Blutrote Kuesse
wickelte sie darin ein wie in einen Kokon. »Ihn wittere ich hier auch. Ihn oder jemanden, der Kontakt zu ihm hatte. Sein Geruch hängt im Raum.«
In meinem Kopf begann es zu hämmern. Es war wie in einem Albtraum. Bones hatte Stephanie vollständig eingewickelt und begann, ihre Sachen in den Müllbeutel zu stopfen. Lehrbücher. Hefter, Unterlagen. Er durchwühlte eilig ihre Schubladen und klaubte weitere Gegenstände hervor. Ich war ihm keine große Hilfe. Ich stand nur da und konzentrierte mich darauf, meine Hände bei mir zu behalten, um keine verräterischen Fingerabdrücke zu hinterlassen.
Er ließ mich stehen und überprüfte das Wohnzimmer. Als er wiederkam, war der Beutel noch praller gefüllt.
»Halt das mal, Süße.«
Er gab mir den Müllbeutel. Ich musste ihn an mich drücken, um ihn überhaupt heben zu können. So schwer wie er war, fürchtete ich, das Plastik könne reißen. Dann nahm Bones eines von Stephanies Oberteilen und begann energisch, die Kommoden, Türrahmen, Beistelltische und Türgriffe abzuwischen. Als er alles zu seiner Zufriedenheit erledigt hatte, hob er das Deckenbündel hoch, in das Stephanie sich verwandelt hatte, und warf es sich über die Schulter.
»Und jetzt Marsch zu deinem Wagen, Kätzchen. Sieh dich nicht um, geh einfach schnurstracks darauf zu und steig auf der Beifahrerseite ein. Ich bin immer hinter dir.«
Kapitel 12
Auf dem Weg zur Höhle legten wir noch einen Zwischenstopp ein. Bones telefonierte mit dem Handy, fuhr dann an den Straßenrand und hielt an einer dunklen, baumbestandenen Stelle an. Keine fünf Minuten waren vergangen, da bremste ein Wagen hinter uns.
»Hallo, Kumpel!«, rief Ted.
»Pünktlich wie immer, mein Freund«, grüßte ihn Bones, der aus dem Pick-up gestiegen war. Er ging zur Ladefläche, und ich hörte, wie das Motorrad herumgeschoben wurde. Er hatte es über Stephanies Leichnam gelegt. Es sollte verhindern, dass die Tote während der Fahrt vom Wagen geschleudert wurde.
Ich blieb im Auto, denn zu einem Schwatz war ich nicht aufgelegt.
»Was hast du denn da Feines?«, wollte Ted wissen und winkte mir über Bones' Schulter hinweg freundlich zu.
»Abendessen für einen Ghul deiner Wahl. Sorg aber dafür, dass er ordentlich aufräumt. Ich will nicht, dass irgendwelche Teile von ihr wieder auftauchen.«
Mir drehte es den Magen um. Gott, so schaffte er sich also die Leichen vom Hals! Ich hatte gedacht, wir würden sie irgendwo verscharren. Sie einem Ghul zum Fraß vorzuwerfen wäre mir nicht im Traum eingefallen.
Im Gegensatz zu mir schien Ted keinerlei Bedenken zu haben.
»Klar doch, Kumpel. Sonst noch was?«
»Ja.« Bones übergab ihm das Bündel, und Ted packte die Leiche in seinen Kofferraum. »Er soll aufpassen, dass er sich nicht die Zähne an dem Projektil ausbeißt.«
Das gab mir den Rest. Gerade noch rechtzeitig riss ich die Autotür auf. Mit einem Schlag wurde mir bewusst, was heute Abend geschehen war, und ich gab unter heftigem Würgen meinen gesamten Mageninhalt von mir.
»Alles in Ordnung mit ihr?«, hörte ich Ted fragen, als ich hustend nach Atem rang.
Bones stieß eine Art Seufzer aus.
»Das wird schon. Ich muss los, Kumpel. Danke.«
»Kein Problem, Alter. Mach ich doch gern.«
Ich hatte gerade die Tür geschlossen, da stieg Bones wieder ein. Teds Scheinwerfer leuchteten auf, als er zurücksetzte und davonfuhr.
Bones griff in die Innentasche seiner Jacke und reichte mir einen Flachmann.
»Whiskey. Nicht dein Lieblingsdrink, aber was anderes habe ich nicht.«
Dankbar nahm ich die Flasche entgegen und leerte sie bis auf den letzten Tropfen. Die Wärme des Alkohols ließ meine eisigen Glieder auftauen.
»Besser?«
»Ja.«
Der Alkohol brannte mir noch immer in der Kehle, aber er half, nicht nur gegen die Kälte. Meine Schockstarre ließ nach, und ich hatte auf einmal tausend Fragen.
»Schluss mit der Geheimniskrämerei, Bones. Wer ist Hennessey, und was hat er mit dieser psychopathischen Gangsterbraut aus meinem Physikkurs zu tun?«
Bones warf mir einen Seitenblick zu, als er anfuhr.
»Physik? Du hast sie am College kennengelernt?«
»Ich finde, du solltest zuerst meine Frage beantworten, schließlich bin ich es, die beinahe erschossen worden wäre«, blaffte ich.
»Kätzchen, ich werde deine Frage beantworten, aber bitte erzähl mir zuerst, wie ihr euch kennengelernt habt und was heute Abend passiert ist.«
Ich biss die Zähne zusammen. »Wie gesagt, sie war in meinem Physikkurs. Vom ersten Tag an hat sie
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