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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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recherchiert“, lobte Will, „und sehr gut argumentiert. Vor Kurzem stand noch mal ein ähnlicher Artikel in The Lancet, aber ich fand dennoch, dass Sie Ihren Standpunkt präziser vertreten haben.“
    â€žOh, danke.“
    Will, der seit gut fünf Jahren seinen Lebensunterhalt ausschließlich mit Glücksspiel bestritt, las noch immer die medizinischen Fachzeitschriften? Ihrer überraschten Miene nach zu schließen, fand Viola diese Neuigkeit wohl ebenso bemerkenswert wie Nell. Die beiden Frauen tauschten ein feines, leicht ungläubiges Lächeln.
    â€žBesonders interessant fand ich, was Sie zur Diagnosestellung bei der Autopsie von Wasserleichen anzumerken hatten“, fuhr Will fort. „Ich habe letzten Herbst eine junge Dame obduziert, deren Leichnam auf einem Feld gefunden worden war, aber dennoch waren ihre Lungen eindeutig aufgeschwemmt und wiesen Spuren von Algen und Wasserpflanzen und dergleichen auf.
    â€žAuch Schaumbläschen an den Gefäßen?“
    â€žSehr viele sogar“, erwiderte Will und schnitt in seine Ente. „Das Lungengewebe hatte natürlich schon angefangen, sich zu zersetzen, aber …“
    Viola räusperte sich, und Will hielt kurz inne, um seine Mutter fragend anzusehen. „Vielleicht wäre dieses Gespräch doch besser für eine andere Gelegenheit geeignet“, meinte sie milde.
    Will schaute kurz so verwundert in die Runde, als habe er völlig vergessen, dass er sich auf einer Dinnerparty befand, was durchaus nicht unwahrscheinlich war. „Ich bitte vielmals um Entschuldigung, sollte ich jemandem den Appetit verdorben haben“, sagte er schließlich.
    â€žMeinen haben Sie nicht verdorben“, erklärte Emily. „Ich fand es sogar ziemlich interessant.“
    â€žMit dieser Ansicht dürften Sie aber gewiss allein dastehen“, meinte Will und lächelte charmant. „Ein andermal dann“, sagte er zu Foster.
    â€žGern.“
    â€žIch vertrete Dr. Foster beim Verkauf seines Hauses“, meldete Mr. Pratt sich nun wieder zu Wort und tupfte sich mit seiner Serviette den Mund ab, nachdem er seine Ente bis auf den letzten Anstandsbissen verspeist hatte. „Es ist hier in Beacon Hill, nur ein paar Straßen weiter. Klein und anheimelnd, drei Stockwerke mit Veranda und eigenem Garten, mit neuer Küche und … äh … sanitären Einrichtungen. Sollte jemand von Ihnen jemanden kennen, der ein Haus in ausgezeichneter Lage erwerben möchte …“
    â€žNa ja“, befand Winifred, „es ist in der Acorn Street.“
    Pratt warf ihr über die gesamte Tischlänge hinweg einen vernichtenden Blick zu.
    â€žIch finde ja nur, dass man das gleich vorneweg sagen sollte“, verteidigte sie sich. „Denn die Acorn Street, also Sie wissen schon … Man würde Ladenbesitzer und solche Leute als Nachbarn haben.“
    Mr. Pratt seufzte schwer und gab dem Butler ein Zeichen, der wiederum den Lakaien bedeutete, den Wildgang abzutragen.
    â€žMir gefällt die Acorn Street tatsächlich sehr gut“, sagte Viola. „Ein bezauberndes, kopfsteingepflastertes Gässchen mit hübschen Backsteinhäusern auf der einen und hohen Gartenmauern auf der anderen Seite. Ich fühle mich in der Acorn Street immer ein klein wenig an die eher pittoresken Viertel in London erinnert.“
    â€žMir gefällt es dort auch sehr gut“, bemerkte Dr. Foster, „und ich würde überhaupt nicht wegziehen, wenn ich nicht einfach mehr Platz für meine Praxis bräuchte. Deshalb habe ich mir ein größeres Haus in der Back Bay bauen lassen, wo das gesamte Erdgeschoss jetzt den Untersuchungszimmern und Operationsräumen vorbehalten ist.“
    â€žAus welchen Gründen auch immer, so war es doch sehr klug von Ihnen, sich ein größeres Haus in einer besseren Gegend zuzulegen“, belehrte Winifred Dr. Foster. „Denn dadurch werden Sie auch das Interesse der besseren jungen Damen gewinnen.“ Sie schaute Emily vielsagend an, die indes betont beiseite blickte.
    Die Lakaien brachten den nächsten Gang herbei – Schinkenmousse mit grünem Salat –, und das Gespräch wandte sich nun dem Bostoner Immobilienmarkt und der Frage zu, ob modernster Komfort ein Haus denn wirklich attraktiver mache. Jemand brachte den Aufzug zur Sprache, den August Hewitt in seinem Haus hatte einbauen lassen, da seine Frau – einst vor dem Krieg an

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