Blutrot wie die Wahrheit
nahm indes nicht auf dem soeben frei gewordenen Stuhl Platz, sondern setzte sich auf die Ottomane, fasste geschwind unter Nells Röcke, griff nach ihren FüÃen und legte sie sich auf den SchoÃ. âMir war bislang noch nie aufgefallen, was für stattliche FüÃe du hast.â
âStattlich!â, rief sie empört und versuchte, sie ihm wieder zu entziehen, doch sein Griff war unerbittlich.
âSoll mich aber nicht störenâ, meinte er und lieà seine Hände von ihren Knöcheln abwärts gleiten. Warm und ein wenig rau fühlten seine Finger sich durch ihre weiÃen Seidenstrümpfe an. âIch war noch nie ein Freund kleiner, zierlicher FüÃe. GroÃe, stattliche scheinen mir doch sehr viel brauchbarer.â
Durch den glatten Seidenstoff hindurch massierte er ihr die FüÃe, und seine Finger waren so kräftig und geschickt, dass Nell sich wieder in den Stuhl sinken lieÃ, den Kopf zurückgelehnt, die Arme locker herabhängend. Ein Seufzer entfuhr ihr, so wohlig und tief, dass es wie ein leise gehauchtes Stöhnen klang.
âAh ⦠eine heimliche GenieÃerinâ, murmelte Will, und seine Stimme lieà sie köstlich erschaudern. âWelch faszinierende Offenbarung.â
âWirst du es niemals müde, mich zu necken?â Noch einmal versuchte Nell, ihm ihre FüÃe zu entziehen, doch es war nur mehr ein halbherziger Versuch; er war sehr gut in dem, was er tat. Unanständig gut.
âIch necke weitaus weniger als du meinst, Cornelia.â
Sie öffnete die Augen, doch Will sah sie nicht an. Er hatte sich hinabgebeugt, um einen ihrer Schuhe aufzuheben und streifte ihn ihr wieder über. Der rechte folgte, doch statt seine Hände dann zurückzuziehen, schloss er sie um ihren Spann und massierte sie abermals durch die dünne Seide ihres Strumpfes.
âVor ein paar Minutenâ, plauderte er derweil, âwährend wir Gentlemen mannhaft unseren Brandy und unsere Zigarren genossen â übrigens eine sehr üble Verbindung, von der ich dir unbedingt abraten würde â, hat mein kluger Bruder Martin Mr. Pratt gefragt, wie er denn zu seinem blauen Auge gekommen sei, worauf Mr. Pratt erwiderte, dass er vor ein paar Tagen auf seiner Haustreppe gestolpert und dann dummerweise mit dem Gesicht voraus in die eiserne Umzäunung gefallen sei.â
Auf einmal wieder hellwach setzte Nell sich auf. âAber hat Mrs. Pratt uns nicht erzählt, dass â¦â
âDass er Opfer eines StraÃenräubers geworden sei, der ihn unweit seines Hauses überfallen habe? Aber ja, genau das hat sie.â
âDoch warum sollte er seiner Frau etwas anderes erzählen als seinen Freunden?â, überlegte Nell.
âBitte keine voreiligen Vermutungen, Cornelia. Vielleicht war es ja gar nicht Pratt, der seiner Gemahlin diese Räubergeschichte aufgetischt hat. Sie könnte es von jemand anderem erzählt bekommen haben.â
âWas aber noch immer nicht erklärt, weshalb überhaupt zwei sich widersprechende Versionen im Umlauf sind.â
âNein, das tut es nichtâ, stimmte Will ihr zu. âAber ehrlich gesagt interessiert mich im Augenblick das wundersame Verschwinden und Wiederauftauchen von Stonewall Jacksons Pistole auch viel mehr. General Jackson hatte eine Lefaucheux Brevete, einen Stiftfeuerrevolver, zwölf Millimeter, was in etwa fünfundvierzig Kaliber entsprechen dürfte. Wenn wir Orville Pratt glauben wollen, so befand sich die Waffe bis zum Tag des Balls in seinem Besitz und verschwand an eben jenem Abend aus seinem Arbeitszimmer.â
âEr dachte allem Anschein, dass Mrs. Kimball sie gestohlen hätte.â
âZweifelsohne war er an jenem Abend nicht gut auf sie zu sprechen, da sie mit ihrem Auftritt seinen Ball ruiniert hatte. Das mag der einzige Grund gewesen sein, weswegen er sie verdächtigte. Was ich viel spannender finde, ist das plötzliche Wiederauftauchen der Waffe keine zwei Tage, nachdem Mrs. Kimball mit einem groÃkalibrigen Revolver umgebracht wurde. Komm.â Will stand auf und streckte seine Hand nach ihr aus.
âWohin gehen wir?â, fragte Nell, als er sie von ihrem Stuhl zog.
âIn Mr. Pratts Arbeitszimmer. Es ist gleich hier nebenan.â Er deutete auf zwei dunkle, von Vorhängen verdeckte Fenster, die nach hinten zur Gartenseite hinausgingen.
âIch weià nicht, Will â¦â
âHast du Angst, mit
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