Blutrote Kuesse
höheren Positionen, als du dir träumen lässt.«
Ich ging, hörte aber Bones' Antwort, als ich in der Nachbarwohnung nachsah.
»Hennessey und seine Freunde vermissen doch angeblich niemanden, der dumm genug ist, sich von mir umbringen zu lassen? Deine Worte, mein Freund. Die bereust du jetzt wohl.«
Ich sah mich kurz im ganzen Gebäude um, entdeckte aber nichts. Es gab nur vier Wohnungen, und alle waren leer. Wahrscheinlich sollte es nur so aussehen, als sei das Gebäude vollständig bewohnt. Nur in einer Wohnung hatten der tote Dean und der ebenfalls bald verblichene Charlie gelebt. Doch für Außenstehende war es einfach irgendein normales kleines Mietshaus.
Als ich zehn Minuten später zurückkam, lag das Mädchen noch immer auf dem Fußboden, aber Bones und Charlie waren verschwunden.
»Bones?«
»Hier hinten«, rief er.
Deans Zimmer. Ich näherte mich dem Raum weniger vorsichtig als beim letzten Mal, konnte mich aber nicht dazu überwinden, einfach so hereinzuspazieren. Misstrauisch. So war ich eben.
Der Anblick, der sich mir bot, verblüffte mich. Bones hatte Charlie ins Bett verfrachtet. Nicht aufs Bett, sondern ins Bett. Der Metallrahmen war so verbogen und um ihn herumgeschlungen, dass er feststeckte wie in einem Schraubstock. Das Messer ragte ihm noch aus der Brust, gehalten von einer verbogenen Metallstange.
Vor Bones standen drei Kanister. Der Geruch, der ihnen entströmte, war sogar für meine Nase unverkennbar.
»Also, mein Freund, ich mache dir ein Angebot. Und zwar nur einmal. Nenn mir die anderen Beteiligten, alle, und du hast es schnell und schmerzlos hinter dir. Lehnst du ab ...« Er hob einen Kanister und leerte ihn über Charlie aus. Die Flüssigkeit tränkte seine Kleidung, und der beißende Geruch von Benzin erfüllte die Luft. »...musst du so lange aushalten, bis dich das hier umgebracht hat.«
»Wo hast du das her?«, wollte ich unerheblicherweise wissen.
»Stand in der Küche unterm Waschbecken. Dachte mir schon, dass sie irgendwas in der Art parat haben. Du hast doch wohl nicht gedacht, sie würden ein Haus voller gerichtlich verwertbarer Beweisstücke einfach so zurücklassen, wenn sie es nicht mehr brauchen, oder?«
So weit hatte ich noch nicht vorausgedacht. Irgendwie hinkte ich den ganzen Abend schon ein bisschen hinterher.
Charlie warf Bones einen hasserfüllten Blick zu. »Wir sprechen uns in der Hölle, und zwar bald.«
Bones zündete ein Streichholz an und ließ es auf ihn fallen. Sofort züngelten Flammen auf. Charlie begann zu brüllen und sich wild hin und her zu werfen, doch das Bettgestell hielt. Vielleicht setzte ihn das Feuer auch allzu schnell außer Gefecht.
»Falsche Antwort, mein Freund. Ich bluffe nie. Los, Kätzchen. Wir verschwinden.«
Kapitel 14
Wir warteten noch ab, bis wir sicher sein konnten, dass Charlie nicht entkommen war. Bones kippte das restliche Benzin in die übrigen Wohnungen, und auch sie gingen in Flammen auf. Die junge Frau hatte noch kein Wort gesagt. Ihre Augen waren noch immer ganz leer, als ich sie aus dem Haus trug.
Bones verabreichte ihr ein paar Tropfen Blut. Er meinte, das würde sie so lange über Wasser halten, bis er sie in Sicherheit gebracht hätte. Hier konnten wir aus mehreren Gründen nicht bleiben. Bald würde die Feuerwehr eintreffen. Und natürlich auch die Polizei. Und irgendwelche Schläger von Hennessey, die schnell herausfinden würden, dass eine von Hennesseys Immobilien mitsamt ihren Bewohnern heiß saniert worden war.
Ich war überrascht, als Bones zu Charlies Wagen ging und den Kofferraum öffnete. »Ich bin gleich wieder da«, sagte ich leise zu dem Mädchen, das ich auf die Rückbank gelegt hatte. Es hatte mich anscheinend gar nicht gehört.
Neugierig lief ich zu Bones, der sich inzwischen über den Kofferraum gebeugt hatte. Als er sich wieder aufrichtete, lag ein Mann in seinen Armen.
Ich riss erstaunt die Augen auf. »Wer zum Teufel ist das?«
Jetzt konnte ich den schlaff herabhängenden Kopf des Mannes sehen und musste tief Luft holen. Die Nervensäge aus dem Club!
Ich konnte zwar keinen Herzschlag hören, musste aber trotzdem nachfragen. »Ist er... ?«
»Tot wie Caesar«, vollendete Bones meinen Satz. »Charlie hat ihm draußen das Rückgrat gebrochen. Wäre er mehr bei der Sache gewesen, hätte er meine Gegenwart auch wahrgenommen. Ich hatte mich ganz in der Nähe versteckt.«
»Du hast nicht versucht, ihn aufzuhalten?«
In den Worten schwangen die Schuldgefühle mit, die ich selbst
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