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Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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niemand in der Nähe. »Du solltest vorsichtiger sein mit solchen Sätzen, Charlotte«, flüsterte sie. »Wenn dich Pater Coton, der Beichtvater des Königs, hört oder, schlimmer noch, ein Spitzel der Leonora Concini, könntest du sehr viel Ärger bekommen. Es sind schon Männer wegen weniger in die Verliese der Bastille gewandert.«
    Sophies Warnungen zeugten davon, dass sie über die Umstände bei Hof viel mehr wusste als ich. Warum hatte mir Vater nur nie davon erzählt? Hatte er etwa geglaubt, ich wüsste nichts damit anzufangen?
    Ich schwieg und grübelte weiter. Immer wieder kehrten meine Gedanken zur Ballettprobe zurück. »Sag mal, Sophie, ist dir jemals ein Mann namens Bonfour aufgefallen, ein großer, bulliger Kerl mit einer Narbe, die vom Schlüsselbein bis zum Ohr verläuft? Mit einem Degen mit blauem Griff an seiner Seite?«
    Erschrocken legte Sophie die Finger an die Lippen. »Warum willst du das wissen?«
    »Er war heute bei der Königin und hat ihr einen Brief überbracht. Er fiel mir auf. Ein merkwürdiger Mann.« Dass ich ihn in der Falknerei das erste Mal gesehen hatte, verschwieg ich.
    Einen Augenblick lang sah es so aus, als wolle sie mir nicht antworten, obwohl ihre Reaktion deutlich zeigte, dass sie ahnte, von welchem Mann ich sprach, doch dann fuhr sie in gedämpfter Tonlage fort: »Du solltest dich auf jeden Fall so weit wie möglich von diesem Mann fernhalten, Charlotte. Er ist gefährlich. Sein Name ist Auguste Bonfour und er ist den Hugenotten in Paris bestens bekannt.« Sie schluckte. »In der Bartholomäusnacht hat er vor den Augen protestantischer Eltern ihre Kinder umgebracht. Deswegen hatte ihn der König vom Hof verbannt, sobald er an die Macht gekommen war. Es gab schon seit Langem Gerüchte darüber, dass Bonfour die spanische Liga unterstützt, um katholische Interessen in Frankreich zu wahren. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Bonfour den König nicht mag. Doch als der König Maria de Medici heiratete, wendete sich das Blatt für Bonfour. Es heißt, die Königin bedient sich seiner manches Mal, wenn sie Aufträge zu erledigen hat. Bonfour hofft darauf, dass die Regentschaft des Königs kurz ist, damit die Königin in Vertretung ihres Sohnes Ludwig herrschen kann, weil er glaubt, den Knaben leichter beeinflussen zu können.«
    »Woher weißt du das alles?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Vater redet oft davon. Er macht sich Sorgen darüber, dass Bonfour und die Concini zu große Macht auf die Königin ausüben. Bonfour tut, was Concini ihm einflüstert. Der König ist zwar nicht blind den Geschehnissen gegenüber, aber er versteht nicht, dass sein angespanntes Verhältnis zur Königin die Sache nicht gerade verbessert.« Sie wiederholte damit, was auch schon Angoulevent angedeutet hatte. »Du solltest dich mit solchen Sachen nicht beschäftigen, Charlotte, sie bringen nur Unheil.«
    Ihr Blick wurde eindringlich und eine Weile saßen wir uns schweigend gegenüber. Eine seltsame Bedrückung hatte von uns Besitz ergriffen. Während Sophie weiter in ihrem Buch las, starrte ich in den wolkenverhangenen Himmel, als würde ich dort Antworten finden. Ich hatte das Gefühl, dass sich über unseren Köpfen ein Gewitter zusammenbraute, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte.
    Nach einer weiteren Stunde verabschiedete sich Sophie, denn sie musste zur Kleideranprobe. Glücklich war sie darüber jedoch nicht. Sie beschwerte sich, dass die Schneiderin ihr jedes Mal Nadeln in die Haut stechen würde, als sei Sophie selbst das Nadelkissen.
    »Ich habe den Verdacht, die Dame ist blind wie ein Maulwurf und die Kleider werden nur deshalb fertig, weil ihre Schwiegertochter die Schnittmuster anfertigt. Dabei lässt sich diese Madame noch immer als größte Schneiderin von Paris feiern.« Sie schüttelte den Kopf.
    »Warum stopfst du dir nicht ein Kissen unter das Hemd, dann treffen die Nadeln wenigstens nicht deinen Hintern.«
    »Ja, aber ich werde aussehen wie eine Ente, wenn das Kleid fertig ist.«
    Lachend verließ Sophie das Zimmer und ich hob die Füße aus dem Zuber. Gerade als ich Strümpfe und Schuhe wieder anzog, kam Manon mit hochroten Wangen ins Zimmer gestürzt und winkte ungeduldig.
    »Ihr dürft keine Zeit verlieren!«
    »Was ist denn passiert?«
    »Passiert? Nichts, aber Euer Vater wartet mit dem Marquis de Bassompierre. Ihr sollt Euch unverzüglich im Empfangskabinett einfinden. Der Herzog wird sicher ungehalten sein, wenn Ihr zu lange auf Euch warten lasst.«
    Ich ließ mich aufs

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