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Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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rieb mir die schmerzenden Füße.
    Ein Page brachte Wasser und Gebäck, eine Stärkung, die wir alle gut gebrauchen konnten. Noch immer sprachen die anderen nicht mit mir und ich begriff nun endlich, dass ein guter Name am Hof allein nicht ausreichte. Ganz gleich, wer mein Vater war, ich hatte mich aus dem Kreis dieser Mädchen selbst ausgeschlossen, als ich gegen die Regeln verstoßen und den Marquis allein aufgesucht hatte. Diese Leute mochten es nicht, wenn man sich nicht an die Regeln hielt, und ihr Schweigen war ihre Art, mich dafür zu bestrafen.
    Mit einem Mal spürte ich Zorn in mir aufsteigen. Sophie war hundert Mal mehr wert als diese Leute, die keine Fehler gestatteten. Vater hatte zwar gesagt, ich solle mich gut mit diesen Mädchen stellen, aber meiner Meinung nach hatte ich mich genügend lange mit ihnen herumgequält. Entschlossen stand ich auf und ging grußlos hinaus, während mir ihre ungläubigen Blicke folgten. An der Tür nahm ich mir ein Gebäck vom Tablett, das ich auf dem Weg zurück zu unserem Appartement aß.
    Wenn sie darauf gewartet hatten, dass ich darum betteln würde, in ihren Kreis aufgenommen zu werden, konnten sie warten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag!
     
    Als ich Sophie am Nachmittag von den Proben erzählte, steckten meine Füße in einem Zuber warmen Wassers und ich hatte mich zufrieden im Stuhl zurückgelehnt. An den Ballen bildeten sich bereits die ersten Blasen, aber der Schmerz hatte nachgelassen. In der Luft hing der Geruch von Kiefernnadeln, denn Manon hatte ein wenig Essenz ins Wasser gegeben.
    Während im Kamin das Feuer prasselte, berichtete ich Sophie von dem eigenartigen Verhalten der anderen Mädchen. »Solche Schnepfen! Man könnte meinen, ich hätte ihnen etwas Schreckliches angetan.«
    Sophie legte das Buch zur Seite, in dem sie die ganze Zeit über geblättert hatte.
    »In gewisser Weise hast du das auch. Das Ballett der Königin ist eine große Ehre und einige der Mädchen erhoffen sich, dass die Königin sie protegieren wird. Sie sehen in dir eine Konkurrenz um die Gunst der Königin.«
    »Aber die Königin hat mich nicht öfter angesprochen als all die anderen. Und ich will auch gar nicht protegiert werden. Im Grunde wollte ich nicht mal in dieses komische Ballett. Das ist alles Henris Schuld.«
    Nachsichtig schüttelte Sophie den Kopf. »Du wirst schon noch dahinterkommen, wie das Leben hier am Hof funktioniert. So einfach ist es eben nicht. Kaum jemand wird dir glauben, dass du nicht ins Ballett wolltest.«
    »Glaubst du mir denn?« Forschend sah ich zu ihr hinüber, aber Sophie antwortete nur mit ihrem üblichen geheimnisvollen Lächeln und blickte auf das Buch in ihrem Schoß.
    »Aber ja, Charlotte. Wie sollte ich nicht, so wie du über deine schmerzenden Füße klagst.«
    »Sehr amüsant.« Ich warf einen meiner zusammengerollten Strümpfe nach ihr, der sein Ziel weit verfehlte und auf dem Fensterbrett landete.
    »Ich verstehe nicht, warum die Königin dich nicht auch gefragt hat, Sophie. Manche von den Mädchen können nicht besser tanzen als du. Außerdem sind sie unfreundlich und hochnäsig.«
    »Aber sie sind Katholikinnen.«
    »Das kann nicht der Grund sein!« Empört schüttelte ich den Kopf.
    »Die Königin mag keine Hugenotten. Kein einziges Mädchen aus ihrem Ballett entstammt einer hugenottischen Familie.« Traurig sah sie zu Boden. »Ich bin auch nicht besonders geeignet, also ist es nicht so schlimm.«
    »Was redest du denn da? Natürlich wärst du geeignet gewesen. Du bist hübsch und tanzen kannst du allemal.«
    Das Kompliment ließ sie erröten. Missmutig schaute ich aus dem Fenster. Zu Hause in Chantilly hatte Pater Anselm immer gesagt, die Religion bestimme einen Menschen, deshalb sei es wichtig, sich für die richtige zu entscheiden. Aber ich hatte nie wirklich darüber nachgedacht, schließlich hatte er mir versichert, dass meine Familie der richtigen Religion angehöre. Doch seit ich am Hof war, fragte ich mich, ob es tatsächlich so entscheidend war, wie wir zu Gott beteten, und dass die Hugenotten lediglich zwei Salbungen durchführten. Immerhin schien sich Sophie nicht besonders von mir zu unterscheiden. Ich hätte gern mit Vater darüber geredet, aber der war in letzter Zeit nicht besonders gut auf mich zu sprechen.
    »Es ist wirklich unerträglich, dass diese Dinge eine so große Rolle spielen. Du suchst dir die Familie, in die du geboren wirst, ja schließlich nicht aus«, murrte ich.
    Erschrocken sah sich Sophie um, aber es war

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