarette in der anderen Hand. Sie hob sie an den Mund, und hell glühte die Spitze in der Dunkelheit auf. Während sie langsam den Rauch ausstieß, fragte sie: „Sind Sie wirklich Gouvernante?“
    â€žJa.“
    Emily

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