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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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Jäger Ritter von Brudermann. Klingt ja erstmal sehr beeindruckend, aber tatsächlich ist er nichts weiter als der mittellose jüngste Sohn eines Ritters – was ungefähr soviel wert ist wie ein Baronet. Und er hat rein gar nichts: keine Ländereien, keine Bildung, kein florierendes Geschäft, keine Manieren und nicht einmal die leiseste Andeutung einer Persönlichkeit. Aber er sieht unverschämt gut aus, was allerdings auch das Einzige ist, das für ihn spricht.“
    â€žUnd es hat Cecilia überhaupt nicht gestört, dass er so arm ist?“, fragte Nell.
    â€žWarum sollte es sie stören? Wenn sie heiratet – ganz gleich, wen sie heiratet – bekommt sie eine aberwitzig hohe Summe als Mitgift, eine verschwenderisch bemessene Aussteuer, ein Hochzeitskleid von Worth im Wert von fünftausend Dollar, ein prächtiges, neu erbautes Stadtschloss in der Back Bay inklusive Mobiliar und Personal, einen Landauer samt Pferden, eine sechsmonatige Hochzeitsreise nach Europa … All das – einschließlich Cecilia, wohlgemerkt – fiele jedoch nach der Hochzeit rechtlich dem glücklichen Gatten zu. Felix war nichts weiter als ein Goldgräber. Das wusste mein Vater natürlich auch – er ist ja nicht dumm. Und deshalb hat es auch über ein Jahr gedauert, bis er der Hochzeit zustimmte, was er dann letztlich wohl nur getan hat, weil er Cecilias ständiges Geschrei und Geheule nicht länger ertragen konnte.“
    â€žDas klingt doch eher so, als hätte nur Felix von der Verbindung einen Vorteil gehabt“, wandte Nell ein.
    â€žNicht nach Cecilias Maßstäben. Als sie die Vorbereitungen zur Bekanntgabe der Verlobung traf, ließ sie bereits alle Welt wissen, dass man sie doch nach der Hochzeit bitteschön gemäß britischer Tradition als Lady Brudermann anzureden habe.“
    â€žAber er war doch Österreicher“, meinte Nell leicht verwundert.
    â€žEin durchaus zu vernachlässigendes Detail. Cecilia beharrte darauf, dass sie nach der Heirat eine Baronetess sei, was genau genommen eine Dame ist, die von Hause aus über die Baronetswürde verfügt, aber von solchen Spitzfindigkeiten wollte meine Schwester nichts hören. Oh ja, und Felix sei bitte fortan Sir Felix zu nennen.“
    â€žAch, du lieber Himmel“, schmunzelte Nell.
    â€žSie hat das Wappen der Brudermanns auf Ringe prägen lassen, auf Broschen und Briefpapier, auf Siegel, hat es in Laken einsticken lassen, in Handtücher und Taschentücher, in Servietten und Tischdecken und … lassen Sie mich nachdenken … oh ja, es in Silberteller eingravieren und sogar vier Dutzend Gedecke aus Meißener Porzellan anfertigen und mit dem Familienwappen versehen lassen. An dem Tag, da sie mit Felix gebrochen hatte, kam sie mit dem ganzen Geschirr hier raus in den Garten und hat es kurz und klein geschlagen.“
    â€žAber warum?“, fragte Nell. „Ich meine, warum hat sie die Verlobung gelöst?“
    â€žWeil selbst ein raffgieriges, oberflächliches Geschöpf wie Cecilia seinen Stolz hat. Als die Sache mit Felix und Mrs. Kimball bekannt wurde, da war sie …“
    â€žFelix und Mrs. Kimball?“ Nell setzte sich kerzengerade auf. „Wann war denn das?“
    â€žDie Affäre?“ Emily zuckte die Achseln. „Soweit ich gehört habe, dürfte das schon eine ganze Weile so gegangen sein. Aber die recht dramatische, oder vielleicht sollte ich eher sagen melodramatische Enthüllung der Affäre vor der gesamten Bostoner Gesellschaft, fand an jenem Abend statt, da meine Eltern ihren alljährlichen Ball gaben – keine halbe Stunde, nachdem die Verlobung von Cecilia und Felix offiziell verkündet worden war.“
    â€žZu dem Zeitpunkt dürfte Mrs. Kimball aufgetaucht sein, nehme ich an.“
    â€žOh ja, Sie hätten dabei sein sollen! Wie köstlich skandalös. In der pompösesten Robe, die man je gesehen hatte, kam sie hereinstolziert und rauschte wie eine leibhaftige Südstaatenschönheit durch den Ballsaal. Zuerst wusste ich gar nicht, wer sie ist. Die Hälfte der männlichen Gäste versuchte rasch, aus ihrem Blickfeld zu verschwinden, um nur ja nicht etwas zu vertraulich von ihr gegrüßt zu werden. Besonders die verheirateten Männer wären wohl am liebsten im Erdboden versunken. Thurston hatte sie begleitet. Wie ich gehört habe, sieht man die beiden fast nur

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